Auszug aus der PLATOW Prognose 2021

Nachhaltigkeit – Jetzt erst Recht!

Nachhaltigkeit – Jetzt erst Recht!
Nachhaltigkeit – Jetzt erst Recht!

Auszug aus der PLATOW Prognose 2021: Ein Gastbeitrag von Thomas Rosenfeld, Vorstandsmitglied der BW Bank.

Das Jahr 2020 steht voll und ganz im Zeichen der Corona-Pandemie – und die globale Wirtschaft durchläuft die schwerste Rezession seit den 1930er-Jahren. Auf den ersten Blick scheint dies die Konsequenz der (notwendigen) Gegenmaßnahmen zu sein. Doch die tieferen Ursachen liegen in der Vernachlässigung präventiver Maßnahmen und der Verletzlichkeit globaler Lieferketten. Damit geraten zwangsläufig die bis dahin geltenden Maximen staatlichen und unternehmerischen Handelns in den Fokus und das Thema Nachhaltigkeit gewinnt weiter an Bedeutung. Denn nachhaltiges Handeln ist nicht nur für unsere Umwelt und das soziale Miteinander in der Gesellschaft von erheblichem Vorteil. Der verantwortungsvolle Umgang mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen kann sich auch für Unternehmen und deren Anteilseigner langfristig auszahlen.

Nachhaltigkeit ist weltweit eines der zentralen Themen. Doch was damit genau gemeint ist und welche Verhaltensweisen der Begriff umfasst, ist oft nicht völlig klar. Denn bis heute fehlt eine einheitliche und eindeutige Definition. Die gängigste Erklärung gibt wohl der Brundtland-Bericht der Vereinten Nationen (UN) aus dem Jahr 1987. Mit dem Report wurde von der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung erstmals eine Definition von nachhaltiger Entwicklung formuliert. Darin heißt es: „Sustainable development meets the needs of the present without compromising the ability of future generations to meet their own needs.” Das bedeutet, nachhaltiges Handeln erfüllt die Anliegen der Gegenwart, ohne die Bedürfnisbefriedigung künftiger Generationen zu gefährden. Zentraler Aspekt der Nachhaltigkeit ist demnach, dass Handeln langfristig ausgerichtet wird – immer mit dem Gedanken an künftige Generationen.

Aller guten Dinge sind drei

Mit ihrem Vertrag von Amsterdam definierte die EU 1997 drei Säulen der Nachhaltigkeit: Ökologie, Soziales und Ökonomie. Der ökologische Aspekt umfasst unter anderem den die Ressourcen schonenden Umgang mit Rohstoffen, die Reduzierung des CO2-Ausstoßes und den Umweltschutz. Die Säule „Soziales“ stellt gesellschaftliche Themen wie Gleichberechtigung, Chancengleichheit und die Bekämpfung von Armut und Korruption in den Fokus. Unter dem ökonomischen Aspekt werden Wirtschaftlichkeit, Profitabilität und Effizienz eingeordnet. Erst durch die Verknüpfung aller Säulen miteinander, wird die Idee von Nachhaltigkeit vollständig erfasst. Für nachhaltig agierende Unternehmen bedeutet dies, ihre ökonomische, soziale und ökologische Verantwortung miteinander in Einklang zu bringen – und gleichzeitig profitabel zu wirtschaften. Dabei fällt oft der Begriff ESG – „Environment, Social, Governance“, also Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. Anhand dieser festen Kriterien soll Nachhaltigkeit transparent und messbar gemacht werden. Im Rahmen einer ESG-Analyse wird überprüft, ob und wie Unternehmen ökologisch und sozial handeln und wie ein Unternehmen geleitet wird. Die Ergebnisse werden meist als ESG-Ratings zusammengefasst und als ESG Score Card dargestellt.

