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Verfall von Urlaubsansprüchen – Neues BAG-Urteil verändert Rechtslage deutlich

Der 9. Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) hat mit seinem Urteil vom 19.2.19 entschieden, dass der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub regelmäßig nur dann am Ende des Kalenderjahres untergehe, wenn der Arbeitgeber zuvor über die Verfallfristen aufgeklärt und dem Arbeitnehmer die konkrete Möglichkeit zur Inanspruchnahme des Urlaubs eingeräumt habe.

„Diese Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts verändert die bisherige Rechtslage im deutschen Urlaubsrecht ganz erheblich“, erläutert Johannes Kulenkampff von Krebühl Biere Rechtsanwälte. „Denn bislang galt, dass Urlaubsansprüche nach den gesetzlichen Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes jedenfalls dann ersatzlos mit dem Ende des Kalenderjahres, spätestens aber mit Ablauf des Übertragungszeitraumes zum 31. März untergehen, wenn der Urlaub zuvor nicht vom Arbeitnehmer beansprucht wurde.“

Geklagt hatte ein Arbeitnehmer, der nach seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis die finanzielle Abgeltung von insgesamt 51 Urlaubstagen aus den zurückliegenden zwei Jahren vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber seinem Arbeitgeber geltend machte. Der Kläger hatte sowohl vor dem Arbeitsgericht wie auch dem Landesarbeitsgericht München mit seiner Klage Erfolg. Dabei sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass der Arbeitgeber verpflichtet sei, von sich aus Urlaub zu gewähren. Komme er dem nicht nach und verletze diese Verpflichtung, entstehe durch den gesetzlich angeordneten Verfall des Urlaubs mit Ablauf des Kalenderjahres ein Schadensersatzanspruch, der im laufenden Arbeitsverhältnis auf Ersatzurlaub gerichtet sei. Dieser sei, ebenso wie der originäre Urlaubsanspruch, nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses finanziell abzugelten, so dass der geltend gemachte Anspruch bestehe. Zwar folgte das BAG nicht der Auffassung der Vorinstanzen, wonach das nationale Urlaubsrecht dahingehend auszulegen sei, dass der Urlaub seitens des Arbeitgebers zwangsweise zu gewähren ist. Aber es nimmt nach den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs den Arbeitgeber insoweit in die Pflicht, dass er letztlich die Initiativlast für die Gewährung des Urlaubs trägt.

„Es bleibt abzuwarten, welche Anforderungen die gerichtliche Praxis an diese neu geschaffene Obliegenheit des Arbeitgebers stellt“, so Kulenkampff weiter. „Ich gehe davon aus, dass ein pauschaler Hinweis z. B. in Form einer allgemein an die Belegschaft gerichtete Mitteilung nicht ausreichend sein dürfte. Arbeitnehmer sollten daher insbesondere bei der Beendigung von Arbeitsverhältnissen die Abgeltung auch vermeintlich verfallener Urlaubsansprüche im Blick haben.“

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