Compliance-Druck auf Unternehmen wächst

Die Justizminister der Länder haben die Bundesregierung im Juni 2014 aufgefordert, ein Korruptionsregister einzuführen. Diese bundesweite „schwarze Liste“ soll einen wertvollen Beitrag zur Bekämpfung von Korruption und Wirtschaftskriminalität liefern. Zudem sollen Unternehmen dazu motiviert werden, überzeugende Compliance-Maßnahmen zu implementieren. Die mit dem Eintrag in das Register einhergehende Auftragssperre stellt ein erhebliches Risiko für Unternehmen dar. Bisher scheiterten konkrete Gesetzesvorhaben auf Bundesebene. Die Aufforderung ist ein klares Signal an den Bund, die Arbeiten an dem Bundeskorruptionsregisters wiederaufzunehmen und zu vollenden, erläutert Tobias Teicke, Counsel im Berliner Büro von CMS Hasche Sigle.

Öffentliche Aufträge dürfen nur an fachkundige, leistungsfähige sowie gesetzestreue und zuverlässige Unternehmen vergeben werden. Diese müssen jedes dieser vier Kriterien erfüllen, um den Zuschlag zu erhalten. Für die Bewertung der Zuverlässigkeit eines Unternehmens muss die Vergabestelle eine eigene Prognose treffen. Zu prüfen ist, ob die Firma unter Berücksichtigung des Einzelfalls eine ordnungsgemäße und vertragsgerechte Ausführung der ausgeschriebenen Leistung einschließlich der Erbringung von Gewährleistungen erwarten lässt. Bei dieser Prognose, die sich auf den konkreten Auftrag bezieht, ist sowohl das in der Vergangenheit liegende wie auch das gegenwärtige Geschäftsgebaren und Vertragsverhalten zu berücksichtigen. Die verschiedenen Vergabeordnungen stellen dabei klar, dass es für die Beurteilung der Zuverlässigkeit eines Bieterunternehmens von besonderer Bedeutung ist, ob das Unternehmen in der Vergangenheit eine schwere Verfehlung begangen hat. Stellt eine solche die Zuverlässigkeit in Frage, können Unternehmen von dem Vergabeverfahren ausgeschlossen werden. Zu schweren Verfehlungen gehören insbesondere:

  • Aktive und passive Bestechung im öffentlichen und privaten Bereich (§ 299 StGB, §§ 331 ff. StGB)
  • Wettbewerbsbeschränkende Absprachen (§ 298 StGB) und Verstöße gegen das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
  • Betrug und Submissionsbetrug (§ 263 StGB)
  • Schwarzarbeit, Nichteinhaltung des Mindestlohns und sonstiger zwingender Arbeitsbedingungen

Das Fehlverhalten der im Unternehmen verantwortlichen Personen wird dem Unternehmen zugerechnet. Eine rechtskräftige Verurteilung ist für den Nachweis einer schweren Verfehlung nicht erforderlich. Konkrete und objektive Anhaltspunkte mit einigem Gewicht reichen aus.

Korruptionsregister auf Länderebene schon Realität

Was vielen Unternehmen nicht bewusst ist: Schon heute existieren in verschiedenen deutschen Bundesländern Korruptionsregister (z. B. in Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Berlin, Schleswig-Holstein). Öffentliche Auftraggeber sind danach ab bestimmten Schwellenwerten verpflichtet, sich vorab bei der Informationsstelle des Korruptionsregisters über mögliche Einträge zu informieren. Die jeweilige Vergabestelle muss unabhängig von der Eintragung im Korruptionsregister eine eigene Prognoseentscheidung über die Zuverlässigkeit des Unternehmens treffen. In der Praxis führt jedoch eine Eintragung im Korruptionsregister in der Regel auch zur Auftragssperre des Unternehmens, da Vergabestellen dann häufig die Zuverlässigkeit verneinen. So manches mittelständisches Unternehmen wurde durch eine Sperre an den Rand seiner Existenz geführt. Die Eintragungen werden nach dem jeweiligen Landesrecht erst mit Ablauf von zum Teil mehrjährigen Fristen wieder gelöscht. Unternehmen können jedoch unter Nachweis der wiederhergestellten Zuverlässigkeit beantragen, ihren nachteiligen Eintrag schon früher zu löschen.

Streichung von schwarzer Liste

Zur Wiedererlangung der Zuverlässigkeit können Unternehmen eine so genannte „Selbstreinigung“ durchführen. Hierfür müssen Unternehmen die effektive Umsetzung der folgenden Prozesse nachweisen:

  • Aufklärung des Fehlverhaltens,
  • Ergreifung personeller Maßnahmen (z.B. Entlassung oder Versetzung involvierter Personen),
  • Durchführung organisatorischer Maßnahmen zur Vermeidung künftiger Verstöße (Einführung eines Compliance-Systems) und
  • teilweise wird auch eine Schadenswiedergutmachung gefordert.

Mittels der durchzuführenden organisatorischen Maßnahmen hat das Unternehmen sicherzustellen, dass eine Wiederholung des Fehlverhaltens möglichst verhindert wird. Ein effektives Compliance-System, das von der Belegschaft tatsächlich gelebt wird, bietet hierfür die größte Sicherheit. Die Praxis zeigt, dass die Eintragung oder die drohende Eintragung in ein Korruptionsregister für Unternehmen eine enorme Motivation zur Implementierung effektiver Compliance-Strukturen darstellt. Unternehmen, die sich mit dem Thema Compliance noch nicht beschäftigt haben, ist dringend zu raten, durch ein geeignetes Compliance-System Vorsorge zu treffen, um sich vor einem blacklisting auf Landesebene – und künftig sogar auf Bundesebene – zu schützen. Der Einführung eines einheitlichen Bundeskorruptionsregisters ist dabei zu Gute zu halten, dass es den derzeit bestehenden Flickenteppich an unterschiedlichen Landesregelungen durch eine Vereinheitlichung des Rechts beseitigt und somit Rechtsklarheit schafft.

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