Mehr als nur ein Trend

Das Thema Nachhaltigkeit ist keine Modeerscheinung, sondern ein grundlegender gesellschaftlicher Wandel. Das wird an vielen Stellen sichtbar. So fordern immer mehr Verbraucher nachhaltige Produkte und haben konkrete Vorstellungen davon, wie Nachhaltigkeit gelebt werden kann. Die Menschen entwickeln ein kritisches Bewusstsein hinsichtlich Qualität und Herstellung von Produkten. Das ist beim Einkaufen im Supermarkt deutlich sichtbar, denn in den Regalen dort sind mittlerweile zahlreiche Produkte als „Bio“ oder „fair“ gekennzeichnet.

Die Verbrauchs- und Medienanalyse 2017 hat ergeben, dass bereits vor drei Jahren knapp die Hälfte aller befragten Kunden beim Kauf von Produkten darauf achtete, dass der Hersteller sozial und ökologisch wirtschaftet. Das wird besonders beim Kauf von Lebensmitteln deutlich: Rund 43% der Befragten gaben an, dass etwa die Hälfte oder mehr ihrer gekauften Produkte aus biologischem Anbau stammt.

Konkrete politische Ziele

Im Jahr 2015 wurde Geschichte geschrieben, denn auf der internationalen Klimakonferenz wurde das Pariser Abkommen beschlossen. Damit haben sich alle unterzeichnenden Staaten dazu verpflichtet, die Weltwirtschaft auf klimafreundliche Weise zu verändern. Damit wurde klar, dass Nachhaltigkeit längst kein Nischenthema mehr ist. Mit dem konkreten Ziel, die Klimaerwärmung auf zwei Grad zu beschränken sowie den 17 Zielen für eine nachhaltige Entwicklung der UN steigt das weltweite Bestreben, dem Thema Nachhaltigkeit ein größeres Gewicht zu verleihen. Auf dem Weg dahin werden allerdings noch zahlreiche Maßnahmen notwendig sein. Neben der Politik, durch die die Rahmenbedingungen vorgeben werden, stehen dabei vor allem Unternehmen sowie Privathaushalte im Fokus und in der Verantwortung.

Für die Politik hat der Kampf gegen den Klimawandel unter allen Nachhaltigkeitsthemen die höchste Priorität. Beispielsweise hat die EU einen Aktionsplan aufgesetzt, mit dem sie bis 2050 Klimaneutralität erreichen will. Ihr Ziel ist es dabei, die Herstellung von Produkten so zu verändern, dass eine geschlossene Kreislaufwirtschaft mit Recycling möglich ist. Auf diese Weise soll es für Verbraucher möglich sein, nachhaltige Entscheidungen zu treffen, die sie selbst und die Umwelt langfristig schützen. Der Fokus auf den Klimawandel bedeutet jedoch nicht, dass die anderen beiden Aspekte „Soziales“ und „Unternehmensführung“ des ESG-Prinzips außer Acht gelassen werden. Alle drei Säulen beeinflussen sich gegenseitig und stehen in Wechselwirkungen zueinander. Denn beim Klimaschutz geht es auch darum, die Lebensgrundlagen sozial Schwächerer zu sichern und Unternehmen verantwortungsvoll und ganzheitlich zu führen.

Auch immer mehr Unternehmen veröffentlichen Nachhaltigkeitsberichte, in denen sie über ihr soziales, ökologisches und ökonomisches Engagement berichten. Zurückzuführen ist das auf die 2017 eingeführte Richtlinie für Corporate Social Responsibility (CSR): Diese verpflichtet Unternehmen, Banken und Versicherungen mit mehr als 500 Mitarbeitern rechtlich dazu, über ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten zu berichten. Und auch nachhaltige Kennzahlen gewinnen an Bedeutung, ein Blick in die Steuerungssysteme deutscher Unternehmen bestätigt das. Beispiele dafür sind die Angaben zum Energie- und Wasserverbrauch, Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E) sowie Mitarbeiter – und Kundenzufriedenheit.

