Drei Fragen an ...

Wohin steuert der Transaktionsmarkt, Herr Bauer?

Jan Bauer
Jan Bauer © Skadden Arps Slate Meagher & Flom

Schon vor dem russischen Überfall auf die Ukraine war der Wurm drin im internationalen Transaktionsmarkt. Leitzinserhöhungen, wie sie die Inflationsentwicklung gegen Ende 2021 unvermeidbar machte, sind seit jeher Gift für M&A-Deals. Seitdem kamen Unsicherheiten auf allen Ebenen dazu, von der Kaufpreisfindung bis zur Preisvergabe.

Herr Bauer, die M&A-Flaute hält an, die Transaktionen sind seltener und meist auch deutlich kleiner als in den Jahren bis 2021. Woran hängt es momentan und was müsste passieren, damit sich der Knoten löst?

Es kommen im Moment leider mehrere Umstände zusammen, die das gesamtwirtschaftliche Umfeld belasten und Transaktionen erschweren. Hierzu zählt zunächst die geänderte Zinspolitik sowie die deutlich gestiegenen Teuerungsraten. Dass zahlreiche große Volkswirtschaften deutlich schwächer wachsen, wenn sie nicht schon an der Grenze zur Rezession stehen, lastet weiter auf dem Markt. Erschwerend kommt hinzu, dass diese Entwicklungen weniger die Folge eines normalen Konjunkturzyklus sind, sondern stark durch die Covid-Pandemie und den Ukraine-Krieg beeinflusst sind und durch große geopolitische Veränderungen überlagert werden, deren mittelfristige Auswirkungen noch weitgehend unklar sind. Die dadurch bestehende erhöhte Unsicherheit bei allen Marktteilnehmern, insbesondere auch den finanzierenden Banken, bremst das M&A-Geschehen zusätzlich stark aus.

Es gibt aus unserer Sicht aber auch keinen Grund, schwarz zu sehen. Diesen transaktionsbremsenden Faktoren stehen auch weiterhin Umstände gegenüber, die Transaktionen begünstigen: Wir sind Zeuge einer sowohl von der Geschwindigkeit als auch vom Umfang her nie dagewesenen technologischen Transformation in unterschiedlichsten Sektoren. Hervorzuheben sind die Bereiche IT, Pharma und Biotech, Energie und Mobilität. Unabhängig von den aktuellen Umständen und Unsicherheiten sind viele Unternehmen gezwungen zu handeln und sich zu transformieren, auch indem sie sich von bestimmten Geschäftsbereichen trennen und in neue investieren. Gleichzeitig verfügen Finanzinvestoren und auch zahlreiche Unternehmen nach wie vor über sehr große Mengen an „investitionshungrigem“ Kapital.

Ich glaube daher, dass es gar nicht viel braucht, um den Trend wieder umzukehren. Am wichtigsten wäre dafür die Stabilisierung der gesamtwirtschaftlichen Faktoren in einem Maß, die den Marktteilnehmern ein Grundvertrauen gibt, dass sich die Dinge fortan in eine bestimmte Richtung entwickeln. Es wird dann vielleicht einige Monate dauern, bis sich die Unternehmensbewertungen anhand dieser angepassten Rahmenbedingungen neu ausgerichtet haben. Dann aber sollte auch größeren M&A-Transaktionen eigentlich nichts mehr im Wege stehen!

Welche Art(en) von Deals funktionieren trotz des schwierigen Umfelds?

Private Equity-Akteure sind weiterhin vor allem bei kleinen und mittelgroßen Transaktionen weiterhin sehr aktiv. Das hängt damit zusammen, dass bei diesen Transaktionen die Komplexität und das Maß der Unsicherheit geringer ist als bei großen Transaktionen. Sie sind aus diesem Grund auch noch relativ gut zu finanzieren. Und: Krisen sind immer auch eine Chance für Investoren, Unternehmen mit langfristig erfolgsversprechendem Geschäftsmodell zu einem relativ günstigen Preis zu erwerben. Wir sehen daher, dass gut positionierte strategische Investoren mit einer starken Bilanz die Unsicherheit nutzen wollen, um für sie langfristig strategisch wichtige Transaktionen in einem weniger wettbewerbsintensiven Umfeld umzusetzen. Für solche Transaktionen stehen dann auch große Bankfinanzierungen zur Verfügung.

Betrachtet man die Aktivität nach Branchen ist wahrscheinlich der Infrastruktursektor im Moment einer der aktivsten. Daneben ist aufgrund des technologischen Wandels vor allen in den Bereichen Technologie, Digitalisierung und Gesundheit weiterhin einiges los. Schließlich sehen wir, dass bei vielen großen Konzernen auch eine an ESG-Kriterien orientierte Portfoliobereinigung ein Katalysator für Transaktionen ist. Diese Transaktionen werden die Konzerne nicht ewig aufschieben können. Sie werden daher gegenwärtig zumindest vorbereitet und an den Markt kommen, sobald sich die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen stabilisiert haben.

Wie hat sich die Finanzierung der unterschiedlichen Transaktionsformen verändert und wie wird es aus Ihrer Sicht in den kommenden Monaten damit weitergehen?

Die Kosten von Akquisitionsfinanzierungen haben sich in den vergangenen zwei Jahren deutlich erhöht. Gleichzeitig hat sich der erzielbare „Leverage“, also die Möglichkeit, das eingesetzte Eigenkapital durch Kredite zu hebeln, reduziert. Da beide Faktoren Einfluss auf die interne Renditerechnung haben, folgt daraus weiterer Anpassungsdruck auf die erzielbaren Preise in Transaktionen.

Gleichzeitig kommt dem „Cash Flow“-Profil der zu erwerbenden Unternehmen eine größere Bedeutung zu. Ist dieses eher schwach ausgeprägt oder sogar negativ – was speziell im Bereich der sog. Growth-Unternehmen häufig der Fall ist –, ist die Finanzierung einer Transaktion durch klassische Bankkredite oftmals nur schwer oder gar nicht (mehr) möglich.

Dort wo Banken nicht bereit sind, eine Finanzierung zu stellen, sehen wir verstärkt Debt Fonds. Das ist insoweit spannend, als Debt Fonds auch hybride Finanzierungen bzw. eigenkapitalartige Instrumente zur Verfügung stellen. Dadurch lassen sich Finanzierungslücken in vielen Fällen gut schließen. Auch wenn Debt Fonds schon lange aktiv sind, hat das Niedrigzinsumfeld und die Verfügbarkeit von „Covenant Light“-Finanzierungen es ihnen in vielen Fällen schwer gemacht, ihre Stärken auszuspielen. Es bleibt daher zu hoffen, dass das aktuelle Umfeld hilft, diesen Zustand etwas aufzubrechen. Daneben gibt es auch wieder verstärkt Diskussionen über Finanzierungshilfen durch den Verkäufer in Form von „Vendor Loans“ oder einer möglichen Rückbeteiligung für eine bestimmte Zeit, letztere auch, um Bewertungslücken zu schließen.

 

Über den Interviewpartner:
Jan Bauer ist auf internationale M&A-Transaktionen für Finanzinvestoren und Strategen gleichermaßen spezialisiert. Bei der US-Kanzlei Skadden Arps Slate Meagher & Flom, zu der er 2018 von Gleiss Lutz wechselte, ist er seit 2022 Managing Partner der deutschen Büros in Frankfurt und München.

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