Auszug aus dem PLATOW Special Renditechancen 2021

Beschleunigte Dynamik – Biotech-Branche im Umbruch

In unserem Rundblick werden ausgwewählte Biotechs genauer unter die Lupe genommen.
In unserem Rundblick werden ausgwewählte Biotechs genauer unter die Lupe genommen. © CC0

Auszug aus dem PLATOW Special Renditechancen 2021

Auf dem Weg zu wirksamen Impfstoffen gegen COVID-19 ist die Biotechnologie-Branche verstärkt in den Fokus der internationalen Investoren gerückt. Dank der vermehrten technologischen Fortschritte und wachsenden Kapitalströme wird sich die Dynamik in diesem Sektor weiter beschleunigen.

Die Corona-Pandemie fordert Gesundheitssystemen, Gesellschaften und Volkswirtschaften weltweit weiterhin eine Menge ab. Arzneimittelhersteller reagierten in Anbetracht des immensen Drucks und mit Blick auf das beachtliche Aufwärtspotenzial rasch. Sie identifizierten Technologien und Wirkstoffe, die prophylaktisch oder therapeutisch gegen das Virus eingesetzt werden können. Durch beispiellose Anstrengungen und die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftlern, Arzneimittelentwicklern und Zulassungsbehörden wurden 2020 mehrere prophylaktische Impfstoffe mit hohem Wirksamkeits- und Sicherheitsprofil entwickelt. Erste Vakzine gegen das Virus sind bereits zugelassen, angeführt von mRNA-Vakzinen. Nun gilt der Fokus den Herstellungskapazitäten und logistischen Herausforderungen, um eine breite Einführung der Impfstoffe zu ermöglichen und damit die Immunität der Bevölkerung gegenüber dem Virus zu stärken.

Auch abseits der Impfstoffentwicklung haben die US-amerikanische FDA und andere Zulassungsbehörden während der Pandemie weltweit ihre Arbeit sehr effizient fortgesetzt. So wurden im vergangenen Jahr allein in den USA mehr als 50 neue Medikamente zugelassen. Wir erwarten für 2021 wiederum eine beachtliche Anzahl weiterer Zulassungen. Für die Zulassungsbehörden und Medikamentenentwickler war die Lernkurve während der Pandemie steil – und wir hoffen, dass sie zukünftig aus einigen dieser Lehren Nutzen ziehen können.

Wichtige Meilensteine begünstigen die Branchendynamik

Das Hauptaugenmerk der Biotechanleger im Jahr 2021 und auch darüber hinaus dürfte den Fortschritten bei den neuesten Behandlungsmodalitäten gelten. Auf die wichtigen und vielversprechenden Nachrichten im Jahr 2020 sollten weitere Erfolgsmeldungen folgen, die den Nutzen von Technologien wie der Geneditierung, der Gentherapien der nächsten Generation und der Zelltherapietechnologien untermauern. Eine ähnliche Entwicklung, die jedoch deutlich weiter fortgeschritten ist als die Geneditierungstechnologie, lässt sich bei RNA-basierten Behandlungsmethoden beobachten. Erste Wirkstoffe wurden bereits vor Jahren zugelassen. Verbesserte chemische Formulierungen der nächsten Generation und erweiterte Verabreichungsoptionen lassen nach den Erfolgen bei rekombinanten Proteinen und Antikörpertherapien in den vergangenen zwei Jahrzehnten weitere Ausbauschritte zu.

Zur Beschleunigung des Innovationszyklus tragen insbesondere das tiefere Verständnis der genotypischen und phänotypischen Unterschiede zwischen normalen und erkrankten Zellen, deutlich verbesserte computerbasierte Ansätze beim Wirkstoffscreening sowie die Identifikation und Auswahl intelligenterer und adaptiver klinischer Versuchsprogramme bei. Beste Beispiele hierfür sind einige Wirkstoffe gegen genetisch bedingte seltene Krankheiten und zielgerichtete Krebsmedikamente. Ihre Entwicklung vom Labor bis zum Patienten erfolgte in Rekordzeit und dauerte häufig nur zwei bis drei Jahre.