Die politischen Vorgaben gelten auch für die Kapital-
märkte: So sind große institutionelle Anleger wie Pensionsfonds dazu verpflichtet, Nachhaltigkeitsziele zu verfolgen. Zusätzlich ist das Thema Nachhaltigkeit fest in Rating- und Risikomanagement-Prozessen verankert. Demnach müssen alle europäischen Pensionskassen seit 2019 die Klimarisiken in ihren Portfolios offenlegen. Für das Privatkundengeschäft gilt ab 2021: Bei Beratungen muss die Nachhaltigkeit einer Geldanlage besprochen werden. Das Ziel dabei ist, Kapitalflüsse in nachhaltige Investitionen zu lenken. Um das möglich zu machen, entwickeln Experten derzeit ein Klassifizierungssystem für nachhaltige Investitionen. Zudem sollen nachhaltige Finanzprodukte gekennzeichnet werden.

Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung

2015 verabschiedeten die Mitgliedstaaten der UN die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung. Das Ziel: Allen Menschen auf der Welt ein Leben in Frieden, Würde und ohne Armut zu ermöglichen.

Den Kern der Agenda bildet ein Katalog mit 17 Zielen für eine nachhaltige Entwicklung, die sogenannten Sustainable
Development Goals (SDGs). Diese Ziele berücksichtigen alle drei Säulen der Nachhaltigkeit gleichermaßen. Sie sollen die Grundlage dafür schaffen, ökonomischen Fortschritt in Einklang mit sozialer Gerechtigkeit und Umweltschutz zu bringen. Um das zu erreichen, sind alle Staaten gefordert: Entwicklungs- und Schwellenländer sowie Industriestaaten. Nur wenn alle zusammenarbeiten, lässt sich die Situation für Mensch und Umwelt langfristig verbessern. Zusätzlich ist die Agenda 2030 der UN ein geeigneter Maßstab, ob und inwieweit sich eine positive Wirkung einer Kapitalanlage im Bereich der Nachhaltigkeit erkennen lässt. Sie gilt als etablierte Rahmenbedingung für wirtschaftlichen Fortschritt im Einklang mit sozialer Gerechtigkeit unter Berücksichtigung der ökologischen Grenzen der Erde. Die 17 UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung bilden seitdem einen akzeptierten, einheitlichen und vergleichbaren ESG-Standard, der es ermöglicht, Nachhaltigkeitsaktivitäten zu messen.

Nachhaltigkeit in Zahlen

Der Fokus auf Nachhaltigkeit in unserer Gesellschaft birgt jedoch auch Gefahren. Zum Beispiel betreiben einige Unternehmen gezieltes Greenwashing. Das bedeutet, dass Firmen PR-Aktionen und Kampagnen starten, die sie fälschlicherweise als besonders nachhaltig präsentieren. Das Problem daran: Es ist oft sehr schwer zu erkennen, denn es fehlt an Transparenz für Verbraucher und Investoren. Eine mögliche Lösung sind verschiedene Filteransätze, die für mehr Klarheit sorgen sollen. Ein solcher Filter ist der „Best-In-Class“-Ansatz. Hierbei werden die Aktivitäten verschiedener Unternehmen in Sachen Nachhaltigkeitsmanagement untersucht. Dann wird ein Ranking erstellt, um den Klassenbesten zu ermitteln. Die schlechtesten Unternehmen werden aussortiert. Der Vorteil: Alle Branchen sind Teil der Untersuchung und die Firmen werden innerhalb ihrer Branche miteinander verglichen. Dass alle Branchen im Ranking vertreten sind, ist zugleich ein Kritikpunkt. Denn beim „Best-In-Class“-Ansatz geht es nicht grundsätzlich um Kapitalanlagen in nachhaltige Geschäftsfelder, sondern um Investitionen in Unternehmen, die ökologisch und sozial in ihrer Branche gut abschneiden. Damit wären hier auch Unternehmen vertreten, die zwar „Best-in-Class“ sind, aber aufgrund ihrer Zugehörigkeit beispielsweise zur Öl-, Gas- oder Automobilindustrie im Widerspruch zu Nachhaltigkeitskriterien stehen.

