Blau, rot, gelb: Sind Grundfarben durch Marken monopolisierbar?

"Ist es Zufall? Seit einiger Zeit häufen sich die rechtlichen Auseinandersetzungen um Grundfarben nach demselben Muster: Einem Unternehmen A gelingt es, Markenschutz beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) für eine abstrakte Farbe nach langen Verfahren und mit teuren Meinungsbefragungen zu erlangen. Danach geht A gegen den Wettbewerber B vor, der einen ähnlichen Farbton als Hintergrundfarbe häufig mit seiner Hausmarke verwendet. B wehrt sich gegen den Vorwurf der Markenverletzung und stellt einen Löschungsantrag gegen die Eintragung beim DPMA. So geschah es mit Rot (Deutscher Sparkassenverband gegen verschiedene Banken), mit Gelb (Langenscheidt gegen Rosetta Stone) und nun mit Blau (Beiersdorf gegen Unilever)."

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 2.4.2015 das Löschungsverfahren zu „Nivea-Blau““ angehört. Unilever, das ein Pflegeprodukt unter der Marke „DOVE““ mit blauem Hintergrund auf den Markt gebracht hatte und dafür von Beiersdorf aus der Farbmarke „Blau““ angegriffen wurde, hatte die Löschung dieser Farbmarke beantragt und sowohl vom DPMA als auch vom Bundespatentgericht (BPatG) Recht bekommen: Beiersdorf habe das Blau nicht als eigenständige Marke verwendet, sondern nur als Hintergrund für das Wort „NIVEA““, und da Farben im Bereich der Körperpflege und Kosmetik üblich seien, würde man das „Nivea-Blau““ auch nicht als Marke wahrnehmen, sondern als Dekoration oder als Sachhinweis. Außerdem meinte das BPatG, dass für die Eintragung einer Grundfarbe in einer Verkehrsbefragung mindestens 75% die Farbe einem Unternehmen zuordnen müssten, um diesem ein Monopol für die Farbe einzuräumen. Beiersdorf hatte aber lediglich 58% nachweisen können. Daher wollten DPMA und BPatG die Farbmarke „Blau““ wieder löschen.

Das fand der BGH nun offenbar voreilig. Eine Entscheidung soll zwar erst in einigen Wochen verkündet werden. Aber die mündliche Verhandlung zeigte, dass der BGH – übrigens in Übereinstimmung mit dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Sachen „Sparkassen-Rot““ – einen Mindestprozentsatz von 75% für zu hoch erachtet. Wenn auch weitere Kriterien für eine Verkehrsdurchsetzung erfüllt sind, könne auch ein Prozentsatz über 50% ausreichen. Der BGH hielt aber offenbar europarechtliche Fragen für relevant und äußerte auch Zweifel an der eingereichten Verkehrsbefragung. Insofern bleibt abzuwarten, ob der BGH den Fall dem EuGH vorlegt oder die Sache zunächst an das BPatG zur weiteren Sachaufklärung zurückverweist.

Später wird dann zu fragen sein, ob aus dieser Farbmarke, wenn sie das Löschungsverfahren „überlebt““, die Verwendung von Blau als Hintergrundfarbe auf einem Produkt mit der deutlich lesbaren Wortmarke „DOVE““ verboten werden kann. Das wäre, so der Markenrechtler Carsten Albrecht von der Kanzlei FPS, „eine erhebliche Einschränkung für die freie Nutzung von Grundfarben durch Wettbewerber““. Doch der BGH hat genauso im vergangenen Jahr im Falle „Gelb““ entschieden, und der Ausgang des Falles „Rot““ bleibt offen, weil dort das Löschungsverfahren noch beim BPatG anhängig ist, nachdem es vom EuGH zurückkam.

„Auch wenn Farben im Einzelfall als Marken wirken können und ihr Schutz gerechtfertigt ist, sollten auch Wettbewerber und die Allgemeinheit der Verbraucher vor übertriebenen Monopolrechten bei Grundfarben geschützt werden““, so Albrecht. Man solle den Schutz auf ungewöhnliche Farben beschränken, wie das Magenta bei der Telekommunikation oder das Lila für Schokolade. Zudem solle man die Rechte aus der Farbmarke nicht dort gewähren, wo die Farbe nur als Hintergrund wirkt und sich der Verbraucher tatsächlich an anderen Elementen wie z. B. den Worten „DOVE““ oder „Rosetta Stone““ orientiert.

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