Factoring gewinnt in der Einkaufsfinanzierung an Bedeutung

"Bereits seit einigen Jahren hat Factoring als Instrument der Absatzfinanzierung nicht nur im Mittelstand kontinuierlich Zuwachsraten zu verzeichnen. Factoring eignet sich gleichermaßen als Mittel der Einkaufsfinanzierung zur Verbesserung des Working Capital für Unternehmen, die eine Vielzahl verschiedener Lieferanten haben (z.B. Supermarktketten). „Diese als ‚Supply Chain Finance Factoring‘ oder auch ‚Reverse Factoring‘ bekannte Form hat ihre Wurzeln in Südamerika und Spanien, gewinnt aber auch in Deutschland zunehmend an Bedeutung“, erläutert Wolf Stumpf, Partner der Kanzlei Noerr in Frankfurt."

Initiator dieses Factoringmodells ist nicht der Lieferant, sondern das einkaufende Unternehmen, das sich hiermit längere Zahlungsziele verschaffen möchte. „Der Vorteil der Liefe-ranten liegt im schnelleren Zufluss der Liquidität und durch den ‚true sale‘ in der Absicherung des Forderungsausfallrisikos“, so Stumpf. „Rechtlich basiert dieses Modell auf einem zwischen Factor und Abnehmer geschlossenen Rahmenvertrag sowie einer weiteren Vereinbarung zwischen Factor und Lieferant.“ Der Factor verpflichtet sich, die Forderungen des Lieferanten gegen das einkaufende Unternehmen zu finanzieren. Da dem Lieferanten der Forderungskaufpreis bereits nach wenigen Tagen zufließt, ist er problemlos in der Lage, das Zahlungsziel des Einkäufers zu verlängern.

Der Factor kann Supply Chain Finance Factoring zu günstigeren Konditionen als das „klassische“ Factoring zur Absatzfinanzierung anbieten. Durch die Einbindung des Forderungsschuldners (einkaufendes Unternehmen) erhält er leichter Zugang zu dessen betriebswirtschaftlichen Kennzahlen und kann so Ausfallrisiken schneller einschätzen. Zudem stellt der Factor durch vertragliche Regelungen sicher, dass Einwände gegen verkaufte Forderungen nur im Verhältnis zwischen Abnehmer und Lieferant geklärt werden; dies mindert die Veritätsrisiken, die ansonsten primär über eine Veritätsgarantie des Lieferanten abgesichert werden. Besonderes Augenmerk ist auf die sorgfältige Vertragsgestaltung zu legen, da Unachtsamkeiten hier dazu führen können, dass das einkaufende Unternehmen die bislang als Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung ausgewiesenen Forderungen des Lieferanten künftig als Verbindlichkeiten gegenüber Banken ausweisen muss.

Reverse Factoring eignet sich auch für die konzernweite Einbindung ausländischer Lieferanten. „Mit der Rom-I Verordnung hat der Gesetzgeber mehr Rechtssicherheit für den grenzüberschreitenden Forderungskauf geschaffen. Ungelöst ist aber nach wie vor die Frage, nach welchem Recht sich die Drittwirkung der Forderungsabtretung richtet“, so Factoring-Experte Stumpf.

{{ name }} Chart
{{ name }} Aktie auf wallstreet:online

ARTIKEL DIESER AUSGABE