Eine weitere Möglichkeit, Nachhaltigkeit zu messen, bietet der „White- and Blacklist“-Ansatz. Hierbei werden im Vorfeld bestimmte Investmentbereiche definiert – dazu zählen regenerative Energien, ökologische Nahrungsmittel oder humane Arbeitsbedingungen. Kontroverse Felder wie die Atomindustrie, Tierversuche oder Militärtechnologie werden hingegen ausgeschlossen. Dieses Vorgehen bietet gute Argumente, um nachhaltig zu investieren, reduziert aber zugleich das Anlagenuniversum. Das führt zu einer starken Konzentration auf einige wenige Themen und damit unter Umständen zu einer schwächeren Wertentwicklung. Darüber hinaus kann es durch kleinere, weniger bekannte Unternehmen in der Liste zu einer höheren Volatilität kommen. Zu unterscheiden, ob ein Unternehmen tatsächlich nachhaltig ist oder nur Greenwashing betreibt, ist daher alles andere als einfach. Aus diesem Grund gibt es zahlreiche Rating-Agenturen, die Firmen auf verschiedene Nachhaltigkeitskriterien prüfen und bewerten.

Profitabilität durch Nachhaltigkeit

Nachhaltiges Handeln bietet Unternehmen viele Vorteile. Schon vor der Corona-Krise haben zahlreiche Firmen erkannt, dass Nachhaltigkeit in der Unternehmensführung immer wichtiger wird und nicht im Widerspruch zum eigenen Profit stehen muss. Basierend darauf, richten viele Unternehmen ihr Handeln auf Nachhaltigkeit aus.

Laut einer umfangreichen Studie der Universität Oxford führt die Anwendung von Nachhaltigkeit als Handlungsprinzip im Management und operativen Geschäft in der Zukunft zu großen komparativen Vorteilen und erhöhter Wettbewerbsfähigkeit.

Die Studie identifiziert dabei drei Felder, in denen mehr Nachhaltigkeit zu Wettbewerbsvorteilen führen kann. So reduziert nachhaltiges Handeln an erster Stelle das Unternehmensrisiko. Als Beispiel können hier langfristig ausgerichtete Investments angeführt werden, die keine Umweltschäden anrichten. Zweitens führt eine nachhaltige Ausrichtung zu erhöhter Unternehmensleistung. So reduziert ressourcenschonendes Wirtschaften zum einen die Unternehmenskosten erheblich. Zum anderen ist Nachhaltigkeit ein Treiber für umsatzstarke Produktinnovationen. Drittens sorgt nachhaltiges Handeln für mehr Reputation und Vertrauen seitens verschiedener Stakeholder- und Shareholder-Gruppen.

Das bildet das Fundament für eine langfristige Umsatzsteigerung von Unternehmen. Daher sind Unternehmen, die nachhaltig wirtschaften, häufig profitabler – auch kurzfristig. Nachhaltigkeit zahlt sich auch in der Unternehmensfinanzierung aus: Unternehmen, die ihre Aktivitäten an den ESG-Kriterien orientieren, haben geringere Finanzierungskosten bei der Beschaffung von Eigen- und Fremdkapital.

