Kurz und kompakt – Das passierte noch im Mai 2022
Ein überraschendes Umfrageergebnis unter Deutschlands Großunternehmen, Investment Professionals mit einem pessimistischen Blick auf 2023 und ein weiteres Urteil in der juristischen Aufarbeitung der Wirecard-Pleite – was sonst noch wichtig war im Mai, hier kurz und kompakt zusammengefasst.
+++ Business as usual und das trotz Ukraine-Krieg? Dieses Bild zeichnet zumindest eine aktuelle Umfrage der Sozietät Allen & Overy unter Führungskräften deutscher Großunternehmen (Jahresumsatz > 500 Mio. Euro). Demnach erwarten knapp drei Viertel der Befragten gleichbleibende oder sogar steigende Umsätze für 2022, trotz teilweise gestiegener Kosten und gestörter Lieferketten. Wolf Bussian, Managing Partner der deutschen A&O-Büros zeigt sich überrascht, hat der Jurist in der Praxis doch derzeit häufig mit Unternehmen zu tun, die massiv unter den aktuellen Rahmenbedingungen leiden. „Dass die Stimmung dennoch überwiegend positiv ist, mag ein Indiz dafür sein, dass viele Unternehmen aufgrund der letzten Jahre gelernt haben, mit Krisen umzugehen. Allerdings: Die Befragten bestätigen zugleich erhebliche Kostensteigerungen. Daher dürften entweder zurückgehende Erträge oder Preissteigerungen die Folge sein – oder Beides.“ Weitere Gründe für die positive Grundstimmung dürften sein, dass mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen (58%) von den verhängten Sanktionen gegen Russland überhaupt nicht betroffen sind. Auch bei den Finanzierungen sehen die meisten Unternehmenslenker derzeit keinen Grund zur Sorge, 78% sehen hier „keine Auswirkungen”. Laut Michael Weiß, M&A-Partner bei Allen & Overy, scheint der aktuelle Konflikt eher ein Nebenschauplatz zu sein, verglichen mit dem enormen Transformationsprozess, den gerade die traditionellen Branchen eh vor der Brust haben. „Die Krise wirkt sich insbesondere auf Sektoren aus, die sich ohnehin in einer Transformation befinden – wie die Auto-, Chemie- oder Pharmaindustrie und, in abgeschwächter Form, die Technologiebranche. Deren Umbau wird durch die aktuellen Ereignisse nicht aufgehalten, sondern perspektivisch eher beschleunigt.“
+++ Auch der Berufsverband der Investment Professionals DVFA befragte seine Mitglieder im Mai zu deren Erwartungen zur weiteren Geschäftsentwicklung. Hier wirkt sich vor allem die steigende Inflation bei weniger Wachstum negativ auf die Prognose aus. Nur noch 5% der Befragten erwarten für das kommende Jahr einen Aufschwung wohingegen gut jeder Fünfte eine Rezession bei weiter steigenden Preisen befürchtet. Als „Gegenmittel” sollte die Politik einen Mix aus geld- und fiskalpolitischen Maßnahmen wählen, so der Tenor der Umfrage. „Die Risken eines ungemütlichen Wachstumsumfeldes bei gleichzeitig höherer Inflation sind signifikant gestiegen“, so Ingo Mainert, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des DVFA. „Antworten auf die Konjunkturabschwächung sind diesmal noch schwieriger. Möglicherweise wird eine Anpassungsrezession nicht zu vermeiden sein, um die Inflation wieder nachhaltig in den Griff zu bekommen.“
+++ Im Prozess um die Nichtigkeit der Wirecard-Jahresabschlüsse für 2017 und 2018 kann Insolvenzverwalter Michael Jaffé einen Erfolg verbuchen. Das Landgericht München I gab der Nichtigkeitsklage am 5. Mai 2022 vollumfänglich statt. Damit entfällt zugleich die Grundlage für die Auszahlungen der Dividenden, die Insolvenzverwalter Jaffé nun theoretisch zurückfordern kann. Immerhin geht es hier um die stattliche Summe von insgesamt 47 Mio. Euro. Bangen müssen nun aber vor allem Großaktionäre wie die MB Beteiligungsgesellschaft des früheren Wirecard-Vorstandschefs und seit mehr als zwei Jahren in Untersuchungshaft sitzenden Markus Braun. Für Klein- und Privatanleger dürfte das Urteil dagegen kaum praktischen Auswirkungen haben. Das Gericht rechnete hier vor: Bei einer Dividende von 0,38 Euro pro Aktie und einem unterstellten Börsenwert seiner Papiere von 10.000 Euro hätte ein Anleger, wenn überhaupt, eine Rückzahlung von 25 Euro zu erwarten. Die meisten Privatanleger hätten jedoch eine weitaus geringere Anzahl von Wirecard-Aktien in ihren Depots gehabt.
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