Arbeitsrecht

Was kann der Arbeitgeber bei Onlinemeetings anordnen? [Teil 1]

Thomas Hey
Thomas Hey © Bird & Bird LLP

In der Pandemie und sicherlich auch mit Wirkung für die Zeit danach sind für viele Menschen Onlinemeetings mit Bildanzeige zur Regel geworden. Das normale Telefongespräch ohne Bild wird zur Ausnahme. Dadurch verändert sich im Arbeitsleben viel: Man sieht und hört zwar sein Gegenüber, aber nah ist man sich nicht; Körpersprache fehlt. Das bringt, insbesondere für Menschen, die im Homeoffice arbeiten, Veränderungen im Arbeitsalltag mit sich.

Aber auch der Arbeitgeber wird mit Onlinemeetings vor neue Fragen gestellt. Was kann der Arbeitgeber für oder während Onlinemeetings gegenüber seinen Arbeitnehmern anordnen, in welche Bereiche darf er nicht vorstoßen?

Man kennt es: Man springt morgens kurz aus dem Bett, zieht ein Sweatshirt über, putzt die Zähne, läuft zur Kaffeemaschine und ab ins Arbeitszimmer ins erste Onlinemeeting. An das Homeoffice ohne Kollegen, ohne gemeinsames Mittagessen und ohne den direkten Tratsch in der Kaffeeküche hat man sich bereits gewöhnt. Der Küchenstuhl als neuer Arbeitsplatz wurde akzeptiert. Das neben einem die Spül- oder Waschmaschine läuft, hört man gar nicht mehr.

Aber Homeoffice kann auch seine Vorteile haben. Kein morgendlicher Stau auf dem Weg ins Büro. Keine überfüllten U-Bahnen. Viel besser: Man kann morgens länger schlafen. Dumm nur, dass der Chef die morgendliche Einsatzbesprechung schon um acht Uhr ansetzt. Aber durch die Nähe zum neu erkorenen Arbeitsplatz gleich um die Ecke schafft man auch das trotz Schlafen bis 7:45 Uhr Multitasking beim Zähneputzen und Kaffeekochen. Dann schnell an den Schreibtisch huschen. Die Kinder schaffen es schon allein in die Schule und der Partner ist längst weg. Um 11:30 Uhr gibt es dann eine längere Pause zwischen Telefonaten und anderen Events. Da wird dann geduscht und zumindest bis zur Gürtellinie „Salonfähigkeit“ hergestellt, denn um 12:30 Uhr gibt es eine ganz offizielle Online-Besprechung, da schaltet man lieber das Bild ein und zeigt sich. Die Jogginghose bemerkt schon keiner.

So oder so ähnlich in einer Vielzahl von Fällen in den letzten zwölf Monaten wohl geschehen.

Nun nehmen aber die Diskussionen über das Verhalten in Onlinemeetings zu. Zum einen gibt es mehr und mehr Empfehlungen, wie man sich idealerweise in solchen Onlinemeetings darstellt. Zum anderen gibt es mehr und mehr Unternehmen, in denen es konkrete Anweisungen gibt, wie man sich in Onlinemeetings verhalten soll. So haben wir zum Beispiel für einen Mandanten nachfolgenden Onlineknigge zusammengestellt:

DO´s – diese Richtlinien können sehr hilfreich sein

  1. Kenntnis von der verwendeten Technik

Die Software sollte zuvor getestet werden. Dies vermeidet Bedienungsfehler, die die anderen Teilnehmer stören und die Konferenz verzögern könnten.

  1. Pünktlichkeit

Man wählt sich rechtzeitig ein und lässt die anderen Teilnehmer nicht warten. Dies gilt insbesondere für größere Gruppen. Meetings müssen im Zeitrahmen beendet oder ein Puffer eingeplant werden. Online-Meetings sind häufig ohne Pause hintereinander durchgetaktet.

  1. Pausen

Pausen sind auch bei Online-Meetings einzuplanen und einzuhalten.

  1. Vorbereitung und Durchführung

Das Meeting sollte rechtzeitig angekündigt werden. Es empfiehlt sich vorher kurz über Ziele und Themen des Meetings zu informieren.

Am Ende des Meetings bietet es sich an, die Ergebnisse einmal zusammenzufassen.

  1. Einschalten und Ausrichten der Kamera

Entscheidet man sich für ein Online-Meeting, soll dies in der Regel ein physisches Meeting ersetzen. Für einen ungestörten und verbindlicheren Gesprächsablauf und aus Gründen der Höflichkeit sollte daher die Kamera eingeschaltet werden – insbesondere, wenn die übrigen Teilnehmer ihre Kameras eingeschaltet haben.

Die Kamera ist direkt auf die eigene Person auszurichten, sodass man in die Kamera blickt. Die Lichtquelle sollte nicht von hinten kommen, sondern so ausgerichtet sein, dass das Gesicht gut ausgeleuchtet ist. So gelingt ein Austausch von Angesicht zu Angesicht am besten.

