Deutsche Aktien

Volkswagen – Den Anlegern stinkt der Abgas-Skandal ganz gewaltig

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Gelegentlich stellt sich die Aktie unserer jüngsten Rubrik „Leseraktie im Check"" mehr oder weniger von selbst auf. So auch im Moment, da es für die Anlegergemeinde kaum ein anderes Thema zu geben scheint als den Abgas-Skandal und seine Folgen für Volkswagen. Abonnenten von PLATOW Börse haben diesen mit Glück und Geschick umfahren: Ihre Positionen wurden kurz vor dem Bekanntwerden der Affäre mit bestenfalls 17% Gewinn (PB v. 24.6.13) bei 179 Euro ausgestoppt, was wir in der Extrabeilage zur IAA vom 21.9. bzw. in PB v. 23.9. thematisierten. Nur wenige Tage später notiert die Vorzugsaktie (100,35 Euro; DE0007664039) erstaunliche 44% niedriger – nebenbei bemerkt einmal mehr ein eindrucksvolles Fallbeispiel für die Nützlichkeit von Stoppkursen.

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Auf dem stark ermäßigten Niveau stellen indes zahlreiche Leser zu Recht die Frage, inwiefern das Schlimmste inzwischen überstanden und VW als Schnäppchen reif für den Wiedereinstieg sein könnte. Die schlechte Nachricht vorweg: Jede Analyse zu Volkswagen ist mehr denn je eine Momentaufnahme. Niemand kann zur Stunde absehen, wie schwerwiegend die Folgen des Abgas-Skandals für den Wolfsburger Autobauer und seine Aktionäre sein werden. Auch die derzeit auf diversen Finanzportalen und in Studien kursierenden Gewinn- und Dividendenschätzungen dürften sich überwiegend als Makulatur erweisen. Das gilt wohl auch für das vom Analystenkonsens bei Thomson unterstellte 2016er-KGV von 7. Noch ist völlig unklar, wie hoch die Strafen ausfallen, wie viele Klagen auf VW zukommen, wie hoch die direkten Kosten (z. B. für Rücknahme und Nachrüstung) sein werden und ob VW zur Finanzierung all der unbeglichenen Rechnungen ggf. den Kapitalmarkt anzapfen muss, was sich dann über eine erhöhte Aktienzahl ebenfalls negativ auf das EPS auswirken würde.

Darüber hinaus stellen sich eine Reihe ganz grundsätzlicher Fragen, die ebenfalls Folgen für künftige Umsätze und Gewinne haben: Versetzt die Affäre Dieselautos den Todesstoß? Werden US-Konsumenten Fahrzeuge von Volkswagen künftig meiden? Nimmt vielleicht sogar die Marke VW generell verheerenden Schaden? Ist der Volkswagen-Konzern in seiner derzeitigen Aufstellung möglicherweise gar nicht mehr zukunftsfähig und muss sein verschachteltes Imperium mit zwölf Untermarken wie Porsche, Audi, Bentley, Bugatti, Lamborghini oder MAN entflechten, verkleinern oder auflösen? Das Management des Autokonzerns hat seine Gewinnziele bereits gekappt und 6,5 Mrd. Euro an Rückstellungen auf die Seite gelegt. Wahrscheinlich ist das nur der Anfang, zumal wir weitere Hiobsbotschaften für wahrscheinlich halten.

Überspitzt gesagt: Der Blick in die Zukunft von Volkswagen hat derzeit wenig mit belastbaren Prognosen und viel mit Kaffeesatzleserei zu tun. Wenigstens die Charttechnik macht eindeutige Vorgaben: Die VW-Vorzugsaktie steckt seit April in einem Abwärtstrendkanal gen Süden, der durch den Abgas-Skandal nun sogar auf der Unterseite durchbrochen wurde. Überzeugende Unterstützungslinien sind erst einmal nicht in Sicht, zumal der Bereich um 150 Euro, der 2013 und 2014 mehrmals erfolgreich verteidigt wurde, während des Kurssturzes mit Hochgeschwindigkeit durchbrochen wurde. Ein Rebound ist aus technischer Sicht nach den starken Verlusten jederzeit möglich, kurzfristig aber wohl eher Wunschdenken. Die Vorzugsaktie sollte vor einem Kauf unbedingt einen halbwegs belastbaren Boden ausbilden. Das ist zur Stunde nicht einmal ansatzweise erkennbar und dürfte in jedem Fall mehrere Wochen in Anspruch nehmen. Ein überhasteter Griff ins fallende Messer ist vor diesem Hintergrund selbst für mutige Anleger nicht ratsam. Wir bleiben daher bei unserer Einschätzung: Steigen Sie bei VW vorerst nicht wieder ein!

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