Aurubis-CFO Steffen Hoffmann: „Nun gilt der Fokus dem Cashflow“
Nach Jahren erhöhter Investitionen läutet Aurubis die Ertragsphase ein: CFO Steffen Hoffmann erklärt im PLATOW-Interview, wie der Kupferkonzern mit Technologieführerschaft, Recycling-Know-how und Kapitaldisziplin ins „Jahrzehnt der Metalle" startet – und warum jetzt die Stunde der Rendite schlägt.

Herr Hoffmann, Aurubis hat auf dem Kapitalmarkttag eine klare Strategie vorgestellt – gleichzeitig bleibt die Prognose für 2025 aber recht vorsichtig: 580 bis 680 Mio. Euro EBITDA, während Analysten fast 700 Mio. Euro erwarten. Wie verlässlich sind solche Ziele in einem so volatilen Umfeld?
Wir verfügen trotz des volatilen Umfelds über eine solide Sicht nach vorne. Bei Schmelzlöhnen auf der Minenseite sichern uns langfristige Verträge eine stabile Basis, deren Preise wir periodisch neu verhandeln. Über unsere technologische Stärke und Qualität können wir die Margen beeinflussen – denn wer komplexe Materialien besser verarbeitet, möglichst viele der enthaltenen Metalle wiedergewinnt, der erzielt auch bessere Konditionen.
Im Recyclinggeschäft ist der Planungshorizont deutlich kürzer – meist nur drei bis sechs Monate. Bei den Produktprämien verhandeln wir jährlich mit unseren Kunden; wer klare Alleinstellungsmerkmale hat, kann über die Marktentwicklung hinaus Preisvorteile realisieren. Das Metallergebnis hängt von Weltmarktpreisen ab, die wir in gewissem Umfang über Hedging- und Forward-Sales absichern.
Wenn der Weltmarkt so großen Einfluss hat – an welchen Stellschrauben kann Aurubis dennoch selbst drehen? Wo liegen die angesprochenen Alleinstellungsmerkmale?
Über höchste Anlagenverfügbarkeit, Qualität, Liefertreue und unsere Führungsrolle in der Nachhaltigkeit. Wer verlässlich liefert und technologisch führend ist, erzielt auch bessere Prämien. Das gilt insbesondere im europäischen Geschäft, wo hochwertige Produkte knapp sind.
Der europäische Rohstoffmarkt steht also weiter unter Spannung?
Ja, die Nachfrage ist hoch, das Angebot ist begrenzt. Handelsströme aus Lateinamerika und Afrika verlagern sich teils in die USA, während die Lagerbestände der London Metal Exchange in Europa niedrig sind. Dazu kommt die immer noch sehr hohe Nachfrage aus China sowie die Abwertung des US-Dollars, die den in Dollar gehandelten Kupfermarkt zusätzlich bewegt. Für uns heißt das: Die Prämienkonstellation bleibt äußerst günstig.
Entsprechend haben Sie jetzt einen Aufschlag von 315 US-Dollar pro Tonne Kupfer für europäische Kunden beschlossen. Ist dies in der Guidance bereits berücksichtigt?
Die Höhe der Prämie kommentieren wir nicht. Unsere Guidance spiegelt aber bereits eine Einschätzung über die Entwicklung der Prämien wider.
Die angesprochene Aurubis Copper Premium ist eine Verkaufsprämie für Gießwalzdraht und Stranggussformate – zusätzlich zu den Formataufpreisen – und gilt für Lieferungen in Europa. Dort ist sie fester Bestandteil.
Auch da der Konzentratmarkt mit stark gesunkenen Schmelz- und Raffinierlöhnen unter Druck steht, bleibt das Angebot an hochwertigen Kupferprodukten und Kathoden in Europa angespannt. Insgesamt ist dieser Ergebnistreiber – Kupferprodukte und Prämien – ein relevanter: Er macht rund ein Drittel unserer Bruttomarge aus und entwickelt sich in diesem Jahr aus unserer Sicht positiv.
Wie lange dürfte dieser Rückenwind anhalten? Welche Metalle profitieren aktuell besonders?
Kupfer bleibt für uns aufgrund des Footprints das Schlüsselmetall der Transformation – Digitalisierung, KI und Datenzentren, Elektromobilität, Energieinfrastruktur – all das braucht Kupfer. Die Nachfrage wächst rasant.
In den kommenden zehn Jahren rechnen Marktanalysten mit einem Nachfrageanstieg von 26% bei Gold, 10% bei Silber, 80% bei Tellur, 40% bei Zinn und 22% bei Kupfer. Bis 2050 soll sich die Nachfrage nach dem roten Metall sogar verdoppeln.
Parallel zum Europageschäft expandiert Aurubis in den USA. Was gibt dort den Ausschlag – Nachhaltigkeit oder Marktpotenzial?
