Gastbeitrag

Mediation statt teurem Rechtsstreit

Annette Lionnet und Nicole Bohn
Annette Lionnet und Nicole Bohn © KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft

_ Störungen durch mangelhafte oder verzögerte Lieferungen, Produktionsstopp oder Verzögerungen in der Logistik können sich weltweit auswirken und Konflikte zwischen Unternehmen stiften, die langjährige Geschäftsbeziehungen pflegen. Die Corona-Krise hat gezeigt, dass viele Unternehmen solche Störungen vertraglich nicht oder nur unzureichend geregelt haben. Die Folgen können von Aufwendungs- und Schadensersatzforderungen über Vertragsstrafen bis zur Vertragskündigung reichen. Die Geschäftsbeziehungen und das gegenseitige Vertrauen leiden, beiden Parteien entstehen Kosten – ein Lose-Lose-Szenario.

Wegen des hohen Schadenspotenzials bietet sich im Fall einer Störung der Lieferkette ein konsensuales Verfahren an, das effizient und kostengünstig eine Lösung findet und dabei hilft, bestehende Vertragsbeziehungen vertrauensvoll und zum Wohle aller Beteiligten fortzusetzen. Dies lässt sich durch interessenbasierte Verhandlungen oder Mediation erreichen.

Interessenbasierte Verhandlungen zielen darauf ab, die Interessen aller Beteiligten mit einzubeziehen sowie Möglichkeiten aufzuzeigen, wie die Parteien den Konflikt lösen können, ohne dass ein Beteiligter als „Verlierer“ aus dem Streit herausgeht. Doch nicht immer gelingt das, manchmal enden die Verhandlungen ohne ein Ergebnis, mit dem alle Parteien leben können. In diesen Fällen kann eine Mediation einen sinnvollen Schritt darstellen, um ein langes und kostenintensives Gerichts- oder Schiedsverfahren zu vermeiden.

Mediation bietet den Beteiligten die Möglichkeit, konfliktbelastete Situationen rechtlich und wirtschaftlich zu analysieren und gemeinsam eine interessengerechte, kostengüns-tige und zeitsparende Einigung herbeizuführen. Gemeinsam mit dem Mediator arbeiten die Parteien unterschiedliche Ansichten, Werte und Hintergründe des Konflikts heraus. Nicht selten zeigt sich ein größeres Einigungspotenzial als erwartet, und das nach kurzer Zeit – oft genügen wenige Stunden oder ein Tag intensiver Befassung mit den Interessen der Parteien gemeinsam mit dem Mediator oder den Mediatoren. Der Zeitersparnis entsprechen die typischerweise niedrigen Kosten im Vergleich zu streitigen Verfahren, da Anwalts- und Gerichtskosten entfallen und interne Ressourcen geschont werden. Die Mediation verursacht insoweit nur geringe direkte und indirekte Konfliktkosten.

Hilfe vom unabhängigen Dritten

Als unabhängiger Dritter bringt der Mediator eine strukturierte Verfahrensführung ein und vermittelt die Lösungsfindung. Er leitet das Gespräch zwischen den Beteiligten, die Lösung erarbeiten sie aber selbst. Die Entscheidungsgewalt über das Verfahren verbleibt zu jeder Zeit bei den Beteiligten. Verfahren und Ergebnis sind konsensual ausgerichtet. Dazu gehört auch, dass die Parteien sich freiwillig und eigenverantwortlich am Verfahren beteiligen – entscheidet sich einer der Beteiligten, das Verfahren zu verlassen, so endet es automatisch.

Neben der Freiwilligkeit sind Vertraulichkeit, Ergebnisoffenheit sowie eine strukturierte Diskussion und Konfliktlösung die Eckpfeiler der Mediation. Voraussetzung ist, dass die Beteiligten grundsätzlich einigungsbereit und an einer Fortführung ihrer Geschäftsbeziehung interessiert sind. Sollten Parteien in einem Konfliktfall eine Mediation anstreben, obwohl diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind, so wird der Mediator meist schon in den ersten Gesprächen feststellen, welche Hürden dem Verfahren im Weg stehen.

Basis für weitere Zusammenarbeit

Ist die Mediation erfolgreich, so endet sie durch eine Abschlussvereinbarung, in der die Beteiligten die gefundene Lösung festhalten. Hier bietet sich auch die Chance, Vertragsbeziehungen dem veränderten Wirtschaftskontext anzupassen und zukunftssicher aufzustellen. Die Parteien beeinträchtigen die eigene Rechtsposition übrigens nicht, wenn sie einen Mediator einschalten. Zu Beginn des Verfahrens schließen die Beteiligten einen Mediationsvertrag. Darin wird u. a. geregelt, dass keiner der Beteiligten während des Verfahrens Klage einreichen darf. Bereits eingeleitete Gerichtsverfahren werden ruhend gestellt. Auch die Verjährung ist während der Mediation gehemmt.

Gerade bei komplexen Lieferketten mit einer Vielzahl an Beteiligten und konträren Interessen ist die Mediation ein geeignetes Mittel, um eine Lösung zu finden, die dazu führt, dass künftig die Vertragsbeziehungen in allen Stufen der Lieferkette weiter funktionieren können und langjährig erprobte Geschäftsbeziehungen erhalten, ausgebaut und gemäß neuen Anforderungen konsensual gestaltet werden.

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