Private Equity – China auf dem Vormarsch

Seit 2006 zahlten chinesische Investoren für deutsche Unternehmen schätzungsweise 18,5 Mrd. US-Dollar, davon über 12 Mrd. Dollar allein in 2016. Beispielhaft für diese rasante Entwicklung waren im vergangenen Jahr die Übernahme des Roboterherstellers Kuka durch Midea, aber auch die gescheiterte Übernahme von Aixtron durch Fujian Grand Chip Investment (FGC). Spätestens seit diesen Transaktionen dürfte klargeworden sein, dass mit chinesischen Investoren ein neuer Typus des Finanzinvestors die Weltbühne betreten hat. Jan Schinköth, Partner bei Sidley Austin in München, gibt einen Überblick über die Hintergründe und Herausforderungen.

Während deutsche Unternehmen schon seit den frühen 1980er-Jahren in China investieren, sind chinesische Investitionen in Deutschland eine vergleichsweise junge Entwicklung. Die Bedeutung chinesischer Direktinvestitionen ist in den vergangenen Jahren jedoch stetig gewachsen, nicht zuletzt auch durch die zunehmende Verflechtung deutsch-chinesischer Wirtschaftsinteressen. Insbesondere deutsche Mittelständler sind in den Fokus chinesischer Investoren geraten. Sie sind vielfach Branchenführer und exportieren Spitzentechnologie „made in Germany“ in die ganze Welt. Für chinesische Industrie- und Mischunternehmen sind strategische Zukäufe eine sinnvolle Möglichkeit, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern und sich neue Märkte zu erschließen.

Während chinesische Investoren andernorts positiv empfangen werden, wachsen in Europa jedoch zunehmend Befürchtungen vor einem technologischen Ausverkauf. Noch 2014 hieß der damalige Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel chinesische Investoren in Deutschland ausdrücklich willkommen. Doch der Wind hat sich gedreht. Im Oktober 2016 etwa widerrief derselbe Minister die zuvor für die geplante Übernahme von Aixtron durch FGC erteilte Unbedenklichkeitsbescheinigung. Begründung: Man prüfe, ob deutsche Sicherheitsinteressen betroffen seien. Anfang 2017 warnten die Wirtschaftsminister Deutschlands, Frankreichs und Italiens in einem gemeinsamen Brief an die EU-Kommission vor einem möglichen Ausverkauf europäischer Expertise an nicht-EU Investoren. Auch wenn China darin nicht ausdrücklich genannt wird, ist die Botschaft eindeutig.

Von Going-Global zu Made in China 2025
Seit langem unterstützt China im Rahmen seiner Going-Global-Strategie aktiv chinesische Auslandsinvestitionen. Um die Transformation der Volksrepublik von der „Fabrik der Welt“ zum „Forschungslabor der Welt“ voranzutreiben, erhielten chinesische Unternehmen auch finanzielle Unterstützung für Forschung und Entwicklung oder den Zukauf von Spitzentechnologie im Ausland. Ferner senkte das Land zahlreiche bürokratische Hürden für Auslandsinvestitionen. Ergänzt wird Going-Global seit kurzem von der industriepolitischen Strategie „Made in China 2025“. Hierdurch soll die Restrukturierung der eigenen Wirtschaft vorangetrieben werden und die Volksrepublik bis zu ihrem 100. Geburtstag im Jahr 2049 zum Weltmarktführer in zehn Schlüsselindustrien (z. B. Roboter, Luft- und Raumfahrttechnologie, Umwelttechnologie, Biomedizin, medizinische Geräte im Premiumsegment) aufsteigen. Die chinesische Regierung nennt ausdrücklich M & A-Transaktionen im
Ausland als Mittel zur Umsetzung dieser Strategie. Hierfür stellt die Regierung Subventionen in Milliardenhöhe, vor allem für staatseigene Betriebe, zur Verfügung und legt Staatsfonds auf, die gezielt Unternehmen fördern sollen, deren Projekte in die neue Strategie fallen.

Dabei bedeutet auch „Made in China“ keineswegs eine Abkehr von der gelenkten Planwirtschaft. Ausländische Direktinvestitionen in China unterliegen weiterhin zahlreichen Restriktionen, die einen Wettbewerb auf Augenhöhe mit chinesischen Konkurrenten erschweren. Auch die kürzlich verschärften Vorschriften zum Datenschutz, durch die bestimmte Daten nur noch lokal gespeichert werden dürfen bzw. grenzüberschreitende Datentransfers Restriktionen unterliegen, schaffen international kein zusätzliches Vertrauen.

Ausblick
Ob „Made in China“ letztlich Erfolg haben und wie dies unser Bild von China verändern wird, ist schwierig zu prognostizieren. Wie jede Strategie wird sie sich den politischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten anpassen. Zuletzt hat China straffe Kontrollen für den Kapitalverkehr und Auslandsinvestitionen eingeführt. Zwar hat dies zu einem deutlichen Rückgang bei M & A-Transaktionen im 1. Halbjahr 2017 geführt. Grund hierfür dürfte allerdings eher die Verunsicherung der Beteiligten – vor allem auf Bankenseite – über die Reichweite der neuen Regelungen sein. Die immer noch beträchtlichen Devisenreserven des Landes und die innergesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Zwänge sprechen eher für eine Fortsetzung der chinesischen Einkaufstour in Europa. Neben Industrieunternehmen steigen dabei auch chinesische Finanzinvestoren wie Fosun International zu Global Playern auf und konkurrieren zunehmend mit amerikanischen und europäischen Private-Equity-Firmen. Ganz gleich, welche Motive die Beteiligten verfolgen, ein stabiles wirtschaftliches, rechtliches und politisches Umfeld ist essenziell, um die notwendige Transaktionssicherheit zu schaffen. Behördenentscheidungen wie im Falle Aixtron sorgen bei den Beteiligten dagegen zusätzlich für Verunsicherung. Eine Abschottung der Märkte oder politische Einflussnahme auf private Transak-
tionen führen jedenfalls in die falsche Richtung.

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