Werte schaffen

In Zeiten von Dieselgate und Datenskandalen werden ethische Aspekte in der Unternehmensführung immer wichtiger. US-Großkonzerne haben ihre Haltung geändert: Es geht nicht länger nur um die Profitmaximierung für ihre Aktionäre. Künftig wollen sie Werte für alle schaffen, vom Kunden über die Mitarbeiter, Zulieferer und Gemeinden bis zu den Anteilseignern. Nachhaltiges Handeln führt in vielen Fällen zu höherem Gewinn – das erkennen immer mehr große Firmen. So auch der Sportartikelhersteller Nike, der verstärkt auf Nachhaltigkeit setzt und damit einen Innovationsprozess angestoßen hat. Mit Erfolg: Daraus ging eine neue Produkt-linie hervor, die über eine Milliarde US-Dollar einbrachte und zugleich 1,5 Mio. Kilogramm weniger Abfall verursachte als herkömmliche Produktlinien.

Nachhaltige Anlagen gewinnen an Bedeutung

Auch in der Geldanlage wird Nachhaltigkeit immer wichtiger. Für institutionelle und private Anleger gewinnen nachhaltige Anlagen immer mehr an Bedeutung. Neue Regelungen wie der 2018 verabschiedete EU-Aktionsplan für einen nachhaltigen Finanzsektor lassen die Nachfrage zusätzlich ansteigen.

So wächst der Markt für nachhaltige Investments rasant. Laut dem jährlichen Marktbericht des Fachverbands „Forum Nachhaltige Geldanlagen“ (FNG) ist die Nachfrage institutioneller Investoren der wichtigste Schlüsselfaktor für die Entwicklung des nachhaltigen Anlagemarktes in Deutschland. Dabei gewinnen besonders nachhaltige Investmentfonds und Mandate an Bedeutung. Im Zeitraum 2011 bis 2017 stieg das Anlagevolumen in Deutschland um mehr als das Vierfache auf 92,1 Mrd. Euro an. In den beiden darauffolgenden Jahren verdoppelte sich der Wert auf nahezu 183,5 Mrd. Euro. Der Anteil nachhaltiger Fonds und Mandate am Gesamtfondsmarkt lag 2019 bei 5% und bietet damit noch viel Raum für Wachstum – umso mehr, da auch bei Privatanlegern die Idee der nachhaltigen Anlage an Bedeutung gewinnt.

Bereits 2001 wurde der Fachverband FNG gegründet. Seitdem fördert er das Thema Nachhaltigkeit. Nach Definition des Verbandes ist eine nachhaltige Geldanlage ein verantwortliches, ethisches, soziales sowie ökologisches Investment. Dazu zählen auch alle weiteren Anlageprozesse, die in ihre Finanzanalyse ESG-Kriterien miteinbeziehen.

Viele konventionelle nachhaltige Anlageprodukte konzentrieren sich derzeit überwiegend auf die oben beschriebenen Ausschlüsse und Best-in-Class-Ansätze, um Investments in nichtnachhaltige Unternehmen zu vermeiden. Das sogenannte Impact Investment hingegen geht einen Schritt weiter und zielt darauf ab, dass die investierten Gelder zielgerichtet in nachhaltige Projekte fließen oder an Unternehmen gehen, die entsprechende Projekte betreiben. Ein solches Investment leistet also einen aktiven Beitrag zur Förderung der UN-Ziele. Gerade bei der Investorengruppe der Stiftungen, kirchlichen Institutionen und Wohlfahrtsorganisationen spielt diese Möglichkeit eine immer wichtigere Rolle. Auch im Privatkundensegment ist die Veränderung weg von einem passiven hin zu einem aktiven Verhalten zur Förderung nachhaltiger Entwicklung deutlich erkennbar.

Warum sich Nachhaltigkeit für Anleger lohnt

Wenn die Anlage sowohl Nachhaltigkeits- als auch Kapitalmarktziele wie Renditemaximierung und Risikominimierung vereint, ergeben sich daraus verschiedene Vorteile. Ein Beispiel aus dem Aktienindex Standard & Poor’s 500: Die Gewinne von Unternehmen, die aktiv Umweltschutz betreiben, schwanken um 50% weniger als die von Konzernen, die in Sachen Umweltschutz nicht aktiv sind. Außerdem sind nachhaltige Firmen profitabler: Im Vergleich zu Firmen, die nicht nachhaltig wirtschaften, haben sie eine um etwa 18% höhere Eigenkapitalrendite.

