Jahresausblick

Drahtseilakt Ausblick

Der Blick in den Rückspiegel zeigt, dass 2022 für die meisten Unternehmen besser lief als gedacht. Die erfreuliche operative Entwicklung im Q4 ist einer der Gründe dafür, warum die Börse im Q1 so gut abschnitt (DAX: +12%; MDAX und SDAX: jeweils +10%). Denn die 40 Titel im Auswahlindex schafften nach unserer Auswertung im Gj. 2022 eine Umsatzausweitung von 15% und steigerten das EBIT um 11%; beim MDAX waren es 17% bzw. 14%, bei den 70 SDAX-Werten 19% bzw. 3%. Auffällig ist, dass die kleineren Werte offenbar größere Schwierigkeiten hatten, die gestiegenen Kosten weiterzugeben. Die Blue Chips hielten die Margen dagegen relativ stabil.

Weil die Input-Kosten und die Konjunktursorgen hoch bleiben, geriet der Ausblick auf 2023 zu einem Drahtseilakt. Wer bei der „Guidance“ enttäuschte, wurde zumindest in erster Reaktion gnadenlos abgestraft – siehe etwa Norma (PB v. 30.3.) oder Adidas (10.2.). Aber auch, wer die hochgesteckten Erwartungen des Marktes nicht voll erfüllte, musste Abschläge beim Aktienkurs hinnehmen: Beispiele sind Cancom (31.3.) oder Vitesco (PB v. 28.3.). Wer hingegen die Jahresziele anhob, bei dem kletterten die Kurse teils kräftig – so geschehen bei Infineon (PB v. 30.3.) oder Amadeus Fire (PB v. 21.3.).

Für 2023 prognostizieren die Analysten bei den 160 Titeln der DAX-Familie einen Umsatzanstieg von mageren 1,5% bei einem Gewinnrückgang von 5%. Dabei wurden die Umsatzziele seit Jahresbeginn schon um gut 6%, die Gewinnziele um deutliche 15% nach unten geschraubt. Zumindest eines ist den Unternehmenslenkern also schon einmal gelungen: Die Latte für 2023 liegt nicht besonders hoch. Ob sie überquert oder gerissen wird, dürfte nach einigen Jahren mit alles überlagernden externen Faktoren (Corona, Ukraine-Krieg) 2023 wieder mehr von der Qualität und Resilienz des jeweiligen Geschäftsmodells abhängen.

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