Gastbeitrag

Wie lässt sich Vermögen krisenfest machen?

Markus Paffenholz
Markus Paffenholz © Baker Tilly

_ Aktien, Anleihen, Private Equity, Immobilien und Cash sind laut dem Global Family Office Report 2020 die beliebtesten Investitionsanlagen für Family Offices. Aber bedeutet beliebt auch krisensicher? Nicht nur Family Offices nutzen die Lehren aus der Corona-Krise dazu, ihre Anlagestrategien zu überdenken und Krisenkonzepte zu entwickeln, weiß Markus Paffenholz, Partner im Baker Tilly Competence Center Debt Advisory.

Neben den klassischen Investitionstätigkeiten und dem „Umweg“ über (Dach-)Fonds treten Family Offices vermehrt als direkter „Kreditgeber” für Unternehmen auf, stehen also im Wettbewerb zu Banken, Debt Funds oder Institutionellen Anlegern wie Versicherungsgesellschaften und Pensionskassen. Dies ist vor allem bei Schuldscheindarlehen im Rahmen von Private Placements zu beobachten. Große Vorteile von Family Offices als „qualifizierte Anleger“ sind hier vor allem die deutlich geringere Administration und Regulatorik, niedrigere bis kaum vorhandene Liquiditätskosten sowie individuelle Gestaltungsmöglichkeiten. Da auch für Unternehmen diese Art der Finanzierung immer attraktiver wird, sollten Family Offices sich weiter öffnen, um auf die eigenen Anlagemöglichkeiten und -strategien aufmerksam zu machen.

Nicht zu unterschätzen ist zudem der Vorteil der Geschwindigkeit, mit der Family Offices üblicherweise ihre Investitionsentscheidungen treffen und umsetzen können. Gerade in Krisenzeiten, wenn bspw. Banken fast schon reflexartig ihr Neugeschäft einstellen, um sich ausschließlich auf ihr Bestandsportfolio zu konzentrieren, bieten sich für Family Offices interessante Anlageopportunitäten.

Aber Wettbewerb hin oder her: Ein signifikantes Vermögen langfristig zu erhalten und vor allem fortzuentwickeln, stellt seit jeher eine gewaltige Herausforderung dar − sowohl für Family Offices als auch für Banken und Debt Funds. Dieses Vermögen zudem gegen länderübergreifende Krisen wie bspw. der Finanz- und Corona-Krise abzusichern, scheint besonders herausfordernd. Dennoch haben sich in der jüngsten Krise einige grundsätzliche Lehren herauskristallisiert, die sich Family Offices als Kapitalgeber zu Nutze machen können.

Investitionskriterien, Asset-Klassen und Monitoring

Die jüngste Krise hat dazu geführt, dass Family Offices, Banken und Debt Funds gleichermaßen ihre Investitionskriterien hinterfragen und auch bestehende Investments sehr eng überwachen bzw. bewerten. Dort, wo keinerlei Kriterien die Basis der Anlagestrategie bildeten, werden Investments kritisch analysiert und neue Kriterien etabliert. Die darauf basierende Anlagestrategie muss Chancen und Risiken transparent abbilden und darf von den zuvor definierten Anlagekriterien nur dann abweichen, wenn die damit verbundenen Risiken einschätzbar sind. Denn sowohl die Finanz- als auch die Corona-Krise haben gezeigt: Eine breite Diversifizierung des Vermögens von Family Offices ist aus Risikogesichtspunkten sinnvoller denn je und sollte zwingend eine zentrale Vorgabe für die Vermögensstrategie sein. Um der damit einhergehenden Komplexität Herr zu werden, ist es ratsam, getätigte Investitionen, egal ob direkt in eine Asset-Klasse oder indirekt wie bspw. über Fonds, über ein regelmäßiges professionelles internes oder externes Monitoring samt Reporting eng zu überwachen. Sofern die Risikostrategie klar definiert ist und die Risikopositionen des Portfolios bekannt sind, bietet sich ggf. auch ein schnelles und entsprechend antizyklisches Handeln bei neuen Investitionen an. Ob Finanzkrise oder länderübergreifende Pandemie: Generell sollte jedes bestehende und auch neue Investment einem Stresstest auf exogene Extremsituationen unterzogen werden. So hätte man ggf. nicht nur frühzeitig erkennen können, dass sich die Asset-Klasse der Privatimmobilien im Rahmen einer Pandemie nicht nur als krisenresistent erweist, sondern dass diese auch das Potenzial hat, deutliche Wertsteigerungen erzielen zu können.

Auch wenn Krisen als solche vorübergehen, werden einzelne Krisenelemente die Anlagestrategien von Family Offices, Banken und Debt Funds weiter beeinflussen. Daher ist es für Family Offices ratsam, hohe Cash-Bestände angemessen zu verteilen bzw. zu allokieren. Auch ist zu empfehlen, die Festlegung von Maximalbeträgen pro Bank in Abhängigkeit des jeweiligen Ratings zu setzen. Der Trend von Negativzinsen dürfte zumindest mittelfristig unvermindert anhalten und sich für Family Offices kaum vermeiden lassen. Gleichwohl zeigen sich Banken bei der Betrachtung des „Share of Wallets” und den damit verbundenen Cross-Selling-Möglichkeiten häufig gesprächsbereit.

Fazit – Gelassenheit dank Weitsicht

Family Offices werden in Zukunft eine noch wichtigere Finanzierungsfunktion für Unternehmen einnehmen (können). Wir leben nicht nur pandemiebedingt in veränderungsintensiven Zeiten. Zudem ist die Zahl politischer Brandherde groß und die Lage in Teilen ausgesprochen unübersichtlich, was neben politischen Risiken weitere Belastungen des Handels, Eintrübungen in der Investitionsbereitschaft und eine gesteigerte Volatilität auf den Aktienmärkten mit sich bringen wird. Eine Schlüsselkompetenz, Vermögen krisenfest zu machen, dürfte darin bestehen, krisenbedingter Ungewissheit gelassen begegnen zu können – ohne in Passivität zu verharren. Um diese Gelassenheit auch in Krisenzeiten beizubehalten, empfiehlt es sich, regelmäßig seine bestehenden und neuen Investitionen einer kritischen Prüfung zu unterziehen und mit Blick auf mögliche Risikoszenarien neu zu bewerten.

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