Investoren sollten also immer prüfen, wie zukunftssicher ihre Investments sind. Zukunftssicher sind zum Beispiel Investitionen in langfristig tragfähige und damit nachhaltige Anlagen. Um das zu beurteilen, lassen sich die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der UN heranziehen. Dabei gilt: Unternehmen, die zur Erfüllung der Ziele positiv beitragen und gleichzeitig Verstöße gegen diese vermeiden, wirtschaften nachhaltig.

Sicher durch die Krise

Neben der Zukunftssicherheit ist auch die Krisenfestigkeit für viele Anleger von Bedeutung. Die Corona-Krise hat gezeigt, dass nachhaltige Aktienanlagen stabiler als andere Anlagen waren. Diese Tendenz zeichnete sich bereits in den vergangenen Jahren ab. Die bessere Wertentwicklung lässt sich aber nicht durch eine Abweichung von der Branchenstruktur erklären. Unternehmen, die Geschäfte mit fossilen Energieträgern machen, wurden ausgeschlossen. Das brachte zwar einige Vorteile, zugleich fehlten den nachhaltigen Indizes jedoch Performancetreiber aus den IT-Bereichen wie Alphabet, Amazon und Facebook. Das gilt auch für Unternehmen aus den Geschäftsfeldern Rüstung, Glücksspiel, Tabak, Gentechnik oder Kernenergie, die aus ethischen Gründen ausgeschlossen wurden – auch hierbei sind keine direkten Vorteile festzustellen.

Die Ursache für die Stabilität von nachhaltigen Anlagen liegt also tiefer: Die Beschränkung auf nachhaltig wirtschaftende Unternehmen zahlte sich offenbar aus, weil sich diese robuster gegenüber massiven Störungen der Rahmenbedingungen erwiesen. Es gilt also: Die Berücksichtigung ökologisch-ethischer Kriterien zieht weder einen Renditeverzicht nach sich, noch erhöht sie das Portfoliorisiko aufgrund einer geringeren Diversifikation.

Vielmehr deutet sich ein struktureller Vorteil an, der sich mit der höheren Anpassungsfähigkeit und Innovationskraft nachhaltig wirtschaftender Unternehmen begründen lässt. Als politische Konsequenz aus der Corona-Pandemie und dem CO2-induzierten Klimawandel dürften staatliche Eingriffe das Umfeld noch stärker zu deren Gunsten prägen. Um nachhaltige Geldanlagen noch besser zu positionieren, sind marktwirtschaftliche Ansätze am besten geeignet, da sie schnell und effizient sind. Daher bedienen nachhaltige Anlagemöglichkeiten nicht nur einen gesellschaftlichen Trend – es zeichnet sich sogar ab, dass breit angelegte Nachhaltigkeits-Investments in den kommenden Jahren eine wichtige Rolle als Basisanlage im Aktienbereich spielen können.

Kundenfokus auf Nachhaltigkeit erfordert Ausbau der Anlagestrategie

Viele konventionelle nachhaltige Anlageprodukte konzentrieren sich derzeit überwiegend auf Ausschlüsse und Best-in-Class-Ansätze, um Investments in Unternehmen zu vermeiden, die nicht nachhaltig wirtschaften. Von einem aktiven Beitrag zur Förderung der nachhaltigen Entwicklung kann erst dann die Rede sein, wenn gezielt in Unternehmen investiert wird, die nachweislich auf anerkannte Nachhaltigkeitsziele einzahlen. Banken müssen zudem auch die gesellschaftlichen Herausforderungen in puncto Nachhaltigkeit verstehen, um ihre Kunden beim Investieren in nachhaltige Investments unterstützen, beraten und ganzheitlich begleiten zu können.

