Gastbeitrag

Tech-M&A – Digitaler Kaufrausch gegen die Krise

Mario Pofahl und Maximilian Mann
Mario Pofahl und Maximilian Mann © Linklaters

_ Das neue Jahr startet mit der Hoffnung auf eine zeitnahe Bewältigung der Covid-19-Pandemie und Erholung der globalen Wirtschaft. Technologie spielt dabei eine existenzielle Rolle: Unternehmen beschleunigen durch sie ihre digitale Transformation, Investoren zielen mit Tech-Investments auf attraktive Renditen und Regierungen ergreifen vielfältige regulatorische Maßnahmen im Hinblick auf zukunftsweisende Technologien. Vor diesem Hintergrund lohnt es sich, die allgemeinen Tech-M&A-Trends, die Implikationen einer verstärkten Regulierung sowie die rechtlichen Besonderheiten von Tech-Deals etwas näher zu betrachten, meinen Mario Pofahl und Maximilian Mann von Linklaters.

Schon heute ist erkennbar, dass die durch den Lockdown ausgelösten Prozesse zu einer dauerhaften Änderung unserer Arbeits- und Lebensweise führen und somit auch in der Technologiebranche sowohl Gewinner als auch Verlierer hinterlassen. Während Travel-Tech und bestimmte e-mobility-Anbieter zu kämpfen haben, ist insbesondere die Bedeutung von Fintechs, digital health, eCommerce und Lieferdiensten sowie von allgemeiner digitaler Infrastruktur enorm gewachsen. Zu den Gewinnern zählen darüber hinaus, vom Weltwirtschaftsforum als „4. Industrielle Revolution“ ausgerufene, zukunftsträchtige Technologiefelder wie beispielsweise Künstliche Intelligenz, Robotik oder Internet of Things.

Wurde vor der Krise der Tech-M&A-Markt käuferseitig insbesondere von den großen Tech-Unternehmen und PE/VC-Fonds dominiert, so haben nunmehr sogenannte Cross-Industry-Deals (d. h. die Akquise von Technologieunternehmen durch Unternehmen aus technikfremden Industrien) daneben an Bedeutung gewonnen. Denn viele traditionelle Unternehmen müssen die Digitalisierung und Automatisierung ihrer Geschäftsmodelle schnellstmöglich vorantreiben und suchen daher direkten Zugang zu den notwendigen Technologien. Gerade in diesem Bereich sehen wir einen verstärkten Trend zu Kooperationen und Minderheitsbeteiligungen. Sie sind eine attraktive Alternative zu klassischen Unternehmenskäufen.

Erhöhte Regulierung der Digitalwirtschaft

Die im vergangenen Jahr deutlich gewordene erhöhte Bedeutung des technologischen Wandels sowie die stärker wahrgenommene Abhängigkeit gerade von den Big-Techs hat zu einer Reihe von regulatorischen Interventionen geführt, die sich auch in diesem Jahr fortsetzen werden und im Rahmen von M&A-Transaktionen zu beachten sind. Neben der Regulierung der Intermediationsmacht großer Plattformunter-nehmen durch die 10. GWB-Novelle ist insbesondere, dem globalen Trend folgend, die verschärfte staatliche Kontrolle von ausländischen Investitionen zu nennen: Deutschland hat bereits 2020 die Investitionskontrolle im Rahmen der EU-Screening-Verordnung ausgeweitet sowie eine Notifizierungspflicht auf bestimmte Transaktionen im Gesundheitsbereich eingeführt. Nunmehr erwarten wir mit der angekündigten 17. AWV-Änderung eine Fortsetzung der Ausdehnung des Katalogs sicherheitsrelevanter Industrien, wobei insbesondere die Bereiche Künstliche Intelligenz, Robotik, Halbleiter-, Bio- und Quantentechnologie zur Diskussion stehen.

Rechtliche Besonderheiten von Tech-Deals

Im Vergleich zum traditionellen M&A-Geschäft sind bei der Akquisition von Tech-Unternehmen einige Besonderheiten zu beachten. Zunächst sind bei der Unternehmensbewertung die üblichen wirtschaftlichen Kennzahlen – wie Gewinn, Marge oder Umsatz – häufig nicht hinreichend, um eine aussagekräftige Bewertung von jungen Tech-Unternehmen zu ermöglichen. Zur Bestimmung eines angemessenen Kaufpreises ist stattdessen verstärkt auf zukunftsgerichtete Marktdaten und Vergleiche mit Wettbewerbern zurückzugreifen. Dabei versuchen Käufer vermehrt, Bewertungsunsicherheiten durch die Vereinbarung von Earn-Outs, bei denen Teile des Kaufpreises nur nach Eintreten bestimmter Leistungskennzahlen gezahlt werden, zumindest etwas zu begrenzen.

Zudem ist es gerade bei jungen Tech-Unternehmen elementar, das Key-Personal des Zielunternehmens und deren Expertise zu binden, um das Unternehmen auf Erfolgskurs zu halten, etwa durch das sogenannte Vesting: Die Gründer verdienen ihre Anteile, die sie beim Einstieg des Investors halten, nicht zu diesem Zeitpunkt, sondern erarbeiten sich diese Anteile über eine gewisse Frist (die sogenannte Ves-ting-Periode). Schließlich ist es essenziell, dass Erwerber junger Tech-Unternehmen besonders sorgfältig deren Compliance- und Datenschutz-Mechanismen prüfen, da diese Themen von Tech-Startups zuweilen nur unzureichend behandelt werden, was zu erheblichen Sanktionen für den etablierten Gesamtkonzern des Erwerbers führen kann.

Fazit

Die Akquisition von Unternehmen mit zukunftsweisender Technologie wird weiterhin den M&A-Markt prägen. Um das Potenzial solcher Aktivitäten voll ausschöpfen zu können, ist es unerlässlich, die Besonderheiten von Tech-Deals zu beachten und den Transaktionsprozess entsprechend anzupassen, um so die bestehenden Risiken abzufedern. Zudem sind die aktuellen Rechtsentwicklungen – gerade die erhöhte Regulierung der Digitalwirtschaft – ständig im Blick zu behalten.

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