Tücken der Zinswende – Welche Assetklassen jetzt profitieren

Neobroker – Gebührensystem unter der Lupe

Ganz bequem und einfach vom Smartphone aus anlegen?
Ganz bequem und einfach vom Smartphone aus anlegen? © Scalable

Neobroker werden immer beliebter, weil sie den Wertpapierhandel einfach, schnell und günstig über das Smartphone ermöglichen. Kritik gibt es jedoch immer wieder am Vergütungssystem, das angeblich nachteilig für Anleger wäre. Zu Unrecht, meint justTRADE-Gründer Michael B. Bußhaus.

Die Corona-Pandemie hat uns drei Jahre lang in unseren Freiheiten beschränkt, aber die langen Lockdowns hatten auch ihr Gutes: Heute beschäftigen sich viel mehr Menschen als vorher mit der Geldanlage über die Börse. Das ist angesichts der über lange Zeit niedrigen Zinsen und drohenden Versorgungslücken im Alter absolut wünschenswert und ganz im Sinne der Politik.

Der Siegeszug der Neobroker ist mit dem gestiegenen Börseninteresse eng verknüpft. Mit den einfach gehaltenen Smartphone-Apps wurde der Handel mit Aktien, Fonds, Derivaten und anderen Wertpapieren einfach, schnell und deutlich kostengünstiger umsetzbar als bei klassischen Depot- und Hausbanken. Die schlankeren Systeme der Neobroker ermöglichten wiederum niedrige Ordergebühren – genau diese riefen jedoch vermehrt Kritiker auf den Plan, die das Preis- und Vergütungssystem der jungen Trading-Firmen als intransparent und verbraucherfeindlich anprangerten. Zu Unrecht – dieses System ist schließlich im Grundsatz seit Jahren bei Banken, Brokern, Wertpapierabwicklern etc. gelebte Praxis. Würde es allgemein verboten, wären Endkunden überall davon betroffen.

Es ist also ein Trugschluss, es wäre erst von den Neobrokern erfunden worden. Vielmehr ist es so, wie manch ein Neobroker es umsetzt, genau genommen Verbraucherfreundlichkeit par excellence, da es Vergütungen, die Börsen früher ausschließlich „guten“ (Groß-)Kunden einräumten, erstmals an Privatanleger weitergibt.

Worum geht es genau? Neobroker verlangen pro Wertpapiertransaktion im Vergleich zu den klassischen Banken und Brokern nur sehr geringe Ordergebühren oder sie verzichten wie justTRADE sogar ganz darauf. Da für die Orderausführung, Orderabrechnung, das Clearing und Settlement usw. Kosten anfallen, erhalten sie von den angeschlossenen Handelsplätzen eine Rückvergütung für die Orders. Diese Rückvergütungen (Payment for Orderflow, kurz: PFOF) werden dann für die Verbesserung und Weiterentwicklung des Kundenangebotes verwendet.

PFOF im Fokus der Finanzaufsicht

PFOF steht seit Jahren in der Kritik, weil fälschlicherweise angenommen wird, dass diese Zahlungen im Konflikt mit den Kundeninteressen stünden. Der Vorwurf: Neobroker würden eine Kundenorder bevorzugt dort abwickeln, wo sie die höchste Provision für die Order bekommen, nicht aber die besten Kurse für den Kunden. So könne es sein, dass der Spread größer sei, als es ein liquider Referenzmarkt vorgibt – in Deutschland ist das i. d. R. die Xetra-Plattform der Deutschen Börse.

Nachdem sich auch die Europäische Wertpapieraufsicht ESMA und die EZB für ein Verbot solcher Rückvergütungen ausgesprochen hatten, wollte die EU-Kommission das Verbot der PFOF-Vergütung umsetzen und in der europäischen Finanzmarktordnung verankern. Die Staats- und Regierungschefs der EU haben sich jedoch gegen ein kategorisches Verbot ausgesprochen, auch Deutschland lehnt ein solches Verbot ab. Der vorliegende Gesetzentwurf sieht daher vor, PFOF grundsätzlich zu unterbinden, aber es den Mitgliedsstaaten zu überlassen, diese Rückvergütungspraxis für ihr Land und inländische Kunden zu erlauben. Es ist daher wahrscheinlich, dass es in Europa bei dem Flickenteppich unterschiedlicher gesetzlicher Vorgaben zu diesem Thema bleibt.

Die zentrale Frage ist jedoch, ob PFOF tatsächlich Nachteile für die Kunden hat. Um das zu beurteilen, sollten Anleger die Branche der Neobroker differenziert betrachten. Denn es gibt erhebliche Unterschiede zwischen den Anbietern. So trifft der Vorwurf, die Neobroker würden die Trades der Kunden vorrangig über Börsenplätze abwickeln, die ihnen hohe Rückvergütungen versprechen, so allgemein nicht zu. So bietet etwa justTRADE als einziger Neobroker drei verschiedene Handelsplätze für den Handel mit Aktien und börsennotierten Fonds (LS Exchange, Quotrix und Tradegate Exchange), deren Kursqualität von den jeweiligen Handelsüberwachungsstellen der Börsen kontrolliert wird. Zudem haben Anleger bei justTRADE die Wahl zwischen fünf außerbörslichen Handelsplätzen (J.P. Morgan, Société Générale, UBS, Vontobel und L&S) für Geschäfte mit Zertifikaten, Optionsscheinen und gehebelten Produkten.

