Dienstwagenregelung

Dieselfahrverbote schaffen Herausforderungen

Thomas Hey,
Thomas Hey, © Bird & Bird LLP

Dienstwagenregelungen sind beliebt: Neben den klassischen Dienstwagennutzern wie Beschäftigten im Vertrieb, im Kundenservice, im Bereich Customer Applications und ähnlichem sind Dienstwagen für Führungskräfte ab einem bestimmten Level und auch für Unternehmen, die für bestimmte Personengruppen attraktiv sein wollen, im ""War of Talents"" ein beliebtes Mittel der Vergütungsergänzung. Gerade für die letzteren stellt sich die spannende Frage, ob das Dienstwagenmodell noch so attraktiv ist, wenn die Führungskraft wegen des Dieselfahrverbots , z.B. der Bankdirektor oder der Berater, Rechtsanwalt, etc. seinen Dienstwagen auf dem Weg zur Arbeit am Stadtrand abstellen und dann mit öffentlichen Verkehrsmitteln ins Büro fahren muss. Haben nun Arbeitnehmer einen Anspruch auf Austausch des Dienstwagens, weil die private Nutzung als Gehaltsbestandteil entwertet wird?

Eins ist sicher: Ein Unternehmen kann Beschäftigte nicht zwingen, mit Dieselfahrzeugen gegen Dieselfahrverbote zu verstoßen.

Für alle diejenigen Dienstwagennutzer, die den Dienstwagen aus tatsächlichen dienstlichen Gründen benötigen und die zukünftig in ggf. von diesem Fahrverbot betroffene Innenstädte zu ihrem Arbeitgeber, zu Kunden oder Geschäftspartnern fahren müssen, wird der Arbeitgeber aus eigenem Interesse Fahrzeuge wählen, die den rechtlichen Vorgaben entsprechen, um die Kunden bzw. Geschäftspartner auch zukünftig erreichen zu können. Damit muss der Arbeitgeber das Fahrzeug tauschen.

Interessant sind die Fälle, in denen der Dienstwagen für die Erbringung der Arbeitsleistung nicht (zwingend) erforderlich ist, so dass die private Nutzung im Vordergrund steht und durch das Dieselfahrverbot stark entwertet wird, weil z.B. man oder frau nicht mehr mit dem Wagen einkaufen oder zum Sport fahren kann, die Kinder nicht mehr zur Schule gebracht werden können oder gar Urlaubsfahrten mit dem Dienstwagen entweder sinnlos oder doch zumindest mühsam werden. Es stellt sich daher die Frage, ob der Dienstwagen bestimmte Eigenschaften erfüllen muss. Wird dem Arbeitnehmer ein Dienstwagen für private Zwecke gewährt, so hat er nach dem Arbeitsvertrag oder der Betriebsvereinbarung grundsätzlich einen Anspruch auf einen Wagen, den er in seiner Freizeit fahren kann. Regelmäßig gibt es regionale oder versicherungsmotivierte Beschränkungen für solche Privatznutzung. So können Fahrten in einige Länder vertraglich verboten sein. Uneingeschränkt kann der Arbeitnehmer seinen Dienstwagen daher nicht fahren. Entscheidend ist, was unter ""privaten Zwecken"" zu verstehen ist. Generell lässt sich sagen, dass der Arbeitnehmer mit seinem privaten Dienstwagen zumindest von seinem Wohnort bis ins Büro fahren können muss. Wird dies durch Dieselfahrverbote verhindert, ist die private Nutzung des Dienstwagens für den Arbeitnehmer weitgehend wertlos geworden. Eine Auslegung einer solchen Dienstwagenregelung zeigt, dass sich der Anspruch des Arbeitnehmers auf ein Fahrzeug erstreckt, das er trotz Fahrverboten zweckgerecht einsetzen können muss.

Die Frage ist, ob sich der Arbeitgeber von einem solchen Anspruch, ein Fahrzeug zur Verfügung zu stellen, lösen kann. Den Anspruch auf einen Dienstwagen als Teil der Vergütung einseitig zu streichen, würde wahrscheinlich eine unzulässige Änderungskündigung darstellen. Die Dienstwagenregelung könnte allerdings nach §§ 134, 139 BGB nichtig sein, wenn dem Arbeitnehmer als Gehaltsbestandteil ein Auto zur Verfügungen gestellt wird, das er nicht im vertraglich vereinbarten Umfang nutzen kann, weil dies gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen würde.

In Betracht kommt außerdem über § 313 BGB eine Vertragsanpassung über die Grundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage. Die Norm setzt einen späteren Wegfall von Umständen voraus, die zwar selbst nicht Vertragsbestandteil geworden sind, jedoch von beiden Parteien als wesentlich für den Vertragsschluss angesehen werden. Dieser Umstand besteht vorliegend in der Annahme, dass man mit einem Dieselfahrzeug uneingeschränkt in deutschen Städten fahren kann. Durch Dieselfahrverbote würde diese Geschäftsgrundlage nachträglich wegfallen. Als Rechtsfolge ist eine Vertragsanpassung notwendig. Hier bieten sich nur zwei Vorgehensweisen an: Entweder muss der Arbeitgeber den Wagen des Arbeitnehmers austauschen oder den Verlust des Dienstwagens finanziell ausgleichen. Nur welches Fahrzeug bietet eine sinnvolle Alternative? Benziner sind in ihrem Unterhalt viel teurer als Dieselwagen. Ein Elektrofahrzeug bietet bei einer intensiven Nutzung auf dem jetzigen Entwicklungsstand keine flächendeckende Lösung und die Brennstoffzellenautos sind noch nicht verbreitet genug. Der zurzeit einzig sinnvolle Kompromiss sind Hybridfahrzeuge.

