EU will Whistleblower besser schützen

Whistleblower erhalten bislang nur wenig Schutz in Deutschland. Sie können in ihren Unternehmen deutliche Repressalien erleben, bis hin zur fristlosen Kündigung. Die EU möchte das ändern und hat eine Richtlinie entworfen, die das Schutzniveau verbessern soll. Die Richtlinie ist zwar noch im Entwurfsstadium, doch Unternehmen sollten sich beizeiten auf die neuen Anforderungen einstellen, rät Enno Appel, Anwalt bei Herbert Smith Freehills Germany und Fachmann für Wirtschaftskriminalität, Straftaten und interne Ermittlungen.

Wichtigste Säule der Richtlinie seien so genannte Hinweisgebersysteme, so Appel, also ein sicherer und anonymer Kommunikationskanal zur Unternehmensführung. Die Anonymität ist wichtig, damit ein Mitarbeiter nicht vielleicht aus Angst vor möglichen Folgen sein Wissen für sich behält, anstatt die Unternehmensführung zu informieren.

Das Unternehmen muss sicherstellen, dass es auf jede Meldung reagiert, den Sachverhalt aufklärt und Abhilfe schafft, falls wirklich ein Missstand vorliegt. Zudem muss die Unternehmensführung dem Mitarbeiter in angemessener Zeit Antwort geben. Diese Antwort ist wichtig, denn nur so kann der Mitarbeiter sicher sein, dass seine Meldung erfolgreich war, und dass tatsächlich etwas passiert. Wartet die Unternehmensführung zu lange mit ihrer Antwort, so darf der Arbeitnehmer der Richtlinie zufolge sich im nächsten Schritt an die Behörden wenden. Sollte das auch nichts bringen, so darf er in einem dritten und letzten Schritt die Öffentlichkeit informieren, z. B. über die Medien. „Dieses Dreistufensystem dient dem Ausgleich der Interessen von Whistleblower und Unternehmen“, so Appel. „Der Whistleblower wird geschützt, aber auch das Unternehmen bekommt eine Chance, den Missstand zu beheben und den möglichen Schaden zu begrenzen, bevor Strafen oder eine rufschädigende öffentliche Diskussion entstehen.“ Der Richtlinienentwurf könne dabei helfen, die Corporate Governance in deutschen Unternehmen zu verbessern und zugleich wirtschaftlichen Schaden zu minimieren.

Offen ist im Moment noch, ob die Regelung nur für Verstöße gegen EU-Recht oder auch für Verstöße gegen deutsches Recht gelten wird. „Eine Regelung für Verstöße gegen nationales Recht kann die EU nicht treffen“, erläutert Appel, dafür fehle ihr die Kompetenz. Die Richtlinie empfiehlt denn auch dem nationalen Gesetzgeber, die Regelung auf nationales Recht auszuweiten. Ob Deutschland der Aufforderung folgt, ist noch nicht klar. In der Praxis werde sich diese Unterscheidung aber kaum auswirken, vermutet Appel: „Selbst Juristen können nicht immer auf Anhieb sagen, ob ein Sachverhalt nur nationales oder auch EU-Recht berührt. Auch wird man im Unternehmensalltag jedem eingegangenen Hinweis nachgehen müssen, um negative Folgen zu vermeiden. Dies gilt unabhängig davon, ob EU-Recht betroffen ist oder nicht.“

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