Der internationale Terror und die arbeitsrechtlichen Konsequenzen
Geiselnahme, Folter, Mord – die Bilder des Schreckens, den Terrororganisationen wie der sogenannte Islamische Staat (IS) verbreiten, gehen um die Welt. Dass es sich dabei nicht um ein lokal eingrenzbares Problem handelt, wird immer deutlicher. Viele sind sich allerdings nicht bewusst, dass der IS nicht nur ein Problem der Politik ist, sondern sich auch die Unternehmen als Arbeitgeber stärker um das Problem kümmern müssen.
Die Kämpfer im ""heiligen Krieg"" kommen immer häufiger auch aus Europa. Wer die Kämpfe überlebt, kehrt nicht selten wieder zurück in sein Heimatland. Leider sind viele der Kämpfer nicht durch die Kriegsgräuel geläutert worden, sondern haben sich im Gegenteil noch weiter radikalisiert. Im Hinblick auf diese Rückkehrer stellen sich für den Arbeitgeber wichtige Fragen, etwa ""Wie erkenne ich, ob sich meine Beschäftigten radikalisieren?"", ""Was kann ich dagegen tun?"" oder ""Wozu bin ich rechtlich verpflichtet?"".
Radikalisierung erkennen
Die Radikalisierung ist allerdings nicht nur ein spezifisches Problem von Rückkehrern. Auch von Personen, die in Deutschland zu terroristischen Organisationen überlaufen, geht eine erhebliche Gefahr aus. Um radikale Tendenzen bei Beschäftigten erkennen zu können, ist es daher wichtig, die Ursachen der Radikalisierung zu verstehen.
Radikalisierung ist ein Prozess, der bei jedem anders verläuft. Der Auslöser ist häufig eine Entfremdung mit dem persönlichen Umfeld und der Gesellschaft an sich – das Gefühl, nicht dazuzugehören. Insbesondere Jugendliche und junge Erwachsene, die sich und ihren Platz in der Gesellschaft noch nicht gefunden haben und daher mit sich und ihrer Lebenssituation unzufrieden sind, sind für Radikalisierung anfällig. Radikale Gruppen mit ihrem Gemeinschaftsgefühl und Zusammenhalt bieten ihnen die Struktur, die sie in ihrem Umfeld nicht mehr vorfinden.
Erhöhte Aufmerksamkeit ist erforderlich – und führt naturgemäß zu zusätzlichem Aufwand. Allerdings ist die Radikalisierung von Menschen ein gesamtgesellschaftliches Problem, zu dessen Lösung auch die Arbeitgeber beitragen sollten. Gerade besonders gefährdete Unternehmen wie bspw. Verkehrsbetriebe oder Betreiber von Kraftwerken haben ein gesteigertes Interesse daran, dass von ihren Beschäftigten kein Sicherheitsrisiko ausgeht. Eine Möglichkeit dies sicherzustellen ist regelmäßiges Terrorlisten-Screening.
Die Terrorlisten – ein rechtsstaatlich fragwürdiges Instrument
Terrorlisten stellen ein wichtiges Instrument zur Terrorbekämpfung dar. Die in Europa relevanten Listen der UN und der EU finden sich im Anhang I zu Nr. 881/2002 sowie zu Nr. 2580/2001 EG-Verordnung (EG-VO). Dort werden terrorverdächtige Personen aufgelistet, deren Gelder und wirtschaftliche Ressourcen eingefroren werden müssen (Einfriergebot) und denen keine Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden dürfen (Bereitstellungsverbot). Diese Listen sind für jedermann zugänglich und werden regelmäßig aktualisiert.
Ein großes Problem dieser Terrorlisten ist das intransparente Verfahren. Insbesondere haben die Betroffenen kein Anhörungsrecht, sie werden vor der Listung weder informiert noch angehört. Erst nachdem die Betroffenen auf die Liste gesetzt und ihre Gelder eingefroren wurden, werden sie von der Listung informiert. Betroffene werden ohne gerichtliches Urteil harten Sanktionen ausgesetzt – die Listenpraxis widerspricht daher fundamental den deutschen Grundsätzen eines fairen Verfahrens, insbesondere der Unschuldsvermutung.
An Kritik an den Terrorlisten mangelt es daher nicht. Der Sonderermittler des Europarates, Dick Marty, bezeichnete das Vorgehen der EU in Bezug auf die Terrorliste als ""ungerecht und pervers"". Die Listung komme einer zivilen Todesstrafe gleich – selbst ein Serienkiller habe mehr Rechte als ein Gelisteter.
Gegen eine zu Unrecht erfolgte Listung besteht zwar die Möglichkeit, gerichtlich vorzugehen. Bis der hier zuständige EuGH allerdings eine Entscheidung getroffen hat, bleiben die Sanktionen aufrecht erhalten. Neben dieser Klagemöglichkeit hat der Betroffenen nur die Möglichkeit, bei der Deutschen Bundesbank einen Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung vom Bereitstellungsverbot und Einfriergebot zu stellen. Die Deutsche Bundesbank kann dann Gelder freigeben, die für die Deckung des Grundbedarfs des Betroffenen erforderlich sind.
