Märkte

Indien – Bauern heizen Modi ein

Die Mehrheit der indischen Bevölkerung hängt noch immer direkt oder indirekt an der Landwirtschaft.
Die Mehrheit der indischen Bevölkerung hängt noch immer direkt oder indirekt an der Landwirtschaft. © CC0

_ Die Daten aus Indien liefern insgesamt ein immer noch positives Bild: So gab der Markit-Einkaufsmanager-Index für Indien per November auf 56,3 Punkte nach, den schwächsten Wert seit drei Monaten. Er liegt aber immer noch deutlich über der Wachstumsschwelle von 50 Zählern und zeigt damit eine kaum gebremste Erholung an. Zudem signalisieren der Service-Index mit 53,7 und mehr noch der Industrie-Index mit 56,3 Punkten trotz der Rückgänge ein weiter klares Wachstum.

Und ein Blick auf den indischen Index Sensex scheint das auch zu bestätigen. Seit Beginn des laufenden Quartals ist mit einem Plus von gut 20% ein kräftiger Aufwärtstrend zu erkennen. Die Rupie tendierte im gleichen Zeitraum stabil bis fest gegen den US-Dollar. In den kommenden Wochen sind allerdings Unruhen zu erwarten, denn die Regierung von Präsident Narendra Modi hat an einer zentralen Säule der indischen Gesellschaft gerüttelt und damit für erheblichen Aufruhr unter der Landbevölkerung (die überwiegende Mehrheit in Indien) gesorgt: Modi setzt seinen Kurs der Liberalisierung unbeirrt und ohne Rücksicht auf Verluste fort, indem er nun auch die staatlichen Garantiepreise für landwirtschaftliche Produkte abschafft.

Bislang verkaufen Indiens Bauern ihre Produkte auf staatlich kontrollierten Großmärkten, auf denen die fixierten Mindestpreise geboten werden. Stattdessen sollen die Bauern nun frei am Markt verkaufen und sich direkt mit Einzelhändlern und großen Handelsketten über Preise, Mengen und Qualitäten vereinbaren können. Dieser Gewinn an Spielraum ist ein Verlust an Sicherheit, der die überwiegende Mehrheit der Bauern in den Protest treibt: Vor allem die Hauptstadt Neu Delhi wird von den aufgebrachten Kleinbauern regelrecht belagert – für Modis Hindu-Partei BJP eine politische Gefahr.

Immer noch leben 50 bis 60% der Bevölkerung direkt oder indirekt von der Landwirtschaft. Der Protest gegen die Liberalisierung ist somit kein Randthema. Sollten sich die Proteste länger hinziehen und die jetzt nur punktuellen Blockaden der Hauptverkehrswege deutlich zunehmen, dann würde der Bauernprotest zu einer weiteren Gefahr für die derzeit laufende Erholung werden, da die Landwirtschaft immer noch einen hohen Anteil an der Wertschöpfung hat und zudem Preiseffekte drohen, die die Inflation anheizen. Sollte es dazu kommen, werden die Währungshüter deutlich reagieren und ihre bisher stützende lockere Geldpolitik aufgeben, mit der sie den Folgen der Corona-Pandemie bislang begegnen.

Allerdings haben wir trotz der politischen Risiken durch diese Reform wenig Zweifel daran, dass Modis Politik hier in die richtige Richtung führt. Die Liberalisierung wird neue Wachstumskräfte auch im Agrarsektor freisetzen. Von daher sind aus unserer Sicht wohl Unruhen und Friktionen möglich, aber auf längere Sicht überwiegen klar die Vorteile, nicht zuletzt für die betroffenen Bauern selbst. Sollten die aktuellen Probleme und Schwierigkeiten auf die Börse durchschlagen, wären damit eher Kaufgelegenheiten als Warnzeichen gegeben.

Wir sehen Indien weiter als interessanten Markt.

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