Wie funktioniert Steuergerechtigkeit im Zeitalter der Digitalisierung?

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat mit ihrer Forderung nach einer Bepreisung und steuerlichen Berücksichtigung persönlicher Daten auf dem Global Solutions Summit 2018 Ende Mai Öl ins Feuer einer bereits hitzig geführten Debatte gegossen. Es geht um Steuergerechtigkeit im Zeitalter der Digitalisierung. Im Anschluss wurde die Kanzlerin oft mit der Forderung nach einer Datensteuer zitiert, was aber gleichzeitig die Frage nach der Durchführbarkeit einer solchen Steuer nach sich zieht.

In Deutschland werden gegenwärtig mehr als 30 Steuerarten erhoben. Traditionell knüpfen Steuertatbestände entweder an die Vermögenssubstanz (z. B. die Grundsteuer), an den Vermögenserwerb (z. B. die Einkommen- und Körperschaftsteuer) oder an den privaten Vermögensverbrauch (z. B. die Umsatzsteuer) an. Wie lässt sich eine Datensteuer in dieses System einfügen? „Eine Substanzbesteuerung von Daten muss aus heutiger Sicht bereits scheitern an deren fehlender rechtlicher Zuordenbarkeit““, meint Andreas Gerten, Counsel im Münchener Büro der Wirtschaftskanzlei CMS. Das geltende Recht kenne kein „Dateneigentum““ in Form einer verbindlichen Zuordnung von Nutzungs- oder Ausschließlichkeitsrechten an Daten. „Damit fehlt es schon an einem eindeutig bestimmbaren Rechtsträger, der als Steuerpflichtiger zu einer Datensteuer herangezogen werden könnte.““

Eine Verbrauchsbesteuerung im Hinblick auf Daten erscheint gegenwärtig ebenfalls nicht praktikabel. Diskutiert wird aber die Frage, ob nicht bereits bei Bereitstellung vermeintlich kostenloser Internetangebote im Gegenzug gegen die Preisgabe und Auswertung nutzerbezogener Daten ein der Umsatzsteuer unterliegendes Austauschgeschäft vorliege. Ganz praktisch scheitert eine solche Steuererhebung derzeit jedoch an der völlig offenen Frage der Bewertung der Gegenleistung „Einräumung eines Datenverwertungsrechts““. Ungelöst ist auch die Frage, woraus eine Umsatzsteuer ohne Cash-Zufluss überhaupt finanziert werden soll.

„Bei der Ertragsbesteuerung erscheint eine Berücksichtigung von Daten derzeit am wahrscheinlichsten““, glaubt Steuerrechtler Gerten. Aus Sicht der Wirtschaft sind aktuelle Bestrebungen der EU-Kommission nach einer effektiven Besteuerung der digitalen Wirtschaft von Bedeutung. Mit den heutigen Vorschriften können Gewinne international tätiger Digitalunternehmen, die auf die Vermarktung von Nutzerdaten und nutzergenerierten Daten setzen, nicht wirksam besteuert werden. Es fehlt in der Regel mangels physischer Präsenz ein Anknüpfungspunkt für ein nationales Besteuerungsrecht.

Langfristig ist daher vorgesehen, den EU-Staaten ein Besteuerungsrecht für Gewinne zuzuweisen, die in ihrem Hoheitsgebiet durch eine signifikante digitale Präsenz eines Unternehmens erwirtschaftet werden. Die Staaten, in denen die Nutzer Beiträge zur Wertschöpfung von Digitalunternehmen leisten, sollen ihren Anteil am Gewinn besteuern dürfen. „Erforderlich ist jedoch ein internationaler Konsens, wie der Steuerkuchen fair zu verteilen ist““, so Gerten. „Sonst drohen Doppel- und Mehrfachbesteuerungen.““

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