Bestehendes Preisgefüge bleibt erhalten

Die Beschleunigung des Entwicklungszyklus ist für Investoren attraktiv, da kleinere Unternehmen hierdurch in der Lage sind, Kapital effizient aufzunehmen und einzusetzen und in vielen Fällen die Entwicklung und Kommerzialisierung von „First-in-Class“- oder „Best-in-Class“-Therapien in Eigenregie anstreben. Dies generiert Anlegern eine höhere Kapitalrendite, was wiederum Kapital anzieht, das in die nächste Generation von Unternehmen investiert werden kann.

Ein gut organisiertes Gesundheitsökosystem macht Innovationen für bedürftige Patienten erschwinglich. Dabei bedarf es eines passenden Versicherungsmodells, um Patienten den Zugang zu modernsten und zumeist kostspieligeren Behandlungsoptionen zu ermöglichen. Wir gehen davon aus, dass das bestehende Preisgefüge aufrechterhalten werden kann. Es basiert im Wesentlichen darauf, dass Arzneimittel gegen seltene Krankheiten und zielgerichtete Onkologie-Medikamente weiterhin zu hohen Preisen auf den Markt gebracht werden, während in grossen Mengen hergestellte Medikamente günstiger angeboten werden.

Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf die globale Pandemie, die Nachfrage und Produktion prophylaktischer Impfstoffe auf historische Höchststände treibt, stimmen wir mit der Industrie überein, dass die Preisspanne für COVID-19-Medikamente, die vom einstelligen bis in den hohen 30er-USD-Bereich reicht, enormes Wertpotenzial für Unternehmen bereithält.

Biotech wird zum neuen Standard

Die starke Dynamik in der Biotechbranche wird anhalten und sich dank der vermehrten technologischen Fortschritte und wachsender Kapitalströme von Risikokapitalgebern bis hin zu öffentlichen Investoren zur Unterstützung von Innovationen sogar beschleunigen. So ist auch in diesem Jahr mit einer steigenden Zahl klinischer Entwicklungsprojekte zu rechnen, die eine zunehmende Anzahl an Produktzulassungen nach sich zieht.

Ihre Zahl ist kontinuierlich gestiegen: Waren es in den frühen 2000ern noch 20-30 Zulassungen pro Jahr, stieg ihre Zahl im vergangenen Jahrzehnt auf 30-40 und erreichte in den vergangenen Jahren rund 50. Ungeachtet der Auswirkungen der Pandemie auf die Branche und Zulassungsbehörden wurden im Jahre 2020 insgesamt 53 Zulassungen erteilt, Notfallzulassungen wie beispielsweise für SARS-CoV-2-Impfstoffe ausgenommen.

Wir erwarten große Fortschritte bei vielen Projekten in der klinischen Entwicklung wie etwa bei der Behandlung von Onkogenen und onkogenen Mutationen. Überdies steht bei zahlreichen immunonkologischen Programmen die baldige Veröffentlichung wichtiger Daten an, die sich zukünftig positiv auf die Stimmung in der Branche und das Anlageverhalten von Investoren auswirken dürften. Beachtliche Fortschritte werden weiterhin bei Erkrankungen des zentralen Nervensystems erzielt, etwa bei zahlreichen genetisch bedingten Erkrankungen wie der Huntington-Krankheit.

Mit einer geschätzten jährlichen Wachstumsrate im zweistelligen Bereich gehört der Biotechsektor zu den interessantesten Industrien überhaupt. Zwischen 2020 und 2024 dürfte der globale Branchenumsatz von 190 Mrd. auf 289 Mrd. Dollar steigen. Inzwischen stammt jedes zweite Medikament aus Biotechlaboren und viele Branchenvertreter zeichnen sich durch eine starke Umsatz- und Gewinndynamik aus. Dies unterstreicht, dass die Industrie ihren Kinderschuhen entwachsen ist und einen gewissen Reifegrad erreicht hat. Zudem erlauben die Übernahmeaktivitäten im Sektor mittel- und längerfristig erhebliches Bewertungspotenzial.

 

Autor:

Daniel Koller

Head Investment Team
BB Biotech

 

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