Auftakt der Aktionärstreffen

In den kommenden Wochen müssen sich die Aktiengesellschaften wieder ihren Aktionären stellen. Die Hauptversammlungssaison hat begonnen. Mit Siemens, Kabel Deutschland oder Thyssen Krupp haben die ersten Schwergewichte bereits vorgelegt, der Großteil zieht zwischen März und Juli nach. 2013 hat es keine umwälzenden Änderungen im Aktiengesetz und der Rechtsprechung zu Hauptversammlungen gegeben hat, sehr wohl aber eine Reihe von Entscheidungen, die zur Rechtssicherheit beitragen. Mit der Handhabung des Deutschen Corporate Governance Kodex, der Zusammensetzung des Aufsichtsrats und der Rolle von Stimmrechtsberatern, diskutiert Stephan Oppenhoff, Partner im Frankfurter Büro von Linklaters, drei Themen, die dieses Jahr auf jeder Agenda stehen dürften.

Abweichung von den Empfehlungen des DCGK

Auch in der aktuellen Hauptversammlungssaison wird die Einhaltung der Regelungen des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) im Rampenlicht stehen. Während 2010 Schwerpunkte bei der Einbeziehung von Frauen in Vorstand und Aufsichtsrat und in 2012 bei der Unabhängigkeit der Aufsichtsratsmitglieder gesetzt worden sind, betrafen die jüngsten Änderungen des DCGK in 2013 die Vorstandsvergütung – der Versuch eines Mittelwegs, das seinerzeit geplante Gesetz zur Verbesserung der Kontrolle der Vorstandsvergütung obsolet werden zu lassen. Das Gesetz scheiterte zwar im Bundesrat, aber auch nur, weil es den SPD-geführten Landesregierungen nicht weit genug ging. Der Koalitionsvertrag geht nun darüber hinaus: Über die Höhe der Vorstandvergütung soll künftig die Hauptversammlung entscheiden – mit allen Problemen für die Attraktivität des Standorts Deutschland. Es bleibt zu beobachten, ob die neue Regierung die Umsetzung unmittelbar angeht oder die entsprechenden europäischen Entwicklungen abpasst.

Es ist unklar, ob die DCGK-Kommission dieses Jahr Änderungen vorschlagen will oder sinnvollerweise die vom Gesetzgeber zu erwartenden Neuregelungen abwartet. Die Umsetzung des DCGK zeigt, wenig überraschend, dass die Befolgungsquote nach verschiedenen Börsenindices variiert – im DAX ist sie durchschnittlich am höchsten. Das hat seinen Grund nicht nur darin, dass manche Regelungen für kleinere Unternehmen nur mit höherem Aufwand umzusetzen sind. Sie machen auch zum Teil keinen Sinn: So sind bei einem Aufsichtsrat mit drei Mitgliedern Ausschüsse schlicht überflüssig. Innerhalb des DCGK werden die durch die comply or explain-Regel gesicherten Empfehlungen in weit höherem Maße umgesetzt als die Anregungen, bei denen eine Abweichung ohne entsprechende Erklärung möglich ist. Neben den angesprochenen situations- und übergangsbedingten Abweichungen sind Klassiker bei Abweichungserklärungen zum Beispiel der Selbstbehalt bei der D&O-Versicherung und die Festlegung einer Altersgrenze für Aufsichtsratsmitglieder. Bei den Neuregelungen des DCGK aus 2013 sind bei der Höchstgrenze der Vorstandsvergütung insbesondere auch vorsorglich erklärte Abweichungen zu erwarten, da etwa Fragen bezüglich Aktienoptionen und Nebenleistungen noch ungeklärt oder in Anstellungsverträgen nicht geregelt sind.

Zusammensetzung und Qualifizierung des AR

Im Zuge der stärker in das Bewusstsein getretenen Teilhabe des Aufsichtsrats an der unternehmerischen Verantwortung werden ebenfalls höhere Anforderungen an dessen Zusammensetzung, Qualifizierung und damit auch seine Unabhängigkeit gestellt. Der DCGK hat 2012 im Hinblick auf die mit Großaktionären verbundenen Aufsichtsratsmitglieder eine durchaus kritisch zu wertende Kehrtwende vollzogen: Diese Mitglieder sollen nicht mehr als unabhängig gelten. Da die entsprechende Regelung aber keine feste Mindestzahl unabhängiger Mitglieder vorsieht, sollte dies für die Praxis zu handhaben sein. Zurückhaltung ist indes bei der Übertragung dieses Verständnisses der Unabhängigkeit auf andere Regelungen geboten, wie etwa der zum unabhängigen Finanzexperten im Aufsichtsrat. Bei der in diesem Zusammenhang zu nennenden gelegentlich vorsichtshalber erklärten Abweichung von der Offenlegung von Interessenkonflikten im Bericht des Aufsichtsrat dürfte ein Urteil des Bundesgerichtshofs, in dem erstmals höchstrichterlich die notwendige Berichtstiefe adressiert wurde, Hilfestellung bei der Erklärung der Einhaltung der DCGK-Regelung leisten. Im Hinblick auf die Zusammensetzung des Aufsichtsrats bleibt die von der Koalition angestrebte verbindliche Frauenquote virulent.

Einfluss der professionellen Stimmrechtsberater

Weiter in den Blickpunkt gerückt ist der immer weiter zunehmende Einfluss professioneller Stimmrechtsberater auf die Stimmrechtsausübung durch institutionelle Anleger in Hauptversammlungen: Sie entwickeln ihre Empfehlungen anhand eigener Kriterienkataloge, die teilweise deutlich von einem anglo-amerikanischen Verständnis geprägt sind und deshalb Konfliktpotential bergen. Da zuletzt wieder sinkende Präsenzen zu beobachten sind, wird der Einfluss der Stimmrechtsberater wahrscheinlich weiter wachsen. Deshalb werden verschiedene Regulierungsvorschläge diskutiert: So wird die Trennung zwischen gleichzeitiger Stimmrechts- und Corporate-Governance-Beratung oder die Offenlegung der Analysestandards erwogen. Bisher haben sich jedoch weder auf europäischer noch auf nationaler Ebene gesetzgeberische Entwicklungen konkretisiert.

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