  1. Teilnehmer vorstellen

Der Gastgeber sollte zu Beginn des Meetings die Teilnehmer kurz vorstellen. Dies verschafft bei nicht persönlichen Interaktionen die Wahrnehmung der anderen Teilnehmer und führt zu einer schnellen Vertrautheit, die auch die spätere Kommunikation untereinander leichter macht.

  1. Ausschalten des Mikrofons, wenn nicht gesprochen wird

Wenn absehbar ist, dass für einen längeren Zeitraum nicht gesprochen wird, sollte das eigene Mikrofon ausgeschaltet werden. Dies vermeidet Rückkoppelungen und Störgeräusche und sorgt insgesamt für eine bessere Audioqualität.

  1. Fragen und Anmerkungen eindeutig adressieren

Während bei persönlichen Gesprächen gezielt Blickkontakt aufgenommen werden kann, fehlt dieses Steuerungselement bei Online-Meetings. Werden die anderen Teilnehmer konkret angesprochen, gelingt ein Diskussionsaustausch besser.

  1. Mit Namen melden

Bei Wortmeldungen sollte zuvor der eigene Name genannt werden. Andernfalls ist es für die anderen Teilnehmer in den wenigsten Fällen möglich, den Beitrag anhand der Stimme zuzuordnen.

  1. Reihenfolge einhalten

Wortmeldungen sind in der Reihenfolge abzuarbeiten, in der sie erfolgen.

  1. Verlassen des Meetings

Wird es während des Meetings erforderlich, dieses kurzfristig zu verlassen, sollte dies im Chat angemeldet oder darauf hingewiesen werden.

  1. Wahl angemessener Kleidung, Gesten und Hintergründe

Die gewählte Kleidung sollte sich von dem Hintergrund abheben und der Kleidung entsprechen, die auch sonst im Präsenzmeeting angemessen ist. Es ist darauf zu achten, keine Gesten zu verwenden, die von anderen Teilnehmern – insbesondere von anderen Kulturkreisen – missverstanden werden könnten. Außerdem ist ein neutraler, aufgeräumter Hintergrund zu wählen und die Beleuchtung anzupassen.

  1. Aufräumen vor dem Desktop-Sharing

Sollte der eigene Bildschirm im Verlauf des Meetings geteilt werden müssen, empfiehlt es sich diesen vorher aufzuräumen und die relevanten Daten und Dokumente bereits im Vorfeld herauszusuchen.

DON´Ts – kleine Dinge vermeiden, große Wirkung erzielen

  1. Gesprächspartner ausreden lassen

Ein respektvoller Umgang miteinander muss auch bei Online-Meetings gewahrt werden. Zudem kann die fehlende Wahrnehmung von Körpersprache zu Verständnisschwierigkeiten führen. Technische Probleme, die das Meeting behindern, erschwert die Kommunikation zusätzlich.

  1. Multitasking unterlassen

Tätigkeiten nebenher wie z.B. das Bearbeiten von E-Mails oder das Surfen im Web, können jedes Online-Meeting schnell zerstören und sollten unterbunden werden.

  1. Aktiv dem Gespräch folgen

Auch wenn die Aufmerksamkeit in Online-Meetings häufig schneller sinkt, muss dem Meeting aufmerksam gefolgt werden. Nur so werden Mehrfachfragen vermieden, die das Gespräch unnötig verzögern.

  1. Störfaktoren ausschalten

Schalten Sie Radio, TV, Smartphone oder andere Geräte aus bzw. auf stumm.

  1. Unterbrechungen aus dem privaten Umfeld vermeiden

Denken Sie daran, dass ein Präsenzmeeting ersetzt wird. Hintergrundgeräusche sind zu vermeiden, Nebengespräche, das Annehmen privater Post etc. ist möglichst zu unterlassen.

  1. Unberechtigten Zugang verhindern

Es ist möglich, dass über sensible Daten gesprochen wird. Vermeiden Sie, dass unberechtigte Dritte den Raum während des Meetings betreten. Am besten schließen Sie die Tür und bringen draußen gut sichtbar und mit deutlichen Worten ein Schild an.

  1. Deutlich sprechen

Das Sprachtempo und Sprachverständnis sind in Online-Meetings oft anders. Gerade für Schnellsprecher gilt: Sprechen Sie in Online-Meetings langsam und betont deutlich.

  1. Störgeräusche vermeiden

Störgeräusche wie essen, tippen oder mit dem Stift spielen sind zu unterlassen. Dies lenkt Sie und andere Teilnehmer unnötig ab.

  1. Nicht essen

Ist nicht gerade zum Lunchmeeting eingeladen, ist auf das Essen zu verzichten.

* * * 

Was aber hiervon ist durchsetzbar, wie weit kann der Arbeitgeber in das „Homeoffice des Arbeitnehmers hineinregieren“? Eine detaillierte Auflösung für diese Fragen in der nächsten PLATOW Recht-Kolumne am 4. Juni 2021.


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