Das Arbeitnehmer-Screening
Aus den Anti-Terror-Verordnungen der EU ergibt sich keine direkte Pflicht des Arbeitgebers zur Prüfung, ob seine Beschäftigten auf einer Terrorliste geführt werden. Allerdings drohen straf- bzw. ordnungsrechtliche Folgen nach dem Außenwirtschaftsgesetz (AWG), wenn gelisteten Personen finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden.
Wie sichergestellt werden kann, dass keine Gelder an gelistete Personen fließen, wird nicht geregelt. Um dem Bereitstellungsgebot zu entsprechen, wird für Arbeitgeber die Durchführung eines Arbeitnehmer-Screenings angezeigt sein. Dabei werden die Namen der Arbeitnehmer intern – meist unter Zuhilfenahme von entsprechender Software – mit den gelisteten Namen auf den Terrorlisten abgeglichen. Ein solches Screening sollte nicht nur anlassbezogen, etwa bei der Bewerbung/Einstellung oder bei Änderung von Adress- oder Kontodaten des Arbeitnehmers, erfolgen, sondern muss regelmäßig wiederholt werden. Aufgrund der regelmäßigen Aktualisierung der Listen kann dies in großen Unternehmen sogar monatlich erforderlich sein.
Die Durchführung eines Screenings erfolgt allerdings nur selten problemlos. Hauptgrund dafür sind die Listen selbst. Zum einen erschweren unterschiedliche Schreibweisen von Namen und viele Alias-Namen den Abgleich. Oft fehlen aber relevante Daten, um eine genaue Identifikation zu ermöglichen. Dies liegt z.T. auch an Kuriositäten in der Datenerhebung – so werden in einigen arabischen Gegenden die Geburten in einem Jahr nur einmal pauschal registriert, sodass das Geburtsdatum bei allen Neugeborenen auf dasselbe Datum, bspw. den ersten Januar des jeweiligen Jahres, fällt.
Handlungsmöglichkeiten des Arbeitgebers
Gibt es klare Hinweise auf eine Radikalisierung oder wurde sogar im Rahmen eines Arbeitnehmer-Screenings eine Übereinstimmung festgestellt, so stellt sich für den Arbeitgeber die Frage, welche Konsequenzen er zu ziehen hat.
Die EG-VO verbietet einem Arbeitnehmer, der auf der Terrorliste steht, nicht die Ausübung einer Berufstätigkeit und dem Arbeitgeber auch nicht die Beschäftigung eines solchen Arbeitnehmers.
Aufgrund des Bereitstellungsverbotes darf der Arbeitgeber allerdings kein Gehalt auszahlen. Zudem müssen dem Arbeitnehmer Dienstwagen, Diensthandy und andere für die Arbeit erforderlichen Gerätschaften, die sich im unmittelbaren Besitz des Arbeitnehmers befinden, entzogen werden. Ein Verstoß ist nach dem AWG strafbar.
In Betracht kommt daher die Möglichkeit einer personenbedingten Kündigung. Im Rahmen der Interessenabwägung dürften die Interessen des Arbeitgebers die des Arbeitnehmers regelmäßig überwiegen, da dem Arbeitgeber bei Verstoß gegen das Bereitstellungsverbot eine Freiheitsstrafe bis zu 10 Jahren oder eine Geldbuße bis zu EUR 1.000.000 droht. Bei Verdacht einer Listung kommt zudem eine Verdachtskündigung in Betracht. Dem betroffenen Arbeitnehmer ist jedoch Gelegenheit zu geben, den Verdacht im Rahmen einer Anhörung auszuräumen.
Steht der Arbeitnehmer allerdings nicht auf einer der Listen, stellt sich für den Arbeitgeber die schwierige Frage, wie er vorgehen kann. Der erste Schritt dürfte ein Gespräch sein, um zu klären, inwiefern der Verdacht überhaupt begründet ist. Erhärtet sich der Verdacht, so richtet sich die Zulässigkeit einer etwaigen Verdachtskündigung danach, ob eine konkrete Beeinträchtigung des Arbeitsverhältnisses vorliegt. Bei besonders gefährdeten Betrieben könnte dies– je nach Position des Arbeitnehmers – noch am ehesten bejaht werden. Der Arbeitgeber begibt sich durch Ausspruch einer solchen Kündigung allerdings auf dünnes Eis, da sowohl die Radikalisierung des Beschäftigten als auch die Beeinträchtigung des Arbeitsverhältnisses in einem Kündigungsschutzprozess nur schwer zu beweisen sein werden.
Fazit
Für den Großteil der Bevölkerung ist es vollkommen unverständlich, warum sich Menschen radikalisieren. Die Gründe dafür sind meist vielschichtig und in jedem konkreten Fall unterschiedlich. Gerade deshalb ist auch im Arbeitsverhältnis besondere Achtsamkeit erforderlich, um dem Terror entgegenzuwirken. Ein Mittel dafür sind die Terrorlisten, welche – berechtigterweise – in der Kritik stehen. Hier sind Verbesserungen insbesondere im Hinblick auf Transparenz und Rechtsschutzmöglichkeiten nicht nur wünschenswert, sondern rechtsstaatlich zwingend erforderlich.
Für den Arbeitgeber bieten die Listen jedoch bereits jetzt den Vorteil, dass sie eine konkrete Handlungsanweisung enthalten. Steht ein Beschäftigter nicht auf einer Terrorliste, erfolgen hingegen sämtliche Sanktionen des Arbeitgebers auf eigenes Risiko.
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