Demoskopie vor neuem Wahlkrimi

Enges Rennen bis zum Schluss _ Mit dem „TV-Triell“ im WDR haben Annalena Baerbock, Armin Laschet und Olaf Scholz sich erstmals im direkten Schlagabtausch warmgelaufen für den Wahlkampf. Viel Druck war freilich noch nicht im Kessel vier Monate vor der Bundestagswahl und der Entscheidung, wer Angela Merkel ins Kanzleramt folgt.
Auch für die Demoskopen hat die heiße Phase ihrer Arbeit noch nicht begonnen. Dass es bis zum Schluss viel Veränderung in den Umfragen geben könnte, bestätigte ZDF-Chef-Wahlforscher Matthias Jung (Forschungsgruppe Wahlen) kürzlich im Energiegespräch der Darmstädter Entega. Aussagen über den Wahlausgang am 26.9. hatte der Experte beim Energieversorger denn auch nicht im Gepäck. Dafür aber Einblicke, warum diese Bundestagswahlen auch für die Wahlforschung eine Herausforderung werden.
Da wäre zunächst das Novum, dass die Amtsinhaberin nicht zur Wiederwahl antritt (kein Amtsbonus). Dafür gibt es erstmals drei etwa gleich starke Anwärter von dem bislang keinem eine Mehrheit der Wähler den Kanzler-Job zutraut, wie Umfragen des Wahlforschers Anfang Mai ergaben. Erschwerend kommt lt. Jung hinzu, dass sich Union, SPD, Grüne und FDP strukturell seit 1990 stark Richtung Mitte ausrichten, das eröffne vielen Wählern mehr als eine Wahloption.
Im Politbarometer führen die Grünen (25%/-1%) aktuell noch knapp vor der Union (24/-1). Die SPD verharrt bei 14% (AfD/FDP je 11%, Linke 7%). Im jeweiligen Direktduell zur Kanzlerfrage behauptete sich dagegen SPD-Mann Scholz, während Baerbock weiter ggü. Laschet verlor. Auch bei der Beliebtheit lässt die zuletzt gehypte Grünen-Kandidatin Federn.
Für Jung sind Hypes nur bedingt belastbar. Auch die Duelle Scharping/Kohl (1994) und Schulz/Merkel (2017) prägte Aufwind der Herausforderer, am Ende reichte es nicht aus. Entscheidender für den Wahlausgang ist aus Sicht des Wahlexperten 1. wie der Sommer verläuft (Dürre, Unwetter, Corona-Störfeuer) und 2. die Themen im September. Um die Vorherrschaft wird dabei klar im Spannungsfeld von Ökonomie und Ökologie gerungen werden. Je nach Rahmen muss sich also die Union überlegen, wie viel Ökologie sie im Wahlkampf einbringen muss. Umgekehrt gilt es für die Grünen.
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