Trends zu Steuersparmodellen
"Die Optimierung der persönlichen Steuerbelastung ist ein Volkssport – ein Anliegen weiter Teile der Steuerzahler. Viele Versuche des Staates, solche Steuersparmodelle zu verhindern, beschäftigen die Finanzgerichte. Die stete Anpassung von Modellen an geänderte gesetzliche Vorgaben ist die Folge. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich jüngst in einer Entscheidung mit diesem Anpassungswettlauf auseinandergesetzt. Tino Duttiné, Frankfurter Partner in der Steuerrechtspraxis von Baker & McKenzie, erläutert die Folgen."
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Steuersparmodelle sind seit vielen Jahren Bestandteil der deutschen Steuerrealität. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich eine ganze Industrie damit beschäftigt, das Bedürfnis nach Steuersparmodellen zu befriedigen. Für Privatpersonen stehen Steuerstundungsmodelle im Vordergrund. Gängig sind geschlossene Fonds, welche den Investoren über einen Teil des Investitionszeitraums steuerliche Verluste zuweisen. Erwartungsgemäß sind diese Modelle nicht uneingeschränkt beliebt. Sie beschäftigten Gesetzgeber, Finanzverwaltung und Finanzgerichte seit geraumer Zeit. Die Versuche des Gesetzgebers, Steuereinbußen auf Grund solcher Modelle zu vermeiden und die Bemühungen der Modell-Initiatoren, steuerlich lukrative Konzepte auf den Markt zu bringen, gleichen einem Katz-und-Maus-Spiel. Der Gesetzgeber hat mit Einführung des § 15b EStG versucht, Steuerstundungssachverhalten entgegenzutreten. Die Vorschrift verhindert das Verrechnen von auf Steuerstundungsmodellen basierenden Verlusten mit sonstigen positiven Einkünften. Entsprechend steht dem Steuerpflichtigen nur die Möglichkeit offen, jene Verluste mit zukünftig anfallenden Einkünften aus derselben Steuerquelle zu saldieren.
Was ist ein Steuerstundungsmodell?
Das Gesetz versteht unter einem Steuerstundungsmodell eine modellhafte Gestaltung, die es einem Steuerpflichtigen ermöglicht, steuerliche Vorteile in Form negativer Einkünfte zu erzielen. Explizit gemeint ist die Möglichkeit auf Grund eines vorgefertigten Konzepts in der Anfangsphase einer Investition Verluste mit sonstigen Einkünften zu verrechnen. Gängig war, dass die angestrebten Steuervorteile bei Investoren aktiv beworben wurden. Teilweise gingen die Strukturen so weit, dass sie wirtschaftlich ohne den Steuervorteil nicht sinnvoll waren und eine Vorsteuerrendite häufig negativ war. Typischerweise handelt es sich um geschlossene Fonds in Form einer KG, wie Medienfonds, New Energy Fonds oder Leasingsfonds. Nach der Einführung des § 15b EStG etablierte sich in der Verwaltungspraxis zunehmend eine weite – teils exzessive – Auslegung und Anwendung der Norm. Strukturen seien bereits schädlich, wenn sie keinen modellhaften Charakter hatten, insbesondere wenn Steuerpflichtige individuelle Investitionen mit Steuerstundung durchführten. Bereits die Zuhilfenahme von Beratern kann modellierend wirken. Verluste in den Anfangsjahren einer Investition sollen selbst im Fall einer positiven Vorsteuerrendite schädlich für die Struktur sein, insbesondere wenn diese absehbar und geplant waren. Die Tatsache, dass Investitionen regelmäßig eine Amortisationszeit benötigen, um sich zu rechtfertigen, wird ignoriert und einer typisierenden und fiskalpolitisch motivierten Wertung unterworfen. Der BFH hat sich mit folgenden, vereinfachten Fragen beschäftigt: Ist ein Fondskonzept modellhaft und missbräuchlich, weil es in Anpassung eines zur Steuerstundung entworfenen Modells entstanden ist? Liegt ein Steuerstundungsmodell vor, wenn die Vorsteuerrendite positiv ist und eventuell entstehende Verluste nicht im Fondskonzept beworben wurden? Das abgewandelte Konzept sah einen Gesamtüberschuss von ca. 70.000 Euro bei einem Investitionsvolumen von 320.000 Euro vor. Im ersten Jahr nach Gründung entstand durch Bildung einer Ansparrücklage ein Verlust. Dieser wurde jedoch nicht im Fondsprospekt dargestellt und beworben. Das Finanzamt erkannte die Verluste beim Investor nicht an, da es sich um die vordergründige Fortentwicklung eines ansonsten schädlichen Modells handele. Die positive Vorsteuerrendite und die Tatsache, dass das Konzept nicht mit der Entstehung von Steuervorteilen warb, ignorierte das Finanzamt. Dem trat der BFH entgegen. Er stellte klar, dass ein Steuerstundungsmodell Werben mit Steuervorteilen durch Erzielung negativer Einkünfte, ob im Prospekt oder sonst, voraussetze. Sieht ein offeriertes Konzept keine steuerlichen Vorteile vor und versteht es sich ausschließlich als attraktive Geldanlage, sei es kein Steuerstundungsmodell.
Einordnung des Urteils
Der BFH führt die Einschätzung verschiedener Finanzgerichte fort, wonach die Entwicklung von lukrativen Anlagemodellen durch kreative Konzeptionen nicht kategorisch durch eine zu weite Auslegung des § 15b EStG unterbunden werden kann. Die Finanzgerichte stellen klar, dass eine Anpassung von Anlagekonzepten an geänderte gesetzliche Vorgaben, der steuerlichen Handlungsfreiheit entspricht. Auch wenn der Gesetzgeber schon bei der Konzipierung der Norm Umgehungsmöglichkeiten versperren wollte, rechtfertigt dies keine Ausdehnung derselben auf Anlagemodelle, die für Anleger auch ohne steuerliche Effekte eine attraktive Option darstellen. Eine wirtschaftlich sinnvolle Investition kann nicht durch Hinzutreten bestimmter steuerlicher Attribute plötzlich missbräuchlich werden. Die neueste BFH-Rechtsprechung stellt einen begrüßenswerten Trend zur Stärkung der Freiheit der Anleger in ihrer Investmententscheidung und der Honorierung unternehmerischer Kreativität der Initiatoren dar.
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