Vererbbarkeit von Daten – BGH urteilt über digitalen Nachlass

Der Bundesgerichtshof (BGH) verhandelt die Frage, ob das Fernmeldegeheimnis einem Zugriff der Erben auf den digitalen Nachlass entgegensteht. Geklagt hatte eine Mutter, deren Tochter bei einem Unfall verstarb. Ein Einblick in ihr Konto bei Facebook könnte nähere Umstände des Todes klären. In einem viel kritisierten Urteil folgte das Kammergericht Berlin im Kern der Auffassung von Facebook, bestätigte den Vorrang des Fernmeldegeheimnisses und schränkte die Vererbbarkeit von Daten, die auf Servern Dritter liegen, erheblich ein.

Der BGH stellt dagegen jetzt einen anderen Aspekt in den Vordergrund. Nach der vorläufigen Einschätzung in der mündlichen Verhandlung des BGH treten die Erben gemäß § 1922 Abs. 1 BGB an die Stelle des Erblassers und somit auch in das Vertragsverhältnis zu Facebook ein. Sie seien daher keine „Anderen“ im Sinne des § 88 Abs. 3 Telekommunikationsgesetz (TKG). „Diese Auffassung ist zu begrüßen“, meint Bastian Biermann, Rechtsanwalt und Experte für Erbrecht bei SZA Schilling, Zutt & Anschütz in Mannheim. Aber, so Biermann: „Solange eine ausdrückliche gesetzliche Regelung fehlt, könnten sich Provider weiterhin weigern, Daten des Erblassers herauszugeben. Jeder sollte daher zu Lebzeiten eine individuelle Regelung festlegen.“

Der BGH wies darauf hin, dass der digitale Nachlass grundsätzlich genauso zu behandeln sei wie der analoge. Eine elektronische Nachricht ist damit erbrechtlich nichts anderes wie ein Brief, der in den Nachlass fällt und den Erben damit zugänglich ist. Nach den Regelungen der §§ 2047 Abs. 2; 2373 S. 2 BGB sind auch höchstpersönliche Gegenstände vererbbar. Auch dürfte sich ein Provider wie Facebook kaum allein auf die Höchstpersönlichkeit des Rechtsverhältnisses berufen können. Grundsätzlich erbringen solche Provider eine „neutrale Leistung“. Einen besonderen vertraglichen Schutz der Vertrautheit der Daten mochte der BGH jedenfalls im Verhältnis der Erblasserin zu deren Erben nicht erkennen.

„Vorläufig steht fest, dass Daten vererbbar sind“, erklärt Biermann. Das entspricht auch dem Grundsatz der Universalsukzession im deutschen Erbrecht. § 1922 Abs. 1 BGB bestimmt, dass der Erbe unverändert in sämtliche Rechtsbeziehungen des Erblassers einrückt. Der Erbe ist in rechtlicher Hinsicht genauso wie der Erblasser zu behandeln, soweit nicht ausnahmsweise etwas anderes bestimmt ist. Das sichert die Kontinuität des Rechtsverkehrs und die Schaffung klarer Zuordnungsverhältnisse über den Tod hinaus.

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