Gastbeitrag

Interne Untersuchungen – Der lange Arm der Staatsanwaltschaft

Das kürzlich vorgestellte „Gesetz zur Bekämpfung der Unternehmenskriminalität“ führt neue Strafen für das Fehlverhalten von Unternehmen ein, von empfindlichen Geldstrafen bis zur Auflösung einer Firma und zur Veröffentlichung von Verurteilungen („naming and shaming“). Daneben regelt der Entwurf erstmals auch unternehmensinterne Ermittlungen. Unternehmen sollen Compliance-Verstöße durch so genannte Internal Investigations selbst aufklären und ahnden.

Für „faire“ interne Ermittlungen verspricht der Gesetzgeber Strafmilderungen von bis zu 50%. Damit bringe der Entwurf die Unternehmen allerdings in einen Interessenskonflikt, sagt Enno Appel, Experte für Corporate Crime bei Herbert Smith Freehills Germany: „Nicht alle Ergebnisse solcher Ermittlungen sind vor der Beschlagnahme durch Staatsanwaltschaften geschützt – Unternehmen können sich also unter Umständen durch ihre Ermittlungen selbst belasten.“

Der Gesetzesentwurf will den Schutz auf solche Untersuchungen beschränken, die im Rahmen einer Strafverteidigung erfolgen. Bei internen Ermittlungen aus anderen Gründen sollen Staatsanwaltschaften grundsätzlich Zugriffsmöglichkeiten auf die Ergebnisse haben, etwa wenn interne Ermittlungen schon frühzeitig eingeleitet werden und noch kein Strafverfahren droht. In diesen Fällen drohen Abgrenzungsprobleme zwischen der Strafverteidigung und anderen internen Ermittlungen. Auch bei internen Untersuchungen wegen potenzieller regulatorischer Verstöße stellt sich die Frage, ob die Ergebnisse der internen Ermittlungen geschützt sind.

Unternehmen, die sich gegen eine Kooperation mit den Ermittlungsbehörden entscheiden, müssten also grundsätzlich damit rechnen, dass Ergebnisse interner Ermittlungen beschlagnahmt werden können. Der deutsche Gesetzgeber bliebe damit weit hinter internationalen Standards zurück, meint Appel: „Im angloamerikanischen Raum beispielsweise fallen die Ergebnisse unter das so genannte Legal Privilege und sind so dem staatlichen Zugriff entzogen.“

Internationale Konzerne im Vorteil

Global tätige Unternehmen dürften sich in Zukunft überlegen, ob sie (Teil-)Ergebnisse von Ermittlungen aus anderen Ländern in Deutschland dokumentieren oder dem Herrschaftsbereich deutscher Staatsanwaltschaften entziehen. Diese Firmen-kategorie steuert interne Ermittlungen ohnehin meist zentral. Liegt diese Steuerung z. B. in Großbritannien oder in den USA, so werden auch die Ergebnisse von Ermittlungen in Deutschland nicht immer im Zugriffsbereich deutscher Behörden liegen. Rein deutsche Unternehmen sind insoweit benachteiligt. Sie stehen vor der Frage, ob sie sich der Gefahr einer Selbstbelastung aussetzen wollen. Investigations-Experte Appel sieht diesen Aspekt des Entwurfs kritisch: „Es bleibt zu hoffen, dass die beabsichtigte Förderung der Aufklärung von Compliance-Fällen durch Internal Investigations nicht in der Praxis konterkariert wird.“

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