Familienunternehmen – Neues Kind für die Nachfolge
Der Fall machte Schlagzeilen: Der Kaffeeunternehmer Albert Darboven wollte den 54-jährigen Andreas Jacobs adoptieren und so die familiäre Nachfolge seines Unternehmens sichern. Zwar hat das in diesem Fall zuständige Gericht dieses Vorhaben verhindert. Dennoch bleibt die Adoption eines Volljährigen ein probates Mittel, wenn eine familienfremde Person als weiterer Erbe in Betracht kommen soll oder wenn – im Fall der Unternehmernachfolge – in der Familie kein geeigneter Kandidat zur Verfügung steht. Denn der Gesetzgeber sieht hier Spielräume vor, weiß Bastian Biermann, Rechtsanwalt der Kanzlei SZA Schilling, Zutt & Anschütz.
Oft sehen sich Familienunternehmer mit dem Problem konfrontiert, einen geeigneten Nachfolger zu finden. Nicht selten geht die Suche nach einem geeigneten Kandidaten über die eigene Familie hinaus. Dem können jedoch gesellschaftsvertragliche Nachfolgeklauseln entgegenstehen: Diese sehen bei Familienunternehmen vor, dass lediglich Abkömmlinge eines (Familien-)Gesellschafters nachfolgeberechtigt sind. Hier kommt die Möglichkeit ins Spiel, eine familienfremde Person im Wege der Volljährigenadoption zu einem nachfolgeberechtigten Abkömmling zu machen.
Einfach ist das jedoch nicht. Die Adoption einer volljährigen Person nur zu dem Zweck einer Unternehmensnachfolge ist grundsätzlich nicht zulässig. Im Fall einer Volljährigenadoption ist das Bestehen oder zumindest die gesicherte Anbahnung eines Eltern-Kind-Verhältnisses erforderlich. Die Adoption soll mithin vorrangig aus familienbezogenen Motiven erfolgen. Zwischen dem Annehmenden und der zu adoptierenden Person muss ein ausreichendes Maß an Verbundenheit bestehen. Die Beziehung muss sich klar von einer guten Bekanntschaft oder engen Freundschaft abgrenzen und in die Nähe einer echten, gelebten Beziehung zwischen Eltern und deren (erwachsenen) Kindern rücken. Das Gesetz spricht hier von einer „sittlichen Rechtfertigung“.
Dieser Begriff lässt freilich viel Spielraum für eine Abwägung im Einzelfall zu. Der gesetzgeberische Wille war es, rein wirtschaftlich motivierten Adoptionen vorzubeugen. Es spricht allerdings nichts dagegen, dass die Adoption einer volljährigen Person auch zum Zweck der Unternehmensnachfolge erfolgt. Die Intention, dass die anzunehmende Person das Lebenswerk des Annehmenden fortsetzen soll, kann nicht als sittlich ungerechtfertigt angesehen werden.
Eigene Kinder geschützt
Zudem gibt es im Falle der Volljährigenadoption eine weitere Hürde: Die Annahme einer volljährigen Person darf dann nicht ausgesprochen werden, wenn ihr überwiegende Interessen der Kinder des Annehmenden entgegenstehen. Dadurch sollen die Vermögensinteressen der leiblichen Kinder geschützt werden. Deren Erb- und Pflichtteilsansprüche werden durch das Hinzutreten eines weiteren Abkömmlings geschmälert und Unterhaltsansprüche gegebenenfalls gefährdet. Dies muss indes in „unzumutbarer Weise“ drohen. Das gibt erneut Raum für eine Einzelfallabwägung. Die Kinder des Annehmenden können sich nicht ohne weiteres gegen das spätere Hinzutreten weiterer Abkömmlinge wehren. Die Adoptionswirkungen erstrecken sich bei einer Volljährigenadoption – anders als bei einer Minderjährigenadoption – nicht auf die Verwandten des Annehmenden. Zudem bleiben auch die Verwandtschaftsverhältnisse des Angenommenen zu dessen Herkunftsfamilie durch die Volljährigenadoption unberührt. Auch dies ist ein entscheidender Unterschied zur Minderjährigenadoption, bei der die bisherigen Verwandtschaftsverhältnisse vollumfänglich erlöschen.
Die Volljährigenadoption begründet ein Abstammungsverhältnis zu dem Annehmenden. Der Angenommene ist in diesem Fall den Kindern des Annehmenden rechtlich gleichgestellt: Er erhält einen Unterhaltsanspruch gegenüber dem Annehmenden. Auch die erbschaft- und schenkungsteuerlichen Begünstigungen greifen. Das spielt bei der Unternehmens- und Vermögensnachfolgeplanung generell eine wichtige Rolle. Da das ErbStG nicht zwischen leiblichen und adoptierten Kindern unterscheidet, greift hier die Steuerklasse I (Steuersatz je nach Höhe des erworbenen Vermögens von 7 bis max. 30%) und ein Steuerfreibetrag in Höhe von 400 000 Euro.
Sonderfall Stiefkindadoption
Ein Sonderfall, der auch bei einer möglichen Unternehmensnachfolge eine Rolle spielen kann, ist die so genannte Stiefkindadoption. Verheiratete Paare können die Kinder des jeweils anderen Partners adoptieren. Die Beschränkung dieser Möglichkeit auf Eheleute hat das Bundesverfassungsgericht jüngst jedoch für verfassungswidrig erklärt. Der Gesetzgeber muss bis Ende März 2020 eine Neuregelung treffen. Derzeit liegt ein Gesetzesentwurf des Bundesjustizministeriums vor, der die Möglichkeit einer Stiefkindadoption auch für nicht verheiratete Paare vorsieht. Diese müssen mindestens zwei Jahre eheähnlich zusammenleben oder gemeinsame Kinder haben, die im Haushalt leben.
Fazit
Das Rechtsinstitut der Adoption, soll sie nicht rein wirtschaftlich motiviert sein, ist im Ergebnis durchaus eine probate Option, um eine familienfremde Person als Erbe oder Unternehmensnachfolger in die Familie aufzunehmen. Unternehmer sollten allerdings neben den rechtlichen Voraussetzungen auch einen ausreichenden zeitlichen Vorlauf einplanen.
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