„Whistleblower“ weltweit
„Whistleblower" haben im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg das Durchbrechen der feindlichen Linie angekündigt. Heutigen Unternehmenslenkern geht es nicht anders. Mancher Skandal hätte keiner werden müssen, wenn Mitarbeiter ungehindert über kritische Zustände hätten berichten können. Hinweise stellen oft Verbesserungspotenzial dar. Werden Probleme weiter verschleppt, kann es später kriminell werden. „Doch wer denkt, der beste Informationsweg sei der über den jeweiligen Vorgesetzten, überschätzt häufig die Fähigkeiten der mittleren Führungsebenen", sagt Christian Schefold, Of Counsel im Berliner Büro der globalen Wirtschaftskanzlei Dentons.
In der Regel helfen Hinweisgebersysteme. „Sie unterliegen jedoch vielen rechtlichen Beschränkungen und auch kulturellen Vorbehalten“, so der Compliance-Experte. Gerade die Tochtergesellschaften und Beteiligungen im Ausland geraten oft aus dem Fokus der Unternehmensleitung. Das Hinweisgebersystem muss auch das Ausland abdecken – was sollte dabei aber beachtet werden? „In manchen Staaten der Erde – und nicht nur in den USA – ist es bereits zur Pflicht geworden, Hinweisgebersysteme für Mitarbeiter einzuführen,““ erläutert Schefold. „Gleichwohl bleiben in den meisten Ländern zum Teil erhebliche Vorbehalte bestehen, etwa im Hinblick auf Denunziantentum.“
In einer intern durchgeführten Untersuchung von Dentons, in welcher fast die Hälfte aller Staaten und alle bedeutenden Wirtschaftsstandorte zu diesem Thema beleuchtet wurden, wurde festgestellt, dass weniger als 5% der erfassten Staaten, darunter die USA, die Möglichkeit anonymer Meldungen verlangen. Anonymität kollidiert mit der vorsichtigen Haltung vieler anderer Staaten. Hier ist Anonymität entweder verboten oder unterliegt erheblichen Anforderungen (25%). Wichtig ist diese Frage bei einem Missbrauch einer Hotline, etwa wenn mit einer falschen Meldung einem Vorgesetzten geschadet werden soll. Fast 60% der Länder verlangen dann die Aufdeckung der Anonymität, der Rest lässt in diesen Fällen Anonymität unberührt.
„Die vertrauliche Handhabung von Hinweisen ist aber weltweit gestattet“, sagt Schefold. Jede der erfassten Jurisdiktionen räumt allen Beteiligten die Möglichkeit der Vertraulichkeit ein. 40% der Länder verlangen sogar einen vertraulichen Umgang mit innerbetrieblichen Hinweisen und in manchen Ländern (etwa 7%, u. a. UK) gilt diese Vertraulichkeit sogar gegenüber Ermittlungsbehörden. Hier haben diese nur einen eingeschränkten Zugang zu Hinweisen und Hinweisgebersystemen. In den allermeisten Ländern jedoch werden sich die Beamten sofort an die „Hotline“ wenden und Einsicht in Unterlagen verlangen.
Eine besondere Herausforderung ist die Einführung und Umsetzung eines Hinweisgebersystems vor Ort. Ein Drittel aller erfassten Staaten sieht vor, dass eine „Whistleblower-Hotline“ zumindest den Datenschutz- oder Arbeitsbehörden angezeigt wird. 10% verlangen immer eine Zustimmung des Betriebsrates, der zuständigen Gewerkschaften oder ähnlicher Mitarbeitervertretungen; ein Drittel aller Länder sieht eine derartige Zustimmung vor, wenn das Mitarbeitergremium schon einmal mit derartigen Themen befasst war. Zuletzt ist in fast allen Staaten eine ausführliche Information der Mitarbeiter über die „Hotline““ erforderlich. Hier hilft eine Unternehmensleit- oder -richtlinie, die nicht nur die Arbeit der Hotline, sondern auch den Umgang mit Meldungen regelt. Diese wird dann auch die Grundlage für Verhandlungen mit Mitarbeitergremien sein.
Zuletzt: Vorsicht beim Datentransfer ins Ausland! „Hier ist es wichtig, etwa bei der Providerwahl genau hinzuschauen, ob das Datenschutzniveau der beteiligten Staaten wechselseitig als ausreichend erachtet wird, damit persönliche Informationen exportiert werden dürfen. Dies kann die Wahl der Hinweisgebersysteme deutlich einschränken“, rät Schefold.
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