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Türkei – Letztlich eine Vertrauensfrage

_ Für gewöhnlich bewegen die Währungshüter ihre Leitzinsen in Schritten von 25 Basispunkten. 50 Basispunkte gelten da schon eher als groß. In diesem Kontext wirkt die überraschende Zinserhöhung der türkischen Notenbank um 200 Basispunkte von 8,25 auf 10,25% so dramatisch wie eine Notoperation am offenen Herzen. Sie war offenbar dringend nötig, da der Abwärtstrend der Lira immer steiler und damit zum Brandbeschleuniger der Inflation wurde. Indes befindet sich der Leitzins für den einwöchigen Repo immer noch klar unter der bei 12% liegenden Inflationsrate. Von daher scheint es weniger erstaunlich, dass die Lira trotz des dramatischen Zinsschritts weiter nachgab.

Zum hinreichend bekannten Inflationsproblem aufgrund des gesamtwirtschaftlichen Nachfrageüberhangs kommen akute Besorgnisse über die internationale Zahlungsfähigkeit und eine aufziehende Zahlungsbilanzkrise, weil die Devisenreserven weiter abschmelzen – und zwar durch den Versuch, die Talfahrt der Lira mithilfe von Interventionen am Devisenmarkt aufzuhalten oder zumindest zu bremsen. Letztlich aber bleibt es dabei, dass das Kernproblem im Präsidentenpalast sitzt: Solange Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan jederzeit eingreifen kann, um die Geldpolitik seinem persönlichen Machterhalt unterzuordnen, bleiben die einzelnen Maßnahmen der Notenbank TCMB weitgehend wirkungslos. Sie sind damit jederzeit umkehrbar, die längerfristigen Erwartungen höchst unsicher und instabil. Für die meisten Teilnehmer des Devisenmarkts ist die Lira als Währung damit erledigt. Folge: Die Zinserhöhungen belasten zwar die Wirtschaft zusätzlich, die erhoffte Stabilisierung der Lira bleibt aber aus. Und das dürfte die Unternehmen stark belasten, die einen hohen Anteil ihrer Fremdmittel in fremder Währung (namentlich Euro und Dollar) aufgenommen haben.

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