Pauschalbesteuerung verstößt gegen EU-Recht

Die deutsche Pauschalbesteuerung von Erträgen aus intransparenten Investmentfonds verstößt gegen das Europarecht. Mit Urteil vom 9.10.2014 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass die Regelung in § 6 Investmentsteuergesetz (InvStG) den freien Kapitalverkehr unzulässig beschränkt (Az.: C-326/12).

§ 6 InvStG regelt seit 2004 die „Besteuerung bei fehlender Bekanntmachung“. Danach werden Erträge, die Anleger aus einem Investmentfonds beziehen, dann pauschal besteuert, wenn die betreffende Fondsgesellschaft die Transparenz- und Bekanntgabepflichten des InvStG nicht erfüllt. Das Finanzgericht Düsseldorf hatte dem EuGH die Frage vorgelegt, ob diese Regelung mit dem EU-Recht in Einklang steht. Die Richter wollten im Fall eines Klägers, der sich zu Unrecht von der Pauschalbesteuerung betroffen sah, vorab klären lassen, ob nicht in der Regelung eine verschleierte Beschränkung des freien Kapitalverkehrs zu sehen sei. „Denn das Gesetz stellt zwar formal inländische und ausländische Investmentfonds gleich“, erläutert Heiko Wunderlich, Partner bei SKW Schwarz Rechtsanwälte in München. „De facto ist die Regelung jedoch auf ausländische Fonds zugeschnitten, weil inländische Fonds die gesetzlichen Voraussetzungen fast ausnahmslos erfüllen, ausländische hingegen meist nicht.“ Der EuGH stellte fest, dass die Regelung deutsche Anleger im Zweifel davon abhält, in ausländische Fonds zu investieren, weil sie hier eine für sie nachteilige pauschale Besteuerung befürchten müssen. „Nach Ansicht des EuGH schießt die Regelung des § 6 InvStG deutlich über das Ziel einer wirksamen steuerlichen Kontrolle hinaus“, so Wunderlich. „Anleger müssen vielmehr generell die Möglichkeit haben, anhand von Unterlagen oder Auskünften die tatsächliche Höhe ihrer Einkünfte nachzuweisen.“

Der Gesetzgeber muss das InvStG nun europarechtskonform anpassen. „Bis dies geschehen ist, sollten Anleger gegen eine Steuerveranlagung auf Basis der Pauschalbesteuerung Rechtsmittel einlegen und auf die EuGH-Entscheidung hinweisen“, rät Wunderlich. „Außerdem empfiehlt es sich bereits der Einkommensteuererklärung entsprechende Nachweise über die tatsächlichen Besteuerungsgrundlagen des Fonds beizufügen.“ Für Fondsgesellschaften folgt aus dem Urteil, dass sie idealerweise ihren Anlegern die Informationen zur Verfügung stellen sollten. Wunderlich: „Für einen Steuerpflichtigen ist es regelmäßig schwierig bis unmöglich, alle relevanten Informationen aus öffentlich zugänglichen Quellen herauszusuchen.“

{{ name }} Chart
{{ name }} Aktie auf wallstreet:online

ARTIKEL DIESER AUSGABE

29. Oktober 2014

Hochtief verkauft Windsparte

Der Baukonzern Hochtief hat sich von seinem Geschäft mit Offshore-Windenergie getrennt. Allen & Overy vertat dabei mit GeoSea, eine auf Offshore-Wasserbauprojekte spezialisierte Tochter... mehr

29. Oktober 2014

Kuka mandatiert Clifford

Clifford Chance hat Kuka bei dem öffentlichen Kaufangebot für alle ausstehenden Aktien der Swisslog Holding mit den Partnern Andreas Dietzel, Wolfgang Richter (beide Corporate, Frankfurt)... mehr

29. Oktober 2014

Birkenstock siegt mit Hogan Lovells

Birkenstock siegt mit Hogan Lovells vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG): Das Konzernunternehmen RSP Rheinische Schuhproduktion gewährt Produktionsmitarbeitern ab dem 58. Lebensjahr 36... mehr

29. Oktober 2014

Boom am M&A-Markt

Im dritten Quartal folgte eine Milliarden-Transaktion auf die nächste. Die Zielgesellschaft kam dabei überraschend häufig aus den USA, so das Fazit der Kanzlei Allen & Overy in... mehr

29. Oktober 2014

Compliance-Druck auf Unternehmen wächst

Die Justizminister der Länder haben die Bundesregierung im Juni 2014 aufgefordert, ein Korruptionsregister einzuführen. Diese bundesweite „schwarze Liste“ soll einen wertvollen Beitrag... mehr