EU-Trennbankenentwurf gefährdet fairen Wettbewerb

Die Europäische Kommission hat ihren Entwurf für eine Trennbanken-Verordnung veröffentlicht. Ziel ist es, Spareinlagen vor riskanten Finanzspekulationen der Banken zu schützen. Ob eine einheitliche europäische Regelung zustande kommt, ist jedoch fraglich, da der Entwurf behördliche Einzelfallentscheidungen und umfangreichen Ausnahmeregelungen vorsieht, erläutert Dirk Bliesener, Partner bei Hengeler Mueller.

Im Rahmen der geplanten Verordnung soll Banken, die Kundeneinlagen verwalten, der Handel mit Finanzinstrumenten und Rohstoffen verboten werden, wenn die Absicht der Transaktionen darin besteht, Gewinn auf eigene Rechnung zu machen, und es keinerlei Verbindung zu realen oder erwarteten Kundengeschäften gibt. Betroffen sind global systemrelevante Banken und andere Institute mit umfangreichen Handelsaktivitäten. Alle aus Sicht der Bankenaufseher gefährlichen Handelsgeschäfte sollen auf eine selbständige Gruppengesellschaft übertragen werden, so fordert es die Kommission, die damit weit über das bestehende deutsche Trennbankengesetz hinausgeht.

Schwachstellen des Entwurfs

Die Präsentation des Verordnungsvorschlags war zwar öffentlichkeitswirksam, aber aus sechs Gründen nicht zielführend:

Erstens: Sind Einschränkungen bei Geschäftsmodellen von Banken vorgesehen, verlangt dies eindeutige Verbote des Gesetzgebers. Während die Befugnis der Aufsicht, das Gefahrenpotenzial von Handelsaktivitäten im Einzelfall und den Sinn ihrer Isolierung im Universalbankkonzern zu prüfen und ggf. eine Trennung anzuordnen, auf der einen Seite ein hohes Maß an Flexibilität ermöglicht, legt sie andererseits unternehmerische Prognose- und Ermessensurteile in die Hände von Behörden. Damit droht im Bankensektor Industrie- und Stabilitätspolitik durch die Exekutive einzuziehen.

Zweitens: Wenn riskante Handelsaktivitäten von der Kundenbank abgetrennt werden sollen, dann kann man dies nur für alle Banken einheitlich verlangen. Das setzt trennscharfe Regeln voraus, wie sie die Liikanen-Expertengruppe gefordert hatte. Stattdessen favorisiert die Kommission Einzelfallentscheidungen durch die zuständige Aufsichtsbehörde. Das ist im Euroraum in den meisten Fällen die EZB. Bei global agierenden Großbanken sind zudem die Aufsichtsämter aller betroffenen Länder einzubinden, was hohe praktische und politische Herausforderungen an die Koordination stellt. All dies schwächt Vorhersehbarkeit, Nachprüfbarkeit und Rechtssicherheit der Regulierung und damit Transparenz und Vertrauen von Investoren in europäische Banken.

Drittens: Einheitlichkeit und Rechtssicherheit werden weiter durch eine folgeschwere Freistellungsoption beeinträchtigt. Nach dem neuen Regelwerk kann die Kommission auf Antrag einer nationalen Regierung einzelne Institute von den EU-Abtrennungsregeln freistellen, sofern deren bis zum 29.1. 2014 verabschiedeten lokalen Gesetze eine Reihe allgemeiner Programmsätze erfüllen. Da die EU-Regeln erst bis 2018 in Kraft treten sollen, bieten sich solche Anträge bei Banken an, die bereits vorher die lokalen Regeln umsetzen. Lokale Gesetze bestehen seit 2013 an den wichtigsten europäischen Finanzplätzen London, Frankfurt und Paris zwar mit ähnlicher Zielrichtung, aber mit erheblichen Abweichungen im Detail. Ob diese Gesetze mit den EU-Grundsätzen vereinbar sind, soll wieder durch die Kommission beurteilt werden. Nach dem derzeitigen Vorschlag würde vermutlich nur London für seine Banken einen Freistellungsantrag stellen können, um doppelte Separationsmaßnahmen zu vermeiden. Bei diesem Thema dürfte es aber noch zu einem politischen Tauziehen der betroffenen nationalen Regierungen kommen.

Viertens: Selbst wenn es Europa gelingen sollte, für Gleichbehandlung zu sorgen: Weltweit bleibt die Trennbanken-Regulierung bisher ein Flickenteppich. Dies zeigt die im Dezember 2013 konkretisierte US-amerikanische Volcker Rule. Regelungskonflikte sind vorprogrammiert, denn allein die umfassende Freistellung des Market Making in den USA steht im Gegensatz zu der Befugnis der Aufsicht im deutschen und europäischen Regelwerk, auch die Abtrennung des Market Making zu verlangen. Dies könnte US-Banken gerade zu einem Zeitpunkt einen Wettbewerbsvorteil sichern, in dem auf ausländische Großbanken in den USA weitere Belastungen durch erheblich steigende Eigenmittelanforderungen für ihr lokales US-Geschäft zukommen.

Fünftens: Im Bereich der Sanierungs- und Abwicklungspläne von Banken bestehen längst umfangreiche Befugnisse der Aufsicht, die auch konzerninterne Umstrukturierungen und dergleichen verlangen kann. Unter dem Gesichtspunkt einer maßgeschneiderten Notfallplanung ist die neue Regelung also nicht erforderlich.

Sechstens: Die Kommission sagt nicht, wie die verlangte Übertragung internationaler Bankbetriebe und -portfolien rechtssicher umgesetzt werden kann. Dabei hat die bisherige Erfahrung mit der Abwicklung von deutschen Banken gezeigt, dass die größte Herausforderung gerade in der Komplexität der Übertragungen vor dem Hintergrund international unterschiedlicher Regime liegt.

Fazit

Politischer Aktionismus in der Bankenregulierung kann zu Wettbewerbsverzerrungen führen und dort europäische Ungleichbehandlung legitimieren, wo eine Harmonisierung angestrebt wird. Gefragt sind vielmehr eine umsichtige Einpassung neuer Regelungen in das bestehende Rechts- und Marktumfeld sowie ein einheitliches Verständnis von Mittel und Ziel.

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