Brexit – „Drittlandstatus“ bringt Änderungen bei der Umsatzsteuer
Während sich die Politik noch um die konkrete Ausgestaltung des EU-Austritts Großbritanniens streitet, bereiten sich die Unternehmen längst auf den Tag X vor. Denn zumindest aus steuerlicher Sicht haben Firmenlenker einige Vorgaben an der Hand, wie sie mit ihren britischen Geschäftspartnern künftig umzugehen haben. Durch den Brexit wird Großbritannien aus umsatzsteuerlicher Sicht zum „Drittlandsgebiet“.
Großbritannien kann sich nicht mehr auf die Mehrwertsteuersys-temrichtlinie berufen, was sich auch auf den Waren- und Dienstleistungsverkehr zwischen Deutschland und Großbritannien auswirkt. „Warenlieferungen von Deutschland nach Großbritannien stellen nach vollzogenem Brexit keine steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen mehr dar, sondern werden zu steuerfreien Ausfuhrlieferungen,“ erläutert Marc Roth-Lebeau, Partner bei Baker Tilly. „Auch wenn die Steuerfreiheit der Ausgangsleistung eines deutschen Unternehmers grundsätzlich unangetastet bleibt, werden sich die Anforderungen an die Nachweise zur Erlangung der Steuerfreiheit verändern. Jede Ausfuhr ist dann beim Zoll anzumelden.“
Bei der Umsatzsteuer-Voranmeldung ist zu beachten, dass anstelle der innergemeinschaftlichen Lieferung nun die Ausfuhr zu deklarieren ist. Hingegen entfallen die Pflichten zur Abgabe einer so genannten Zusammenfassenden Meldung und des Intrastat-Reports. Zudem können umsatzsteuerliche Registrierungspflichten des deutschen Unternehmens in Großbritannien nicht ausgeschlossen werden, sofern diese bisher lediglich auf Berufung einer abweichenden Regelung in einem anderen Mitgliedstaat unterblieben ist. Darüber hinaus müssen sich die deutschen Unternehmen auf geänderte bzw. zusätzliche Dokumentationsanforderungen einrichten – insbesondere in Bezug auf die britische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, die mit vollzogenem Brexit ihre Gültigkeit verliert.
Aber auch die Abbildung von britischen Eingangsleistungen wird sich ändern. Stellen Warenlieferungen aus Großbritannien nach Deutschland aus Sicht des deutschen Unternehmens bisher noch einen innergemeinschaftlichen Erwerb dar, der in Deutschland vom Warenempfänger versteuert wird, liegt mit dem Ausscheiden Großbritanniens aus der EU eine Einfuhr vor. Entsprechend muss das einführende Unternehmen Einfuhrumsatzsteuer und gegebenenfalls Zölle abführen.
Vorteil Vorsteuerabzug
Doch es gibt auch Positives zu berichten, meint Steuerrechtler Roth-Lebeau. Denn durch den zukünftigen Drittlandstatus von Großbritannien könne bei bestimmten Ausgangsleistungen eine vorteilhafte Entwicklung des Vorsteuerabzuges entstehen. „Wenn beispielsweise Banken oder Finanzdienstleister steuerfreie Ausgangsumsätze im Zusammenhang mit Wertpapieren (o. a. gem. § 4 Nr. 8 UStG steuerbefreite Umsätze) an Kunden in Großbritannien erbringen, konnte das Institut bislang für sämtliche mit diesen Ausgangsumsätzen im Zusammenhang stehende Kosten keinen Vorsteuerabzug geltend machen“, so Roth-Lebeau weiter. Auch ein eventuell zu ermittelnder anteiliger Vorsteuerabzug („Vorsteuerschlüssel“) war dadurch negativ beeinflusst. Das ändere sich infolge des Drittlandstatus nach dem EU-Austritt Großbritanniens: „Für den Vorsteuerabzug greift die so genannte Rückausnahme und macht einen Abzug der mit den steuerfreien Auslandsumsätzen im Zusammenhang stehenden Kosten möglich.“
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