UK Bribery Act – Erste Verurteilung eines Unternehmens

Im Februar 2016 wurde in Großbritannien erstmals ein Unternehmen wegen des Vorwurfs unterlassener Verhinderung von Bestechung verurteilt. Dabei handelt es sich um einen im Jahr 2011 mit dem UK Bribery Act neu eingeführten Unternehmensstraftatbestand. Danach können sich Unternehmen bereits strafbar machen, wenn sie bei Korruptionsfällen keine angemessenen Prozesse zu deren Verhinderung nachweisen können. Eine solche Strafverfolgung droht auch deutschen Unternehmen, die in Großbritannien tätig sind, wie Partner Heiner Hugger und Senior Associate David Pasewaldt von Clifford Chance in Frankfurt im Folgenden näher erläutern.

Seit Juli 2011 gilt in Großbritannien der UK Bribery Act. Neben Korruptionsstraftatbeständen für Einzelpersonen enthält dieses Gesetz in § 7 auch einen Unternehmensstraftatbestand der unterlassenen Verhinderung von Bestechung (failure of commercial organisations to prevent bribery). Unternehmen können sich danach strafbar machen, wenn eine ihnen nahestehende Person (associated person) eine andere Person im privaten oder öffentlichen Sektor besticht und dabei im Unternehmensinteresse handelt. Allerdings scheidet eine Strafbarkeit des Unternehmens aus, wenn es beweisen kann, dass es angemessene Prozesse (adequate procedures) eingeführt hat, um Korruption zu verhindern.

Am 16. Februar 2016 wurde die Sweett Group als erstes Unternehmen nach § 7 UK Bribery Act verurteilt. Der britische Baukonzern hatte sich zuvor nach umfangreichen Ermittlungen des unter anderem für die Verfolgung von Korruption zuständigen Serious Fraud Office (SFO) schuldig bekannt, Korruptionszahlungen eines Tochterunternehmens in Höhe von insgesamt 680 000 GBP zur Sicherung eines Vertragsabschlusses im Zusammenhang mit dem Bau eines Luxushotels in Abu Dhabi in den Jahren 2012 bis 2015 nicht verhindert zu haben. Nach dem Urteil muss Sweett eine Geldstrafe von 1,4 Mio. GPB, einen weiteren Betrag von 850 000 GBP, der der wirtschaftliche Vorteil aus dem durch Korruption erlangten Vertrag sein soll, und Verfahrenskosten von etwa 100 000 GBP zahlen. In parallel laufenden Strafverfahren gegen beschuldigte Einzelpersonen hat das SFO eine Anklage bis Mai 2016 angekündigt.

Sweett konnte anscheinend den zur Vermeidung einer Strafe erforderlichen Nachweis nicht erbringen, angemessene Prozesse zur Verhinderung von Korruption eingeführt zu haben. Das britische Justizministerium hat Leitlinien mit sechs Prinzipien zu diesen angemessenen Prozessen veröffentlicht. Danach müssen die Prozesse zur Verhinderung von Korruption der Größe und den spezifischen Risiken des Unternehmens entsprechen (proportionate procedures), muss sich die oberste Führungsebene für die Korruptionsprävention einsetzen (top-level committment), muss jedes Unternehmen sein spezifisches Korruptionsrisiko analysiert haben (risk assessment), muss angemessen geprüft werden, wer ein Unternehmen repräsentiert oder für dieses Leistungen erbringt (due diligence), müssen die Mitarbeiter zu den Antikorruptionsvorschriften informiert und geschult werden (communication including training) und müssen Unternehmen ihre bestehenden Compliance-Systeme fortlaufend beobachten und möglichen Veränderungen anpassen (monitoring and review).

Im Wesentlichen gelten insoweit entsprechende Anforderungen wie für die unternehmensinternen Aufsichtsmaßnahmen, die im deutschen Recht nach der so genannten Fünf-Stufen-Lehre erforderlich sind, um Vorwürfe der ordnungswidrigen Aufsichtspflichtverletzung (§§ 130, 9 OWiG) zu vermeiden, die im Einzelfall zu Geldbußen gegen Führungskräfte von bis zu 1 Mio. EUR und zu Unternehmensgeldbußen von bis zu 10 Mio. EUR oder mehr (§§ 30, 17 Abs. 4 OWiG) führen können. Eine Strafverfolgung nach dem UK Bribery Act droht auch deutschen Unternehmen, die zumindest teilweise in Großbritannien geschäftlich tätig sind. Wann diese Voraussetzung erfüllt sein soll, haben britische Strafverfolgungsbehörden und Gerichte bisher allerdings nicht präzise dargelegt. Deshalb sind deutsche Unternehmen mit geschäftlichen Aktivitäten in Großbritannien gut beraten, ausreichend zu dokumentieren, dass sie die vom britischen Justizministerium vorgegebenen sechs Prinzipien zur Einführung angemessener Prozesse zur Verhinderung von Korruption einhalten, um sich im Ernstfall gegen einen entsprechenden Vorwurf britischer Strafverfolgungsbehörden verteidigen zu können. Die Beweislast liegt insoweit beim Unternehmen.

Seit Februar 2014 besteht für britische Strafverfolgungsbehörden auch die Möglichkeit, bei Ermittlungen insbesondere wegen Korruptionsverstößen mit dem betroffenen Unternehmen ein so genanntes Deferred Prosecution Agreement (DPA) auszuhandeln, also eine Vereinbarung über einen Verzicht auf Strafverfolgung unter bestimmten Bedingungen. Erst im November 2015 hatte das SFO in einem Korruptionsverfahren gegen eine britische Bank davon erstmals Gebrauch gemacht und dabei hervorgehoben, dass das eine vollständige  Ko-operation des betroffenen Unternehmens voraussetzt. Sweett wurde eine solche Verständigungslösung vom SFO allerdings mit einem Hinweis auf unzureichende Kooperation im Ermittlungsverfahren versagt. In Verdachtsfällen sollten Unternehmen deshalb eine Kooperation ernsthaft erwägen und prüfen, wie sie am besten vorbereitet werden kann, zum Beispiel durch eine interne Untersuchung der Verdachtsmomente.

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