Bauen im Ausland – Fallen für deutsche Unternehmen

"Hochbau, Tiefbau, Straßenbau, Tunnelbau, Brücken- und Anlagenbau, Windkraft- und andere Energieanlagen: Deutsche Bauunternehmen beteiligen sich an vielen Bauvorhaben im Ausland; sei es als Einzelunternehmen oder im Rahmen eines Joint Ventures, eines Konsortiums, einer ARGE oder BIEGE-ARGE. Dabei werden im Ausland meistens die Musterbaubedingungen der FIDIC Red Book (Einheitspreisvertrag) bzw. Yellow oder Silver Book (Pauschalpreisverträge) verwendet. "

Inhaltlich und rechtlich sind die FIDIC-Vertragsmuster Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) – ähnlich der deutschen Verdingungsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B). „Das Problem ist, dass darin Haftungsfallen enthalten sind mit drastischen Auswirkungen, die bis zur Insolvenz des Unternehmens führen können“, erläutert Falk Würfele, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht bei GTW Rechtsanwälte und Honorarprofessor an der Universität Siegen. Viele Klauseln – z. B. der Anspruch auf Kostenanpassungen bei Materialpreisänderungen, Personalkostenänderungen oder Änderung der Transportkosten gelten nur, wenn auch ein entsprechender Anhang (Kostendatentabelle) im „Appendix to Tender“ angefügt wurde. „Wird dieser Anhang vergessen, so gibt es diesen Anspruch nicht“, so Würfele weiter. „Diesen Umstand musste ein mittelständisches Bauunternehmen im vergangenen Jahr schmerzvoll mit der Insolvenz bezahlen.“

Auch bei der Vergabe, dem Nachtrags- und Schadensersatzrecht sowie dem Vertragsschluss von Bauprojekten im Ausland gibt es gravierende Unterschiede zum deutschen Recht, die für deutsche Bauunternehmen überraschend sind. Grundkenntnisse des internationalen Baurechts, der FIDIC-Bauvertragsbedingungen und des angloamerikanischen Rechts sind daher zwingend für jedes Bauunternehmen, das im Ausland baut. Neben den Kenntnissen der FIDIC-Regelungen müssen Definitionen und Rechtsbehelfe festgelegt werden, um den Bauvertrag sicher zu machen. Diese Sicherheit muss im Verhältnis zum Auftraggeber, aber auch im Verhältnis zu den Subunternehmen erreicht werden.

Des weiteren müssen die Sicherungsrechte (Bürgschaften) international Bestand haben und vollstreckbar sein. Rechtswahlklauseln und Gerichtsstands- sowie Schiedsgerichtsklauseln müssen vereinbart werden. „Extrem wichtig sind auch die Finanzierungsverträge zwischen der EBRD oder Weltbank und dem Ausführungsstaat oder der Ausführungsorganisation“, so der Fachanwalt. „In diesen Verträgen können wichtige Zahlungsbedingungen geregelt sein, die auch unmittelbar Einfluss auf die Zahlungen an die Bauunternehmen haben.“ Würfeles Fazit fällt damit eindeutig aus: „Bauen im Ausland ohne Kenntnisse des internationalen Baurechts und der FIDIC-Mustervertragsbedingungen ist ein „No-Go“, das gegebenenfalls sogar zur Unternehmensinsolvenz führen kann.“

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