Gastbeitrag

Nach BFH-Urteil – Kein Spendenabzug für Politvereine

Markus Schewe
Markus Schewe © Kümmerlein

Mit dem Status „gemeinnützig“ sind zahlreiche steuerliche Vergünstigungen verbunden. Daher hat er für Vereine, Stiftungen und gGmbHs große finanzielle Bedeutung. „Attac Deutschland“ und „Campact“ hat der Bundesfinanzhof (BFH) jetzt die Gemeinnützigkeit versagt und damit die verfassungsrechtlich gebotene Abgrenzung zu politischen Parteien bestätigt, erklärt Markus Schewe, Experte für Stiftungs- und Gemeinnützigkeitsrecht bei der Ruhrgebietskanzlei Kümmerlein.

Insbesondere durch die Möglichkeit, Spenden steuermindernd geltend zu machen, hat der Gesetzgeber die maßgebliche Grundlage zur Finanzierung gemeinnütziger Vereine geschaffen. Nach der allgemeinen Definition der Abgabenordnung (AO) liegt ein gemeinnütziger Zweck vor, wenn die Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Zur Konkretisierung sieht die AO einen Katalog von 25 genau bezeichneten Tätigkeitsfeldern vor. Eine Öffnungsklausel ermöglicht es der Finanzverwaltung aber auch, vergleichbare Zwecke für gemeinnützig zu erklären. Vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Bedeutung der Gemeinnützigkeit einerseits, aber auch zur Sicherung des Steueraufkommens andererseits bedarf es einer trennscharfen Grenzziehung. Da aber der Katalog der gemeinnützigen Zwecke – anders wäre es auch nicht denkbar – unbestimmte Rechtsbegriffe enthält, erfolgt im Zweifelsfall die abschließende Klärung durch den Bundesfinanzhof (BFH).

Im besonderen Fokus standen zuletzt Vereine wie Attac Deutschland e.V. und Campact e.V.. Hierbei ging es im Kern um die Frage, wie stark sich gemeinnützige Vereine rein politisch betätigen dürfen. Stehen politische Aussagen im Zusammenhang mit dem verfolgten gemeinnützigen Zweck, bestanden und bestehen keine Bedenken. Eine Grenze wird aber dort gezogen, wo die politische Tätigkeit zum Selbstzweck wird, es vorrangig oder ausschließlich nur noch um allgemein- oder parteipolitische Stellungnahmen und Forderungen geht. Und das aus einem guten Grund: Gemeinnützige Körperschaften haben anders als Parteien kein allgemeinpolitisches Mandat. Es bestünde sonst die Gefahr, dass durch eine Verwischung der Grenzen die politische Chancengleichheit von Parteien und auch die strengen Regeln der Parteienfinanzierung über das Gemeinnützigkeitsrecht unterlaufen würden.

Reformwille trifft auf viele offene Fragen

Nachdem zuletzt Campact e.V. die Gemeinnützigkeit versagt wurde, teilte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) reflex-artig mit, das Gemeinnützigkeitsrecht reformieren zu wollen. Organisationen, die sich für Demokratie und Menschenrechte einsetzten, dürften nicht schlechter gestellt werden als jeder x-beliebige Verein. Es sollte aber nicht vergessen werden, dass die Entscheidungen in Sachen Attac und Campact keineswegs eine politische Stoßrichtung hatten. Vielmehr ging es um die verfassungsrechtlich gebotene Abgrenzung zu politischen Parteien. Außerdem würde es zu neuen Abgrenzungsschwierigkeiten kommen. Setzen sich nicht auch Lobbyverbände der Wirtschaft für die Demokratie ein? Die Wirtschaft ist immerhin Teil des Staatswesens. Soll auch der VDMA, der BDI oder der Verband der Automobilindustrie (VDA) gemeinnützig sein, weil sie politische Forderungen erheben? Oder will man danach unterscheiden, ob kommerzielle Ziele verfolgt werden? Und bei wem? Vom Verein oder den Mitgliedern? Wer will entscheiden, ob die Ansichten von Attac besser oder demokratieförderlicher sind als beispielsweise die des Verbands der Automobilindustrie? Ist nur derjenige förderungswürdig, der Autos pauschal verbieten will oder nicht auch der, der individuelle Mobilität fordert und Arbeitsplätze erhalten will?

Man sieht an den Beispielen, dass die Einbeziehung allgemein politischer Aktivitäten in den Kreis der gemeinnützigkeitsrechtlich anerkannten Betätigungen schnell die Büchse der Pandora öffnen könnte und steuerlich subventionierte Politik außerhalb der Parteien ermöglichen würde. Zudem würde das auch zu Verwerfungen zum Parteispendenrecht führen, das aus guten Gründen stark reglementiert ist: Parteispenden aus dem Ausland sind z. B. verboten und ab einer bestimmten Größenordnung einer Spende ist der Spender offenzulegen. Das wäre bei gemeinnützigen „Politvereinen“ nicht der Fall und könnte zu intransparenten Strukturen und Finanzströmen im politischen Umfeld führen. Am Ende könnte genau das Gegenteil von dem erreicht werden, was Minister Scholz mit einer Ausweitung des Gemeinnützigkeitsrechts auf politisch agierende Vereine eigentlich erreichen will: Die Demokratie würde nicht gefördert, sondern könnte großen Schaden erleiden.

Fazit

Wünschenswerter wäre es, bei einer Reform des Gemeinnützigkeitsrechts die eigentliche Begründung für die Steuerbegünstigung wieder verstärkt in den Fokus zu rücken: Die Steuerbegünstigung soll Anerkennung und Hilfe dafür sein, dass Private mit ihrem Engagement den Staat tatsächlich – und nicht nur durch Reden und Forderungen – im Bereich der Daseinsfürsorge entlasten. Leider hat aber der Bundestag den Ländervorschlag zur Reform der Ehrenamtsförderung – u. a. Erhöhung der Übungsleiterpauschale und der Steuerfreigrenzen für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe – gerade erst abgelehnt. Dabei sind diese Themen für die tägliche Arbeit gemeinnütziger Körperschaften wirklich wichtig.

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