Unsere Erfahrung zeigt hier, dass vielen unserer Kunden, die nachhaltig investieren wollen, der reine Ausschluss von Themen in der Kapitalanlage oftmals zu wenig ist. Anleger wollen mit ihrer Kapitalanlage gerne auch noch eine positive Wirkung erzielen. Dies ist jedoch über etablierte ESG-Investitionsansätze wie Best-in-Class oder Themenfonds nur bedingt möglich. Für spezielle Investorengruppen wie beispielsweise Stiftungen, kirchliche Institutionen oder Wohlfahrtsorganisationen reichen derartige Ansätze unter Umständen auch nicht aus, da diese Investoren oftmals einen deutlich differenzierteren Anspruch an die Nachhaltigkeitsparameter haben.

So kann es beispielsweise sein, dass einer Stiftung, die sich der Erhaltung und dem Schutz der Natur verschrieben hat, ein reiner Ausschluss von Versorgern mit Öl-, Kohle- oder Atomstrombezug als Auswahlkriterium nicht ausreicht. Vielmehr besteht der Wunsch, neben den laufenden Stiftungsaktivitäten auch durch die Kapitalanlage einen weiteren positiven Effekt für den Stiftungszweck zu erzielen – etwa durch die Allokation in Unternehmen, welche durch ihre Produktionsweise, ihre Unternehmensführung oder ihre Produkte einen positiven Impact auf den Naturschutz haben. Ebenso ist auch im Privatkundensegment deutlich erkennbar, dass viele Anleger in Unternehmen investieren möchten, die aktiv zur Förderung nachhaltiger Entwicklungen beitragen.

Deshalb haben wir auf der Basis dieses gemeinsamen Verständnisses und in Form der SDGs als universellem ESG-Standard einen innovativen Lösungssatz für unsere Kundinnen und Kunden entwickelt. Dazu bedarf es eines verlässlichen und tagesaktuellen Datensatzes, mithilfe dessen eine hohe Transparenz des Anlageuniversums im Sinne der 17 UN-Ziele sichergestellt werden kann. Ermöglicht wird dies im Falle unserer Produktlösung durch den unabhängigen Partner Screen 17. Das Frankfurter Fintech hat eine innovative Methode entwickelt, um aus einer Vielzahl von ESG-Datenquellen eine Analyse abzuleiten und damit die UN-Ziele investierbar zu machen. Für diesen Zweck werden Rohdaten des jeweiligen Unternehmens von allen verfügbaren Anbietern, etwa den Nachhaltigkeitsratingagenturen ISS-ESG oder MSCI, zusammengeführt und je nach ihrer Wirkung für die 17 UN-Ziele und der dazugehörigen Unterziele verortet.

Der hier aufgezeigte innovative Ansatz bildet den Ausgangspunkt zu neuen individuellen Anlagelösungen für Privatanleger, die in der Vermögensanlage den Schritt vom reaktiven Ansatz hin zum proaktiven Ansatz ermöglichen. Für gemeinnützige Institutionen wie Stiftungen oder Vereine gibt es darüber hinaus auch weitere Instrumente, die neben der Thematik der SDGs speziell auch noch die Befreiung von der Kapitalertragsteuer berücksichtigen. Eine solche Anlagemöglichkeit bietet unter Berücksichtigung verschiedener Rendite-Risiko-Profile die Möglichkeit, quasi eine doppelte Rendite zu erwirtschaften: Zum einen in Form einer attraktiven Wertentwicklung und zum anderen durch die aktive Förderung der UN-Ziele für eine nachhaltige Entwicklung.

 

Über den Autor:

Thomas Rosenfeld ist Vorstandsmitglied der BW-Bank und CEO LBBW Asset und Wealth Management. Außerdem führt Rosenfeld den Vorsitz des Nachhaltigkeitsrats der LBBW.

 

 

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