Eurozone

Nagel beklagt Shitstorm nach Vorstoß zu Bankenunion

Joachim Nagel – Präsident der Deutschen Bundesbank
Joachim Nagel – Präsident der Deutschen Bundesbank © Frank Rumpenhorst

_ Eigentlich sollte es am Montagabend im Casino-Saal der Frankfurter Uni um ein wenig kontroverses Thema gehen.

Agustín Carstens, Chef der BIZ, einer Art Dachverband der internationalen Notenbanken, sprach über den Wert des „Vertrauens“ in der Geldpolitik. Notenbanker sind sich über dessen Bedeutung in der Regel schnell einig. Im sich anschließenden Dialog äußerte sich der BIZ-Chef dann aber zu einem deutlich umstritteneren Thema – der EU-Bankenunion.

„Die Dynamik im Bankensektor in der Eurozone ist nicht so, wie sie sein sollte,“ konstatierte Carstens. Wenn sich daran etwas ändern solle, müsse es mehr Integration geben. Sprich: Die Kapitalmarkt- und Bankenunion. Damit traf er offensichtlich einen Nerv bei Bundesbank-Präsident Joachim Nagel.

Dieser meldete sich gleich als erster Zuhörer zu Wort – und ließ viele im Saal aufhorchen. Nagel berichtete von seinen eigenen Erfahrungen mit dem Thema. „Als ich vor einigen Wochen nur erwähnt habe, dass wir die Bankenunion brauchen, habe ich einen gewissen Shitstorm abbekommen“, beklagte er.

Dabei seien sich die Experten einig. „Wir alle wissen, dass wir die Kapitalmarktunion und die Bankenunion brauchen.“ Es werde oft vergessen, dass das Erreichte vielleicht nicht ausreiche, um die Herausforderungen der Zukunft zu bewältigen. „Für mich ist das eine Art Systemversagen.“

Fast verzweifelt fragte Nagel: „Warum sind wir nicht fähig? Warum überwinden wir das nicht?“ Dann wandte er sich mit der Frage an „den lieben Agustín“, unter dessen Führung er vor seinem Wechsel zur Bundesbank bei der BIZ gearbeitet hatte. Nagel wollte wissen, ob sein früherer Chef einen Rat geben könne, wie sich das Problem lösen lasse.

Was genau er mit dem Shitstorm meinte, ließ der Bundesbank-Präsident offen. Klar ist aber: Zu den entschiedensten Gegnern einer Vollendung der Bankenunion zählen die deutschen Sparkassen und Genossenschaftsbanken.
Zumindest dann, wenn man darunter auch eine gemeinsame Einlagensicherung (Edis) versteht. Denn sie wollen ihre eigenen Institutssicherungssysteme auf jeden Fall erhalten. Edis gilt als finaler Baustein der Bankenunion. Nagel hatte hierfür jüngst ein „Hybrid-Modell“ ins Spiel gebracht (PLATOW v. 23.2.), um die Institutssicherung in die Bankenunion zu integrieren.

In eine ähnliche Richtung geht auch ein Vorschlag des Berichterstatters im Europaparlament, Othmar Karas. Die Bundesbank hat eigens eine Arbeitsgruppe eingesetzt, um zu klären, wie man bei diesem und anderen Themen in Europa vorankommen kann. Hintergrund ist nicht zuletzt die Sorge, dass Donald Trump bei den US-Präsidentschaftswahlen gewinnen könnte und Europa dann global weitgehend auf sich allein gestellt wäre. Die Experten sollen Vorschläge machen, wie sich die Hindernisse in Europa überwinden lassen.

Mit Blick auf die Bankenunion hatte BIZ-Chef Carstens folgenden knappen Ratschlag parat. „Ich denke, der Schlüssel liegt darin, die Bankenunion mit Wachstum zu verbinden.“ Die Politik habe verstanden, dass Europa mehr Wachstum brauche. Nun müsse man deutlich machen, was es koste, keine vollständige Bankenunion zu haben. jam

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