Maschinenbau

Heidelberg Druck durchlebt Wandel

Kaum eine Branche durchläuft einen so starken Strukturwandel wie die Druckindustrie. Aufgrund der Digitalisierung sinkt der Bedarf nach Druckerzeugnissen, weshalb folgerichtig auch die Nachfrage nach Druckmaschinen rapide abgenommen hat. Die negativen Folgen lasten selbst beim Branchenprimus Heidelberger Druckmaschinen schwer. Schon seit drei Jahren befindet sich der Konzern in einer Transformationsphase, die auf der Kostenseite nun so gut wie abgeschlossen sei, erklärte uns CFO Marcus Wassenberg im PLATOW-Interview.

Auf der Umsatzseite hat der Finanzvorstand das Ziel, im Gj. 2022/23 (per 31.3.) 2,3 Mrd. (2020: 1,9 Mrd.) Euro zu erreichen, womit die Erlöse de facto jedoch auch nur an das Vorkrisenniveau anknüpfen würden. Viel mehr wird es auf absehbare Zeit auch nicht werden, maximal 2,5 Mrd. Euro p. a. werfe das Kerngeschäft noch ab, so Wassenberg. Die Stagnation ist irreversibel. Auf der anderen Seite überrascht uns, dass mittelfristig mit einer EBITDA-Marge von mehr als 10% kalkuliert wird, bei einem Nachsteuergewinn von rd. 100 Mio. Euro – mehr als doppelt so viel wie das langjährige Durchschnittsniveau. Gelingen soll dies zum einen durch die Umstellung des Geschäftsmodells im Kerngeschäft: Künftig sollen Kunden nicht mehr nur einmalig einen Anschaffungspreis für die Druckmaschine leisten. Vielmehr will Heidelberg Druck über ein Abo-Modell die Kundenkontaktpunkte gezielt erhöhen und dadurch die Schlagzahl im margenstärkeren Service-, Wartungs- und Beratungsgeschäft vergrößern. Ein weiterer Vorteil sind planbare Erträge bei planbaren Kosten.
Zum anderen will Heidelberger Druck sukzessiv neue und ihrer Kernkompetenz entsprechend verwandte Märkte erschließen, die Wassenberg vor allem in der Steuerungs- und Leistungselektronik verortet. Aus diesem Gedanken heraus entstand auch schon vor vielen Jahren die Idee, sich auf die Elektromobilität zu stürzen, wo seit 2018 Ladestationen, sogenannte Wallboxen, für private- und halböffentliche Räume angeboten werden. Und tatsächlich schafft Heidelberg es hier, eine gewisse Wachstumsdynamik aufkeimen zu lassen. Im Vergleich zum Vj. verdoppelte sich der Umsatz in diesem Bereich. Da der Anteil am Gesamtumsatz mit rd. 2% jedoch verschwindend gering ist, wird das strukturell schrumpfende Kerngeschäft noch auf Jahre maßgeblich für die Kursentwicklung sein. Positiv werten wir indes, dass der Vorstand die Transformation eingeleitet hat und für die Zukunft eine klare Marschrichtung vorgegeben hat.
Mit einem 2022/23er-KGV von 8 (fünfjähriger Durchschnitt: 14) notiert die Aktie (2,06 Euro; DE0007314007) auf einem historisch niedrigen Niveau, das jedoch wegen der strukturellen Probleme völlig gerechtfertigt ist. Selbst bei exponentiellen Wachstumsraten im Geschäft mit Wallboxen würde der Bereich E-Mobility noch auf Jahre keinen substantiellen Umsatzbeitrag leisten.

overlay

Kennenlern-Angebot für PLATOW Börse
1 Monat unverbindlich für 7,99 EUR testen

  • DAS fundierte Aktien-Briefing für Deutschland
  • 3x wöchentlich Fakten statt Hype zu deutschen und internationalen Aktien
  • Tiefe Expertise und erfolgreicher Track-Record über 28 Jahre
  • inkl. Immobilien Report mit fundierten News & Analysen zu Aktien und Fonds
  • monatlich kündbar

ARTIKEL DIESER AUSGABE

Indizes | 22. Oktober 2021

Deutsche Aktien – Jetzt noch rein!

In den USA sorgte am Mittwoch (20.10.) der Dow Jones für Aufsehen, als er bei 35 671 Zählern ein neues Allzeithoch erklomm, während S&P 500 und Nasdaq 100 Dämpfer auf dem Weg zu... mehr

Biopharmazeutika | 22. Oktober 2021

Sartorius – Einsteigen, bitte!

Gute Q3-Zahlen legte Sartorius am Mittwoch (20.10.) vor. Der Laborausrüster hat nach neun Monaten den Umsatz um die Hälfte auf 2,5 Mrd. Euro, das EBITDA sogar um 77% auf 866 Mio. Euro... mehr

Software | 22. Oktober 2021

Mensch & Maschine auf Rekordkurs

Ein starkes Zahlenwerk legte Mensch und Maschine vor. Der Umsatz beim führenden Anbieter von Bausoftware kletterte in den ersten neun Monaten um 7,4% auf 194 Mio. Euro. mehr

Rohstoffe | 22. Oktober 2021

Dt. Rohstoff – Kluge Entscheidung

„Wir haben 2020 einiges richtig gemacht“, sagt Thomas Gutschlag. Zu Recht, denn der CEO von Deutsche Rohstoff beschloss Anfang 2020, angesichts niedriger Ölpreise die Produktion zu... mehr