Südkorea – IWF warnt vor schwerer Rentenkrise
Die aktuell vom IWF veröffentlichte Wachstumsprognose für Südkorea fällt wenig begeisternd aus. Mit 1,4% im laufenden Jahr und 2,1% bis 2,3% in den Folgejahren bis 2028 geht der Währungsfonds von moderaten Zuwächsen aus.
Dieses vergleichsweise flache Wachstum entspricht dem ohne Überhitzungsrisiko maximal erreichbaren Wachstumspotenzial, so der IWF. Die düstere Prognose lautet: Die koreanische Potenzialwachstumsrate, die 2020 aufgrund des COVID-19-Schocks auf 1,3% gesunken war und 2021 nur mühsam auf 1,9% stieg, wird bis ins Jahr 2028 bei rund 2,1% stagnieren. Insofern muss der Bericht als Warnung vor einer Wachstumsflaute für die kommenden 5 Jahre gelesen werden.
Reformbedürftige Alterssicherung
Als zentrale Ursache der Wachstumsschwäche wird die Demografie ausgemacht. Korea altert derzeit mit einer Geburtenrate von 0,78 Kindern pro Frau (Japan:1,3) sogar noch schneller als Japan. Normalerweise gilt ein Wert von 2,2 bis 2,3 Kindern als Untergrenze für eine natürliche Reproduktion. Allerdings wirkte der positive Wanderungssaldo Koreas in den letzten Jahren als Gegengewicht, so dass erst 2021 der erste absolute Bevölkerungsrückgang zu verzeichnen war.
Der Negativtrend dürfte sich aber rasch verstärken. Entsprechend konzentrieren sich die Reformvorschläge aus Washington auf die Bereiche Arbeit und Renten. So sollen Restriktionen im Arbeitsmarkt verschwinden, um mehr Beschäftigung zu ermöglichen. Dies gilt insbesondere für die Frauenerwerbsquote, die mit 55% aller Erwerbsfähigen zwar bereits hoch ist (EU-Durchschnitt zum Vergleich: 52%), der Zugang zu höher qualifizierten Tätigkeiten ist aber auch in Korea noch begrenzt, so dass hier wichtige Potenziale verschenkt werden.
In Bezug auf das koreanische Rentensystem warnte der IWF, dass die Verschuldung des öffentlichen Sektors in der langfristigen Projektion (50 Jahre) rechnerisch auf 200% des BIP ansteigen wird, wenn das derzeitige System unverändert beibehalten wird. In dieser Rechnung ergibt sich ab 2041 ein Defizit für das staatliche Rentensystem, 2055 wären alle Reserven erschöpft. Die Beamtenpensionen sind bereits jetzt defizitär. Zu den Empfehlungen des IWF für eine Rentenreform gehören daher die Anhebung der Rentenbeitragssätze, die Verlängerung des Renteneintrittsalters, die Senkung der Einkommensersatzquote der Renten, die Zusammenlegung der staatlichen Rente mit anderen Renten und die Anhebung des Leistungsniveaus der Grundrente.
Auf der konjunkturellen Ebene verzeichnet die Wirtschaftspolitik durchaus Erfolge. Die Überhitzung des Immobilienmarktes konnte ohne schwere Einbrüche gestoppt und aufgefangen werden. Die Stabilität des Bankensystems und damit die Kreditversorgung blieben gewährleistet. Indes ist das Beharren des IWF auf Strukturreformen auch konjunkturell motiviert. Die aktuelle Flaute trifft mit einer erhöhten Inflation zusammen. Die koreanische Regierung befindet sich in einem Dilemma zwischen Wachstum und Inflation, denn letztere liegt mit zuletzt 3,8% immer noch deutlich über dem Ziel von 2%. Das ist ein kleiner Erfolg nachdem unlängst noch 6,3% notiert wurden, lässt aber kaum Spielraum für expansive Maßnahmen. mk
Angesichts der langfristigen Trends kann das Gewicht Koreas innerhalb des Asien-Depots bei Ausstiegsgelegenheiten verringert werden.