Es muss auch berücksichtigt werden, dass Dienstwagen häufig ein Statussymbol für Führungskräfte sind. Der Arbeitnehmer wird daher im Zweifel ein Auto fordern und verlangen können, das mit seinem früheren Diesel-Oberklassewagen vergleichbar ist. Somit bietet es sich bei Neueinstellungen an, in die Dienstwagenregelung aufzunehmen, dass der Arbeitgeber bei zukünftigen Gesetzesänderungen berechtigt ist, den Dienstwagen auszutauschen, wobei ein bestimmter Preis nicht überschritten werden darf und der Arbeitnehmer ggf. auch ein abweichendes Modell akzeptieren muss. Bei bereits bestehenden Verträgen stellt sich die Frage, ob der Arbeitnehmer sich einer Vertragsanpassung verschließen darf. Hier kann man dem Arbeitnehmer die Nichtigkeit der ursprünglichen Dienstwagenklausel nach §§ 134, 139 BGB vorhalten. Im Falle der Nichtigkeit entfällt der Anspruch auf ein Dieselfahrzeug. Anstelle der vorherigen Regelung kann der Arbeitgeber eine neue Klausel aufnehmen. Diese könnte wie die Klausel bei Neueinstellungen gestaltet sein. Im Ergebnis würde der Arbeitnehmer so oder so ein neues Fahrzeug erhalten.

Fazit: Wie immer empfiehlt der Jurist in solchen Situationen durch entsprechende Regelungen die Problematik zumindest für die Zukunft zu lösen. Nicht nur das Referenzmodell ist der richtige Ansatz für eine Dienstwagenregelung oder -richtlinie, sondern vielmehr ein Referenzpreis, ggf. gekoppelt mit Umweltwerten, die zu erfüllen sind. Da sich diese aber verändern können, ist es notwendig, dass entsprechende Normen nicht fix sondern so in Regelungen aufgenommen werden, dass sie sich verändern können. Auf jeden Fall sollte eine Regelung aufgenommen werden, die darstellt, dass das Fahrzeug entsprechend dem referenzierten Preis für die private Nutzung bzw. ggf. auch die dienstliche Nutzung eingesetzt werden können muss. Wir sehen bereits jetzt das Unternehmen CO2-Ausstoßwerte in ihre Dienstwagenregelungen als Vorgaben aufnehmen und nur Fahrzeuge innerhalb vorgegebener Werte zulassen. Ebenso wie Elektrofahrzeuge als zwingendes Dienstfahrzeug vorzusehen ist dies keine Dauerlösung. Die Werte werden sich vermutlich weiter verändern und Elektrofahrzeuge nur für Stadt- oder Regionalfahrten nutzbar. Schon bei Urlaubsfahrten z.B. vom Rheinland nach Süddeutschland oder gar zum Skifahren macht das Elektrofahrzeug insbesondere im Winter wenig Sinn. Im Ergebnis bedarf es daher vermutlich intelligenter Lösungen in jedem Einzelfall, die vor allem genug Flexibilität geben, dass der Arbeitgeber den Dienstwagen entsprechend den rechtlichen Vorgaben angepasst tauschen kann bzw. dem Arbeitnehmer ggf. eine Car Allowance geben und dann seiner Verpflichtung, die Privatnutzung zu gewähren, nachkommen kann. Natürlich sind auch ganz andere modernere Konzepte denkbar wie z.B. die Gewährung von extrem umweltfreundlichen Dienstwagen in der Kompaktklasse als Regelfahrzeug und bei Bedarf die Gewährung eines entsprechenden vierradgetriebenen oder familienfreundlichen oder sonstigen passenden Fahrzeugs für Urlaubsfahrten. Das Dienstwagenmodell könnte so aussehen: Grundsätzlich erhalten alle Beschäftigten ein Kompaktelektrofahrzeug oder entsprechendes, das sie allerdings nicht grundsätzlich überlassen erhalten, sondern nur zum Gebrauch bekommen. Für Urlaubsfahrten können sie das Fahrzeug zurückgeben und dafür im Austausch dann ein passendes Vehikel erhalten.

Im Ergebnis ist daher festzustellen: Es gibt wahrscheinlich kein ""richtig"" hinsichtlich des aktuellen Dienstwagenmodells für Unternehmen. Wichtig ist nur, dass es ausreichend flexibel ist und dem Arbeitgeber ausreichende Möglichkeit gibt, sich den ändernden Gesetzen und Bedingungen anzupassen und dabei die richtigen Kostenvorgaben zu setzen.

***


Weitere Empfehlungen der Redaktion

| Lieferservice | 24. März 2023

Als eines der ersten deutschen Unternehmen hat Hellofresh auf dem Kapitalmarkttag am Donnerstag (23.3.) einen Einblick in die Geschäfte des laufenden Q1 gegeben: Laut Co-CEO Dominik…

| Technologie | 23. März 2023

Halma hat eine wechselhafte Geschichte hinter sich. Im 19. Jh. wurde das britische Unternehmen als Tee- und Kautschuk-Plantage in Sri Lanka gegründet. Nach der Verstaatlichung der Kautschukplantagen…

| Märkte | 22. März 2023

Das Wachstum Malaysias wird sich im lfd. Jahr auf etwa 4,5 nach 8,7% im Vj. abschwächen. So lautet die aktuelle Diagnose des IWF in einer Vorabmeldung zum anstehenden Artikel-IV-Bericht,…

Automobilzulieferer | 21. März 2023

Hella in Lippstadt

Hella bestätigte am Dienstag (21.3.) die im Februar kommunizierten vorl. Geschäftszahlen: Der Umsatz im siebenmonatigen Rumpfgeschäftsjahr (1.6. bis 31.12.22) stieg um rd. 25% (organisch:…