Griechenland – Langsam kommt Land in Sicht
Griechenland hat einen wichtigen Schritt aus der Schuldenkrise heraus getan: Das Land wird in den nächsten Monaten den Hilfskredit des IWF vorzeitig tilgen können, wie IWF-Chefin Kristalina Georgieva kürzlich bestätigte und gewinnt dadurch zusätzlichen Spielraum, um mit den aktuellen Problemen fertig zu werden.
Griechenland wurde von der Corona-Krise besonders hart getroffen, das BIP schrumpfte im Jahr 2020 um 8,2%, was angesichts der starken Abhängigkeit vom Tourismus und der bereits bestehenden Anfälligkeiten aber besser war als erwartet. Die haushaltspolitischen Anreize der Regierung gehörten zu den stärksten in der Eurozone. Sie verhinderten einen sprunghaften Anstieg der Unternehmensinsolvenzen und hielten die Arbeitnehmer am Arbeitsmarkt, auch wenn die Beschäftigung von jungen Menschen und Teilzeitbeschäftigten stark zurückging. Die Maßnahmen von Aufsichtsbehörden und EZB schützten den Bankensektor und sorgten für anhaltend günstige Finanzierungsbedingungen. Hinzu kommen Investitionen durch EU-Zuschüsse des „Next Generation“-Programms (NGEU), ein aufgestauter Konsum, der durch den Abbau von Einlagen finanziert wird, und die Wiederbelebung des Tourismus bei abklingender Pandemie. Diese Faktoren sieht der IWF als Haupttriebkräfte der Erholung, die 2021 ein Wachstum von 3,3 und im kommenden Jahr von 5,4% bringen soll.
Es bleiben aber erhebliche Unsicherheiten und Abwärtsrisiken, allen voran die Corona-Pandemie. Zwar schreitet die vollständige Durchimpfung schneller voran als im europäischen Durchschnitt, aber neue Varianten könnten diese Vorteile aufheben. Darüber hinaus könnten die notleidenden Kredite die Verbriefungspläne der Banken beeinträchtigen und das Kreditwachstum bremsen, weil die Verbriefungspapiere nicht platziert werden können. Zudem könnte die Absorption der NGEU-Mittel schwächer ausfallen als erwartet. Dann müssten Mittel für die Kofinanzierung mobilisiert werden. In einem Umfeld, in dem sich die Finanzierungsbedingungen wegen anziehender Inflationsraten und Zinssätzen verschärfen, ist das eine Herausforderung. Die in jüngster Zeit deutlich wachsenden geopolitischen Risiken belasten zusätzlich. Chancen hingegen bietet der nationale Recovery and Resilience Fund (RRF). Er könnte höhere Investitionen und eine stärkere Exportorientierung erzeugen, damit das Leistungsbilanzdefizit in Schach halten und zusammen mit der Strukturreformagenda des RRF das Produktivitätswachstum steigern.
Die griechische Staatsverschuldung bleibt aus Sicht des IWF mittelfristig tragfähig, da das Wachstum ausreicht, um die Belastung durch den Schuldendienst zu kompensieren. Der große Liquiditätspuffer der Regierung und ein aktives Schuldenmanagement mindern die Refinanzierungsrisiken weiter, während die Fähigkeit Griechenlands, die Schulden auch bei einem schweren Schock zu bedienen, von der fortgesetzten Unterstützung durch die EU abhängt.
Griechenland wird unterm Strich langsam wieder zu einem interessanten Investmentziel und sollte mit der vom IWF skizzierten Aussicht zum Investmentgrade zurückzukehren.