Gesellschaftsrecht

Auf der Suche nach der HV der Zukunft

Virtuelle HV der BASF
Virtuelle HV der BASF © BASF SE

_ Als 2020 die Corona-Pandemie aus- und gleichzeitig die HV-Saison anbrach, drängte die Zeit. Fast über Nacht wurden virtuelle Versammlungen als befristete Übergangslösung ermöglicht. Fast von Anfang an war auch klar, wer glücklich war mit dem sog. GesRuaCOVBekG – und wer nicht.

AG-Vorstände freuten sich über Kostenersparnis und kürzere Sitzungen, Aktionäre beklagten die mangelnde Mitsprache durch stark beschränkte Frage-, Rede- und Nachfragemöglichkeiten. Seitdem haben sich die Fronten nicht wirklich verändert, sondern eher verhärtet.

In den Stellungnahmen zum aktuellen Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums (BMJ) für eine permanente Einführung virtueller HVs applaudieren die Emittenten, weil zentrale Punkte der Corona-Notlösung übernommen wurden. Aktionärsvertreter kritisieren, dass die Interaktion von Unternehmensführung und -eignern beschränkt bleibt, und stellen die Neuregelung grundsätzlich in Frage. „Wir halten es für nicht notwendig, dass ein Gesetz über virtuelle HVs nahtlos an das Notstandsregime anschließt“, sagt Timm Sachse, Corporate Governance-Experte beim Fondsverband BVI. „Wenn es eine Neuregelung gibt, dann sollten Präsenz-HV, Hybridformen und virtuelle Formate gleichwertig nebeneinanderstehen. Die Aktionärsrechte müssen das Format bestimmen, nicht umgekehrt.“

Die Situation ist also verfahren, und die Parteipolitik macht sie nicht einfacher. Als FDP-geführtes Haus muss das BMJ zwischen Emittenten- und Aktionärsseite lavieren, schließlich zählen beide zur Kernklientel der Partei. Gut möglich, dass Justizminister Marco Buschmann das Thema schnell vom Tisch haben möchte und darum aufs Tempo drückt. Ein Kompromiss dürfte allerdings schwer zu finden sein. Manche rechnen darum schon mit einer weiteren Verlängerung des Corona-Notbehelfs, der Ende August ausläuft.

Unterdessen stünde die Tür für Kombi-Lösungen bereits offen – eigentlich. „Hybridformate, also physische HVs mit elektronischer Stimmabgabe, Bild- und Tonübertragung und vielleicht sogar Live-Beiträgen, sind heute schon möglich – sie werden nur kaum genutzt“, sagt Klaus von der Linden, Counsel und HV-Spezialist bei der Kanzlei Linklaters. Manche haben sich schon entschieden: Die Deutsche Telekom hat ihre 2022er-HV im April ganz klassisch als Präsenzveranstaltung terminiert.

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