Währungen

Euro – Gefahr im Verzug

Euro – Gefahr im Verzug
Euro – Gefahr im Verzug © CC0

Das Zitat des FDP-Urgesteins Wolfgang Gerhardt zum Euro, das wir für die heutige Ausgabe ausgewählt haben (s. ganz unten), stammt aus den Anfängen des Gemeinschaftsgeldes, das damals in Europa und vor allem in Deutschland noch viel Gegenwind erfuhr.

Gerhardt wollte mit seinem Impuls Hoffnung auf einen starken Euro vermitteln. Der Euro als weltweiter Markenbotschafter für Europa. Seit seiner Einführung 1999 zunächst als Buchgeld und ab 2002 auch in Form von Bargeld hat der Euro, der als Zahlungsmittel in mittlerweile 20 Ländern, von Belgien über Kroatien bis Zypern, anerkannt wird, Europa mindestens ebenso stark wirtschaftlich geprägt und zusammenrücken lassen, wie zuvor schon die EU. Bis in die Gegenwart schlägt sich der Euro, wie die „FAZ“ jüngst feststellte, trotz Inflation und Krieg in Europa „tapfer“. Aber wird es so bleiben?

Zuletzt gab es beim Tag der Industrie des BDI in Berlin Zweifel. Europa müsse mit Blick auf China und andere neue Kraftzentren in der Welt endlich einen wichtigen weiteren Schritt zu mehr Einheitlichkeit hinbekommen. Christian Sewing mahnte einmal mehr die immer noch ausstehende Banken- und Kapitalmarktunion an. Europa und am Ende auch der Euro würden sonst schwächeln. Noch ist es nicht so weit. International bleibt der Euro mit einem Marktanteil, der stabil bei 20% liegt, die klare Nummer zwei hinter dem Dollar (60%), aber mit großem Vorsprung vor Yen (5%), dem britischen Pfund (4%) und Chinas Renminbi (2%).

Damit ist die chinesische Währung noch weit entfernt von einem Bedeutungsniveau, das dem Anspruch der Pekinger Machthaber entspricht. Sowohl bei den Währungsreserven, den internationalen Anleihen, als auch bei Krediten spielt China so gut wie keine Rolle. Dagegen hat sich der Euro in Krisenzeiten bereits, ähnlich dem Dollar, als sicherer Hafen erwiesen, als nämlich die Nachfrage nach Euro-Bargeld zu Beginn des Ukrainekriegs steil nach oben geschnellt war. Aber seine Bedeutung ist nicht in Stein gemeißelt. Was Europa blüht, wenn es sich als Kapitalmarkt nicht zusammenrauft und sein ganzes Potenzial wirtschaftlich und politisch besser ausspielt, lässt sich am britischen Pfund beobachten.

Mit dem Zerfall des Empires hat Großbritannien wirtschaftlich an Bedeutung massiv verloren. Ohne London wäre das Pfund wohl gänzlich marginalisiert worden. Wer sich wie Sewing Sorgen um den Euro macht, denkt vor allem an die großen Investitionen für die Energietransformation, die von einer Bankenunion mit einheitlichem europäischen Kapitalmarkt sicher schneller und nachhaltiger zu stemmen wären. Erst ein solcher Schulterschluss würde die Zukunft des Euro auf Dauer absichern. afs

DER PLATOW Brief 4 Wochen gratis lesen

{{ name }} Chart
{{ name }} Aktie auf wallstreet:online

ARTIKEL DIESER AUSGABE

Halbleiter | 23. Juni 2023

Infineon lässt Halbleiter-Krieg kalt

Das Säbelrasseln zwischen den USA und China ist in vollem Gange. Seit Inkrafttreten des US-Chips Act ist es US-Subventionsempfängern verboten, ihre Halbleiter-Produktion in China aus-... mehr