Dass Anleger anstelle der Ordergebühren größere Spreads in Kauf nehmen müssen, lässt sich ebenso wenig pauschal behaupten. Eine Untersuchung der niederländischen Finanzaufsicht hatte zwar ergeben, dass Anleger über Neobroker mit PFOF-Vergütung durchweg schlechtere Ausführungspreise bekämen als am Referenzmarkt. Dabei blieben jedoch die Gesamtkos-ten einer Order unberücksichtigt, z. B. Börsengebühren oder die Maklercourtage. So kamen Untersuchungen von Stiftung Warentest oder der deutschen Finanzaufsicht BaFin vielmehr zu dem Ergebnis, dass Orders über die Neobroker mit PFOF-Vergütung für Privatanleger mit kleineren Handelsvolumina überwiegend günstiger sind.

Dies verwundert insofern nicht, als Börsen wie z. B. die LS Exchange oder Quotrix eine Referenzmarktgarantie bieten, die sogar im jeweiligen Regelwerk der Börsen verankert ist: Damit dürfen die gestellten Geld- und Briefkurse während der Öffnungszeit des Referenzmarktes nicht außerhalb des Spreads am Referenzmarkt liegen. Als Referenzmarkt wird von 9 Uhr bis 17:30 Uhr die elektronische Börse XETRA herangezogen.

Der Kunde hat bei seiner Order also die Wahl zwischen verschiedenen Handelsplätzen (zugegebenermaßen nicht bei allen Neobrokern, aber bei justTRADE) und findet durchaus marktübliche Spreads, die sich nah am Referenzmarkt bewegen, obwohl nur geringe oder überhaupt keine Ordergebühren anfallen. Das ist nicht nur transparent, sondern vor allem auch fair. Auch außerhalb der Handelszeiten, wenn kein Referenzmarkt mehr zur Verfügung steht, müssen Anleger nicht zwingend die Sorge haben, dass die angebotenen Kurse unfair sind und sie übervorteilen. Als einziger Neobroker bietet nämlich justTRADE Kundinnen und Kunden eine Möglichkeit, einen verbindlichen Kurs für den Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers direkt beim Handelspartner zu erfragen: die sogenannte Quote-Request-Order.

Besonderheit dieses speziellen Ordertyps ist, dass Anleger nach der Anzeige des angebotenen Kurses einige Sekunden Zeit haben, sich für oder gegen das Angebot zu entscheiden. Im Gegensatz zu der üblichen Market-Order, wie sie bei den meisten Neobrokern genutzt wird, bietet die Quote-Order die volle Kontrolle über den Kurs, zu dem die Order ausgeführt wird. So können justTRADE-Kunden leicht vermeiden, bei der Kursstellung übervorteilt zu werden. Daneben gibt es auch die üblichen Stop- oder Limit-Orders sowie weitere Ordertypen, wie sie Investoren von den klassischen Börsenplätzen bereits kennen. Dort werden dafür aber häufig zusätzliche Gebühren verlangt – während diese Ordertypen bei Neobrokern wie justTRADE kostenfrei sind.

Für Orders außerhalb des Referenzmarktes kann der Spread breiter werden, u. a. da die Preisstellung außerhalb der Öffnungszeiten einem höheren Risiko unterliegt, das in den Spread eingepreist wird. Letztendlich obliegt es der Entscheidung des Kunden, ob er den höheren Spread bezahlen will. Würde er die Order über Xetra platzieren wollen, ginge das nur bis 17:30 Uhr. Insofern bekommen Kunden gegen Zahlung eines höheren Spreads die Möglichkeit, Orders auch vor- und nachbörslich, an der LS Exchange sogar bis 23:00 Uhr, zu platzieren.

Fazit

Wertpapier-Orders über einen Neobroker haben also unter dem Strich keine Nachteile gegenüber Orders bei den bekannten Depotbanken oder über die großen Handelsplätze wie etwa Xetra. Wenn überhaupt, steht dem Anleger ein im Vergleich etwas eingeschränktes Angebot an Wertpapieren zur Verfügung. Weil sich die Neobroker jedoch auf die beliebtesten Aktien, Fonds und Derivate konzentrieren und ihr Angebot so auf die meistgehandelten Anlageinstrumente beschränken, sind sie überhaupt in der Lage, auf hohe Ordergebühren zu verzichten.

Damit ist den Neobrokern gelungen, woran klassische Banken seit Jahrzehnten scheitern: neue Marktteilnehmer und auch junge Leute für die Börse zu begeistern. Gut möglich, dass das die klassischen Broker ärgert. Aber so funktioniert nun mal Wettbewerb.

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