Procredit – Aus einem Quartal soll eine Dekade werden

Was bei Procredit Holding schnell auffällt, ist die ungewöhnliche Aktionärsstruktur. Neben einer Finanzbeteiligung des Gründers Claus Peter Zeitinger (18,3%) finden sich dort Teilhaber wie die staatliche KfW Bank (13,2), die Weltbank-Institution IFC (5,1%) und die niederländische Stiftung Doen (12,5%). Demnächst gehört anstelle von IFC auch noch die EBRD dazu.
Die Aktionärsstruktur hat gute Gründe, wie uns Procredit-CEO Hubertus Spechtenhauser im exklusiven PLATOW-Interview erklärt: „Wir betreiben ein transparentes, ethisch faires Bankgeschäft und konzentrieren uns auf Südost- und Osteuropa.“ Dort unterstützen die Frankfurter mit eigenen Banken vor allem klein- und mittelständige Unternehmen (KMUs). Nach drei wechselhaften Jahren soll jetzt wieder die frühere Stetigkeit ins Geschäft kommen.
Denn 2020 verhagelte die Corona-Pandemie mit ihren Reise- und Kontaktbeschränkungen das Bankgeschäft. 2022 war es dann der Einmarsch Russlands in die Ukraine, der für extreme Belastungen sorgte: „Wir haben das Kreditportfolio in der Ukraine von ursprünglich ca. 800 Mio. auf ca. 600 Mio. Euro reduziert. Die dortige Bank hat in den Vorjahren stets am meisten Gewinn zum Gruppenergebnis beigetragen“, sagt Christian Dagrosa, Finanzchef von Procredit. Auch heute noch gibt es Risiken im Portfolio: „Aus geografischer Sicht Georgien und Moldawien, wobei das Institut in Moldawien zu den kleinsten, Georgien zu den mittelgroßen Banken in unserer Gruppe gehört.“
Doch die am Montag (15.5.) vorgelegten Q1-Zahlen lassen die Hoffnung zu, dass 2023 wieder an die sehr erfolgreichen Zeiten bis 2020 angeknüpft wird. Dank steigender Zinserträge und geringerer Kreditrisiken drehte das Konzernergebnis von einem Verlust von 1,7 Mio. im Vj. auf einen Gewinn von 29,5 Mio. Euro. Gut gefallen uns die mit 59,7% (Vj.: 59,1%) im Vergleich zur Konkurrenz niedrige Kosten-Ertrags-Quote, die das Resultat einer hohen Digitalisierung des Geschäfts ist, sowie die Eigenkapitalrendite von 13,3% (annualisiert), die deutlich über dem langjährigen Schnitt von 8,5% liegt. „Im Q1 haben wir fast alle unsere mittelfristigen Ziele erreicht. Allerdings wird sich die Zinsmarge im Jahresverlauf wieder einengen und die anhaltende Inflation auf unsere Kosten durchschlagen“, mahnte Spechtenhauser. „Trotzdem sind unsere strukturellen Ziele erreichbar, weil wir Skaleneffekte ausspielen können. Wir arbeiten daran, aus dem Quartal eine Dekade zu machen.“
Das würde die Attraktivität der im Prime Standard notierten Aktie (5,96 Euro; DE0006223407) ebenso erhöhen wie der anstehende Wechsel der Rechtsform von einer KGaA zu einer AG. Gut wäre es zudem, wenn der mit 350 Mio. Euro Marktkapitalisierung kleine Nebenwert den Streubesitz von aktuell mageren 17,5% erhöhen würde. Die damit verbundene höhere Handelbarkeit würde die derzeit günstige Bewertung (KGV 2023: 5; 5J-Schnitt: 9) noch attraktiver machen. Zudem verspricht CEO Spechtenhauser nach zwei Nullrunden die Rückkehr zur alten Dividendenpolitik: „Wir wollen für das Jahr 2023 wieder zu unserer normalen Dividendenpolitik zurückkehren.“ Wer zum jetzigen Kurs einsteigt, könnte sich dann im kommenden Jahr vermutlich über eine Rendite von rd. 6% freuen. kdb
Wer keine geopolitische Eskalation in Europa befürchtet, steigt bei Procredit ein. Der Stopp landet mit 4,30 Euro auf der 200-Tage-Linie.
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