Gesetzgeber fällt wegweisendes Urteil zu WLAN-Hotspots

Der EuGH hat mit seiner Entscheidung am 15. September 2016 einen seit Jahren andauernden Rechtsstreit zwischen dem Deutschen Tobias McFadden und dem Unternehmen Sony Music entschieden. Florian Schneider, Rechtsanwalt bei der Wirtschaftskanzlei CMS in Deutschland, erläutert im Folgenden, welche rechtlichen Folgen das EuGH-Urteil für Unternehmen hat, die ihren Kunden kostenfreie WLAN-Hotspots zur Verfügung stellen.

Worum genau ging es in dem Fall vor dem EuGH?
Im Kern ging es dabei um die Frage, ob ein Unternehmer, der seinen Kunden ein kostenloses und offenes WLAN zur Verfügung stellt, für Rechtsverstöße von seinen Kunden oder Dritten über dieses WLAN haften muss. Im konkreten Fall wurde über das WLAN des Klägers ein Musikalbum illegal heruntergeladen. Während McFadden gerichtlich festgestellt haben wollte, dass er für illegale Handlungen seiner Kunden über das WLAN nicht verantwortlich ist, forderte der japanische Elektronikriese Sony für die Urheberrechtsverletzung Unterlassung und Schadensersatz von McFadden.

Wieso sollte ein Unternehmer überhaupt für die Handlungen seiner Kunden haften?
Die deutsche Rechtsprechung sieht – vereinfacht gesagt – denjenigen, der ein offenes WLAN betreibt, als mitverantwortlich für die darüber potenziell erfolgenden Rechtsverletzungen an (so genannte „Störerhaftung“). Es kann somit auch derjenige zur Verantwortung gezogen werden, der eine Rechtsverletzung – beispielsweise von Urheberrechten an einem Musikstück oder Film durch illegalen Up- oder Download – nicht unmittelbar selbst begeht, sondern nur die Voraussetzung hierfür schafft.

Was hat der EuGH nun konkret geurteilt?
Der EuGH hatte unter anderem über die europarechtliche Zulässigkeit dieser Störerhaftung zu entscheiden. Er hat dabei festgestellt, dass das Unternehmen, welches das offene WLAN betreibt, dem Rechteinhaber zumindest keinen Schadensersatz leisten muss. Und auch Abmahn- und Gerichtskosten, die sich auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen beziehen, muss der WLAN-Betreiber dem Rechteinhaber nicht erstatten. Voraussetzung ist natürlich stets, dass der WLAN-Betreiber die Rechtsverletzungen nicht selbst begeht. Der Rechteinhaber kann vom WLAN-Betreiber aber weiterhin verlangen, dass dieser über sein WLAN erfolgende Rechtsverletzungen „abstellt“ (sog. Unterlassungsanspruch). Dementsprechend kann der Rechteinhaber gegenüber dem WLAN-Betreiber prinzipiell auch entsprechende Abmahnkosten verlangen.

Was bedeutet das für Firmen in Deutschland, die ein kostenloses WLAN bereitstellen möchten?
Unternehmen, die ihren Kunden als zusätzliche Serviceleistung ein kostenloses WLAN zur Verfügung stellen, müssen in Zukunft nicht mehr damit rechnen, für Schadensersatzansprüche zu haften. Kostenpflichtige Abmahnungen (in der Regel ein dreistelliger Geldbetrag), gerichtet auf die Unterlassung von Rechtsverletzungen, sind aber weiterhin möglich. Weitere Kosten drohen auch, wenn der Streit gerichtlich geklärt werden sollte.

Was kann man tun, um seinen Kunden trotzdem ein kostenloses WLAN anbieten zu können?
Die Richter des EuGH haben als möglichen „Ausweg“ für die WLAN-Betreiber aufgezeigt, das WLAN mit einem Passwort zu schützen und dieses Passwort Kunden nur nach erfolgter Identifizierung zur Verfügung zu stellen. Welche Anforderungen konkret an die Form dieser Identifizierung zu stellen sind (Vorlage des Personalausweises, Eingabe von Nutzerdaten etc.), ist noch offen. Es ist aber davon auszugehen, dass diese Ansicht von der deutschen Rechtsprechung aufgegriffen und näher konkretisiert werden wird. Der EuGH hat aber auch bekräftigt, dass von den Unternehmern nicht verlangt werden darf, den gesamten WLAN-Verkehr zu überwachen. Auch muss es mit den genannten Passwort- und Identifizierungsvoraussetzungen auch generell möglich bleiben, dass Unternehmen ihren Kunden ein kostenloses, offenes WLAN anbieten.

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