Vor allem Marktpotenzial. In den USA gibt es heute nur drei operative Kupferhütten, eine davon haben wir gerade eröffnet. Recycling gewinnt stark an Bedeutung. Mit unserem neuen Werk in Richmond sind wir Pionier auf der Sekundärseite – wir sehen den Trend zur Regionalisierung und haben einen entsprechenden First-Mover-Advantage. ESG wird in den USA zwar weniger betont, aber unser niedriger CO₂-Footprint verschafft uns auch dort Vorteile.
Bis 2028/29 sollen die strategischen Projekte jährlich zusätzlich 260 Mio. Euro EBITDA bringen; das US-Projekt in Richmond allein 170 Mio. Euro pro Jahr. Das entspräche einer jährlichen Wachstumsrate von 12%. Läuft alles nach Plan?
Ja. 70% der Gesamtinvestitionen von 1,7 Mrd. Euro und sogar über 70% der rund 740 Mio. Euro Investition in den USA sind bereits umgesetzt. Die Produktion der ersten Stufe am neuen Standort ist bereits angelaufen. Die volle Produktionsleistung beider Stufen erwarten wir für Richmond 2027/28, den kompletten Ergebnisbeitrag 2028/29.
Die volle Run-Rate aus der Wachstumsagenda der aktuell genehmigten strategischen Projekte von 260 Mio. Euro dürfte 2028/29 erreicht werden. Zeitlich läuft das also parallel.
Wird Richmond nur der Anfang bleiben?
Jetzt steht der Hochlauf im Fokus. Wenn die US-Förderprogramme für Recycling-Materialien ausgeweitet werden, könnten weitere Schritte folgen – wir stehen mit politischen Akteuren bereits im engen Austausch.
Wir sehen großes Potenzial in den USA. Die USA benötigen rund 1,8 Millionen Tonnen Kupfer pro Jahr, rund die Hälfte wird aktuell importiert, während gleichzeitig große Mengen an Multimetallschrott exportiert werden. Aus unserer Sicht ist der große Vorteil von Recycling, dass es viel schneller zur Schließung der Versorgungslücke in den USA beitragen kann im Gegensatz zur Erschließung neuer Minen.
Auch in Europa investiert Aurubis kräftig – etwa in die Elektrolyse in Bulgarien. Welche Projekte tragen am stärksten zum geplanten Ergebnisanstieg von 260 Mio. Euro bei?
Alle drei Ergebnissäulen tragen gleichermaßen dazu bei: Schmelz- und Raffinierlöhne, das Metallergebnis und Erlöse aus unseren Produkten und Prämien. Rund ein Drittel des Zuwachses kommt aus dem Ergebnistreiber Produkte und Prämien – getrieben durch die Erweiterung unserer Produktionskapazitäten und die stabile Nachfrage nach unseren Produkten.
Investitionen in das Batterie-Recycling wurden dagegen auf Eis gelegt. Warum dieser Kurswechsel?
Kapitaldisziplin. Wir fokussieren uns auf das Kerngeschäft, wo jeder Euro einen klaren Beitrag zur Kapitalrendite (ROCE) liefert. Beim Batterie-Recycling bleiben wir über Partnerschaften engagiert, investieren aber nicht weiter. Parallel prüfen wir kleinere „Smart Investments“, um Engpässe im Werksverbund zu beseitigen.
M&A spielt derzeit also keine Rolle?
Unsere Priorität liegt auf profitablen, organischen Projekten, die unser ROCE-Ziel unterstützen. Anorganisches Wachstum steht kurzfristig nicht auf der Agenda.
Nach den Großprojekten rückt also die Ertragsphase in den Vordergrund? Auf dem Kapitalmarkttag sagten Sie augenzwinkernd: ‚EBIT is an opinion, Cash is reality.‘
Genau. Die Investitionen laufen langsam aus, nun gilt der Fokus dem Cashflow. Wir planen im Geschäftsjahr 2025/26 beim Free-Cashflow vor Dividende wieder positiv zu sein. Bis 2028/29 wollen wir den ROCE auf 15% steigern und die Dividendenquote schrittweise auf 30% anheben. Eine Sonderdividende wäre eher denkbar als Rückkäufe – schon wegen des geringen Freefloats.
Die Richtung scheint also klar. Was würden Sie Investoren sagen – weshalb lohnt sich ein Einstieg gerade jetzt?
Es ist das Jahrzehnt der Metalle – das Nachfragewachstum ist groß, es ist real! Aurubis verbindet Technologieführerschaft, Nachhaltigkeit, Recycling-Know-how und eine starke Bilanz. In den USA haben wir einen First-Mover-Advantage. Wir steigern Ergebnis und Cashflow deutlich – und lassen unsere Aktionäre daran teilhaben.
Vielen Dank für das Gespräch.
Unsere letzte Analyse zu Aurubis lesen Sie hier.