Panama Papers lösen BEPS ab
Mitte April hatten sich die 20 führenden Volkswirtschaften (G20) und die OECD getroffen, um über die Folgen der Panama Papers zu beraten. Innerhalb der G20 verfestigt sich das Bewusstsein, dass Steuerflucht und Geldwäsche keine Kavaliersdelikte sind, beobachtet Heino Büsching, Rechtsanwalt, Steuerberater und Partner bei CMS Hasche Sigle in Hamburg. Steuerrechtlich betrachtet ist aus deutscher Sicht längst geklärt: Die Verwendung von Briefkastenfirmen ist nicht per se illegal.
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Zahlungen an die Briefkastengesellschaft gelten als Zahlungen an den wirtschaftlichen Inhaber und müssen durch diesen versteuert werden. Der Auftrag an die OECD und die internationale Anti-Geldwäsche Arbeitsgruppe seitens der G20 gehen in die gleiche Richtung; Vorschläge für einen Austausch der Daten über die wirtschaftlich Berechtigten von Briefkastenfirmen zu erarbeiten und Steuerhinterziehung zu vermeiden und gegebenenfalls zu bekämpfen.
Der Auftrag an die OECD erfolgt zu einer Zeit, in der die OECD ihr Kernprojekt der letzten Jahre, Base Erosion and Profit Shifting (BEPS), gerade abgeschlossen hat. Dabei geht es weniger um Verschleierung als vielmehr um die Ausnutzung der unterschiedlichen Steuerrechtssysteme der Staaten. Denn Industriestaaten wollen auch legale Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung nicht mehr hinnehmen. Vor diesem Hintergrund hatten die G20-Staaten 2012 das BEPS-Projekt ins Leben gerufen. Mit Vorlage der Abschlussberichte hat das Projekt im Herbst 2015 seinen (Zwischen-)Abschluss gefunden. Die 15 Maßnahmen müssen nun von den beteiligten Staaten in ihr jeweiliges nationales Recht und auch in internationale Abkommen umgesetzt werden.
Auch auf der Ebene der EU bemüht man sich, das Thema der Gewinnverlagerung in den Griff zu bekommen, so Büsching. Im Januar 2016 hat die Europäische Kommission einen Entwurf für eine Richtlinie vorgelegt, mit der ein Mindeststandard innerhalb der EU durchgesetzt werden soll. Ein Kernpunkt der von der OECD vorgeschlagenen Maßnahmen betrifft den Bereich der Verrechnungspreise. Ziel ist es, dass Erträge dort versteuert werden, wo die Wertschöpfung tatsächlich stattfindet. Betroffen sind vor allem multinational agierende Unternehmen, und hier besonders immaterielle Werte und vertragliche Risikoaufteilungen (Aktionspunkt 8 und 9). Mit den Maßnahmen 8-10 und 13 will die OECD zum einen die Verrechnungspreisleitlinien aktualisieren. Zum anderen schlägt die OECD ein Country-by-Country-Reporting vor. Danach sollen multinationale Unternehmen, die einen Umsatz von mehr als 750 Mio. Euro haben, zukünftig den Steuerverwaltungen umfassende Informationen über ihre weltweite Geschäftstätigkeit und Verrechnungspreispolitik (Master File) vorlegen und in jedem Staat eine länderspezifische Dokumentation (Local File) erstellen.
Zu BEPS-Aktionspunkt 2 (Hybrid Mismatch Arrangement) gab es in Deutschland bereits eine Gesetzgebungsinitiative. Die OECD will sicherstellen, dass dem Abzug als Betriebsausgabe in einem Staat eine korrespondierende Besteuerung im anderen Staat über so genannte Linking-Rules gegenübersteht. Auch die EU hat einen entsprechenden Vorschlag unterbreitet. Da jeder Staat autonom über die Qualifikation von Finanzierungsinstrumenten und Rechtsgebilden entscheidet, wird der praktischen Umsetzbarkeit besondere Bedeutung zukommen. BEPS-Aktionspunkt 7 wird auch für deutsche Unternehmen praktische Relevanz haben. Die OECD will einer künstlichen Aufsplitterung von Geschäftstätigkeiten begegnen und daher die Definition einer Betriebsstätte, die Anknüpfungspunkt für eine Besteuerung ist, erweitern.
Andere Vorschläge hingegen werden deutschen Unternehmen bekannt vorkommen. So etwa die BEPS-Aktionspunkte 3 (Hinzurechnungsbesteuerung) und 4 (Zinsabzug). Bemerkenswert ist, dass die deutschen Regelungen zur Zinsschranke im BEPS-Report als Best Practice-Beispiel genannt werden. Hier haben andere Staaten noch sehr viel nachzuholen. Die Beschlüsse der G20 und das BEPS-Projekt sind Meilensteine in der internationalen Steuerpolitik. Eine abschließende und umfassende Bewertung der Ziele und Maßnahmen ist angesichts der noch ausstehenden Umsetzung verfrüht.
Für den Erfolg des BEPS-Projektes und auch für die angestrebte Verbesserung der Planungssicherheit wird entscheidend sein, ob bzw. dass möglichst viele der beteiligten Staaten die präsentierten Ergebnisse verbindlich umsetzen. Sollte keine einheitliche Umsetzung erfolgen, droht den Unternehmen nicht nur zusätzlicher Compliance Aufwand, sondern auch eine Doppelbesteuerung. Das Ziel der Bekämpfung von Gewinnverlagerung wäre dann verfehlt, weil Wettbewerbsnachteile für betroffene Unternehmen die Folge wären. In Deutschland sollten die Umsetzungsmaßnahmen – angesichts der Regelungsdichte im Steuerrecht – intensiv abgewogen werden. Dabei sind auch die Interessen Deutschlands als exportorientiertes Land und der deutschen Wirtschaft zu berücksichtigen.
Das Projekt zu den Panama Papers hat einen anderen Hintergrund: Es zielt direkt gegen Straftaten und sollte daher nicht dazu führen, dass die Bekämpfung der Steuerflucht und von Steuerstraftaten mit der Bekämpfung legaler Gewinnverlagerung gleichgesetzt wird. Unter steuerpolitischem Blickwinkel ist es wichtig zu unterscheiden, dass Steuergestaltung nicht mit Steuerflucht oder gar Steuerbetrug gleichgesetzt wird.
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