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EuGH verneint eigenständiges Widerrufsrecht zu Anschlussvereinbarungen

Der Widerruf von Kreditverträgen ist immer wieder ein Streitpunkt zwischen Banken und Verbrauchern. Meist stützen die Verbraucher den Widerruf darauf, sie seien über ihr Widerrufsrecht nicht wirksam aufgeklärt worden. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte nun über den besonderen Fall zu entscheiden, dass eine Privatkundin nicht den Darlehensvertrag an sich, sondern mehrere Anschlusszinsvereinbarungen dazu widerrufen hatte.

In einem vom Landgericht Kiel eingeleiteten Vorabentscheidungsverfahren verneinte der EuGH ein solches Widerrufsrecht des Verbrauchers (Az.: C-639/18).

Eine Kundin der Sparkasse Südholstein hatte drei Immobilienkreditverträge abgeschlossen. Diese sahen vor, dass die Parteien nach Ablauf der anfänglich vereinbarten Zinsbindungsfrist über den danach maßgeblichen Festzinssatz verhandeln; ansonsten sollte ein variabler Zinssatz gelten. Tatsächlich passten Sparkasse und Kundin die Verzinsung in den Folgejahren teils mehrfach für längere Zeiträume an. Diese Anschlusszinsvereinbarungen tauschten sie jeweils ausschließlich per Telefax und Brief aus. Jahre später widerrief die Kundin die Anschlusszinsvereinbarungen und verlangte, diese rückabzuwickeln, so dass sie nur den davor gültigen variablen Zinssatz tragen müsse. „In ihrer Klage behauptete die Kreditnehmerin, die fernmündlich geschlossenen Anschlusszinsvereinbarungen seien unwirksam, weil die Sparkasse sie beim Abschluss dieser Vereinbarungen nicht über ihr Widerrufsrecht nach der Fernabsatzrichtlinie zu Finanzdienstleistungen belehrt habe“, erläutert Frank van Alen von SKW Schwarz Rechtsanwälte, der die Sparkasse in dem Verfahren vertrat. Die Sparkasse hielt entgegen, eine Anschlusszinsvereinbarung habe keine gesonderte Finanzdienstleistung zum Gegenstand, sondern sei bereits in den ursprünglichen Darlehensverträgen angelegt gewesen. „Damit war nach Überzeugung der Sparkasse ein gesondertes Widerrufsrecht zu den Anschlusszinsvereinbarungen ausgeschlossen“, so van Alen.

In seinem Urteil stellte der EuGH klar, dass eine Änderungsvereinbarung dann nicht als ein „Finanzdienstleistungen betreffender Vertrag“ im Sinne der EU-Richtlinie 2002/65 einzustufen ist, wenn durch die Anschlusszinsvereinbarung lediglich der ursprünglich vereinbarte Zinssatz geändert wird, der Darlehensvertrag im Übrigen aber unverändert fortbesteht. „Der EuGH bestätigt damit, dass eine bloße Anschlusszinsvereinbarung selbst dann kein eigenständiges Widerrufsrecht auslöst, wenn die Zinsvereinbarung nicht vor Ort im Kreditinstitut geschlossen wird, sondern per Fernkommunikation“, betont van Alen. „Damit schafft der EuGH im Sinne der bisherigen BGH-Rechtsprechung Rechtssicherheit für die Kreditwirtschaft, dass ein Verbraucher nur bei Abschluss des ursprünglichen Darlehensvertrages über sein Widerrufsrecht aufzuklären ist, nicht aber bei späteren Anpassungen der Zinskonditionen.“

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