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Philip Lane sorgt für Irritationen in der EZB

Philip Lane, Chefvolkswirt EZB
Philip Lane, Chefvolkswirt EZB © Institute for New Economic Thinking

_ Offiziell spielt die Nationalität der Mitarbeiter bei der EZB keine Rolle.

Eine häufig erzählte Anekdote handelt davon, wie der frühere Bundesbank-Präsident Hans Tietmeyer auf der ersten Ratssitzung der EZB dafür sorgte, dass die Herkunftsländer auf den Namensschildern der Ratsmitglieder verschwanden. Der Gedanke: Die EZB sollte Politik für den ganzen Euro-Raum machen, nicht für einzelne Länder. Doch zwischen Erzählung und Realität klafft eine Lücke. Das Nationalitäten-Thema sorgt immer mal wieder für Konflikte, so auch jetzt.

Auslöser sind mutmaßliche Äußerungen von Chefvolkswirt Philip Lane. Der Ire soll bei einem Treffen mit dem irischen Staatsminister für Finanzen, Neale Richmond, in Frankfurt dazu aufgerufen haben, den voraussichtlichen Anteil der Iren bei der EZB zu erhöhen. Hintergrund ist eine bevorstehende Pensionierungswelle. In den nächsten zehn Jahren gehen etwa 500 EZB-Mitarbeiter in den Ruhestand. Die irische Zeitung „Business Post“ hatte darüber unter der Überschrift „Philip Lane fordert angesichts der Pensionierungswelle mehr Iren bei der EZB“ berichtet. In dem Artikel zitiert das Medium Staatsminister Richmond mit den Worten: „Philip hat den Punkt ganz klar angesprochen: Es ist wichtig, dass irische Minister und Beamte Ansprechpartner in der EZB haben, die den Hörer abnehmen . . .“

Der Bericht hat einige in der Notenbank verärgert. In einem Brief vom Mittwoch an Christine Lagarde und die EZB-Spitze, der PLATOW vorliegt, beschwert sich der Betriebsrat deutlich: „Wir fühlen uns durch solche Aussagen in vielerlei Hinsicht verunsichert.“ Die Personalvertreter verweisen darauf, dass sie seit Jahren davor warnen, dass Einstellungen und Beförderungen nicht nur nach fachlichen Kriterien erfolgen, sondern auch die Nationalität eine Rolle spielt. Die EZB-Führung habe ein solches Problem stets bestritten. „Die Erklärung des Direktoriumsmitglieds [Lane] hat zumindest das Verdienst, die von uns angeprangerten Mechanismen offiziell anzuerkennen“, heißt es dazu.

Es sei „sehr beunruhigend“ zu sehen, dass „ein Mitglied des Direktoriums nicht darauf abzielt, eine insgesamt ausgewogene Vertretung der Nationalitäten innerhalb der EZB zu erreichen, sondern nur darauf, dass die Vertretung seines eigenen Landes berücksichtigt wird.“ Die EZB wollte den Bericht nicht kommentieren. Sie verweist darauf, dass sie neue Mitarbeiter auf Basis ihrer Fähigkeiten und Leistungen einstelle und es bei ihr keine Nationalitätenquoten gibt. jam

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