BGH erhöht Rechtssicherheit beim „Acting in Concert“
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat eine für die Praxis wichtige Frage zum Wertpapierhandels- und -übernahmerecht geklärt. Der BGH entschied, dass die so genannte Einzelfall-ausnahme bei einem „Acting in Concert“ formal und nicht materiell zu verstehen ist (Az. II ZR 190/17). Das Acting in Concert in Bezug auf eine börsennotierte Gesellschaft bedeutet, dass allen Beteiligten gegenseitig und in voller Höhe die Stimmrechte aus den von ihnen gehaltenen Aktien zugerechnet werden.
„Dies hat Relevanz sowohl für die Pflichten zur Stimmrechtsmitteilung als auch zur Abgabe von Übernahmeangeboten“, erläutert Tatjana Schroeder, Partnerin bei SKW Schwarz Rechtsanwälte. Ein Acting in Concert setzt dabei voraus, dass der Meldepflichtige bzw. Bieter oder sein Tochterunternehmen und der Dritte sich über die Ausübung von Stimmrechten verständigen oder in sonstiger Weise zusammenwirken, um die unternehmerische Ausrichtung des Emittenten dauerhaft zu ändern. Ausgenommen sind dabei Verhaltensabstimmungen in Einzelfällen.
Unter welcher Voraussetzung eine solche Einzelfallausnahme vorliegt, war bislang nicht eindeutig geklärt. „Teilweise wurde das Vorliegen eines Einzelfalls danach beurteilt, ob das Acting in Concert eine nachhaltige Folge für die unternehmerische Ausrichtung der Gesellschaft nach sich zieht“, so Schroeder weiter. „Ein Einzelfall schied deshalb bereits dann aus, wenn einer solchen zwar einzelnen, aber eben abgestimmten Maßnahme ein besonderes Gewicht zukommt oder mit ihr zusätzlich eine weitreichende Zielvereinbarung verbunden war.“ Dies ist die materielle Sichtweise. Nach der Gegenauffassung ist der Einzelfall ausschließlich nach der Häufigkeit des abgestimmten Verhaltens zu bestimmen. Einen Einzelfall stellen danach insbesondere alle Abstimmungen dar, für die nur eine einmalige Handlung nötig ist, etwa die Abwahl und Neubesetzung des Aufsichtsrats in einer Hauptversammlung.
Nach der formalen Sichtweise stellt eine solche Einzelfallabstimmung auch dann kein Acting in Concert dar, wenn sie erhebliche unternehmenspolitische Folgen nach sich zieht. „Der BGH hat sich nun erstmals für die formale Auslegung entschieden“, so Schroeder. „Da die BaFin in ihrer Verwaltungspraxis bislang zur materiellen Betrachtung tendierte, wird sie ihre Verwaltungs-praxis nun überdenken müssen. Es wird spannend, wie lange es dauert, bis die BaFin erstmals Position bezieht.“
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