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Polen – Rückkehr zu demokratischen Prinzipien

_ Das Wahlergebnis lässt keinen Zweifel: Polens Wähler wollen den Machtwechsel. Im politisch gewichtigeren Unterhaus (Sejm) und stärker noch im weniger bedeutenden Senat hat die Opposition jeweils klare Mehrheiten gewonnen. Noch deutlicher kommt die Abkehr von der PiS-Partei in den parallel abgehaltenen Referenden zum Ausdruck, mit denen die PiS-Partei Rückenwind für ihre Parolen erzeugen wollte.

Trotz der Rekordbeteiligung an der Parlamentswahl (fast 74%) scheiterten diese Propaganda-Veranstaltungen an der mangelnden Beteiligung, die erforderlichen 50% wurden nicht annähernd erreicht. Polens Wähler haben damit gezeigt, was sie von den antiwestlichen und fremdenfeindlichen Verschwörungstheorien des Jaroslaw Kaczynski und seiner PiS-Kumpane halten: Nichts.

Nach der Wahl hat der PiS-nahe Präsident Andrzej Duda zunächst das Wort: Er erteilt den Auftrag zur Regierungsbildung und kann zuerst die immer noch stärkste Partei, die PiS, damit beauftragen, wodurch der Prozess zumindest verzögert werden könnte. Das könnte sich noch bis zum Jahresende hinziehen. Die To-do-Liste der neuen Regierung ist lang. Im letzten Jahrzehnt hat die PiS systematisch die Rechtsstaatlichkeit untergraben, die staatlichen Verwaltungen, bis hin zu Museen und Führungsebenen staatlicher Unternehmen, politisiert und insbesondere die öffentlich-rechtlichen Medien in reine Parteisprachrohre verwandelt.

Es wird einige Zeit dauern, bis Partei-Loyalitäten verschwinden und der in einigen Positionen sicher notwendige Personalaustausch stattgefunden hat. Die neue Regierung muss also mit politisch motivierten Vertrauensbrüchen und Geheimnisverrat, bewusster Obstruktion in der Verwaltung und lautstarkem Widerstand der auf PiS-Linie gebrachten Medien rechnen.

Die demokratische Koalition steht vor der Herausforderung, nicht nur stabile politische Strategien zu entwickeln, sondern auch die demokratischen Prinzipien wiederherzustellen. Polens oberstes Gericht, kontrolliert von PiS-nahen Richtern, und der Präsident können Vetos gegen Gesetze einlegen. Die neue Koalition verfügt über keine Dreifünftelmehrheit im Parlament, um ein Veto des Präsidenten Andrzej Duda zu kippen. Bekanntermaßen ist die Rechtmäßigkeit der Besetzung der Richterbank mehr als fraglich.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat sogar geurteilt, dass das polnische Verfassungsgericht aufgrund dieser Mängel kein Gericht im rechtlichen Sinne ist. Allein die Amtsenthebung der unrechtmäßig ernannten Richter gegen den Widerstand des Präsidenten dürfte zum Problem werden.

Gleichzeitig ist die politische Spannweite innerhalb der Dreier-Koalition beachtlich: Die Linke (Lewica) hat orthodoxe Marxisten in ihren Reihen, Der Dritte Weg (Trzia Droga) klar nationalistische, konservative Kräfte. Diese gegensätzlichen Erwartungen und Ziele zu einer kohärenten Politik zusammen zu fügen, wird nicht einfach. Uns erscheint die Euphorie an Märkten verfrüht Viele Änderungen und Fortschritte werden sich verzögern oder sogar als (vorläufig) unerreichbar erweisen und so für negative Überraschungen sorgen. mk

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