Gastbeitrag

Shareholder Activism – „Corona-Pause“ scheint vorbei

Urszula Nartowska und Tobias Kahnert
Urszula Nartowska und Tobias Kahnert © Hogan Lovells

_ Die Corona-Krise und die damit verbundenen Unsicherheiten haben aktivistische Kampagnen nur zeitweise ausgebremst. Die Aktivitäten dürften in 2021 in allen Kategorien aktivistischer Investments zunehmen, wie Urszula Nartowska und Tobias Kahnert von Hogan Lovells erläutern.

Aktivistische Investoren in börsennotierten Unternehmen werden regelmäßig in drei Kategorien eingeteilt, wobei die Grenzen fließend sein können: Die erste Kategorie bilden „M&A-Arbitrageure“, die bei angekündigten öffentlichen Übernahmen in Erwartung eines nachgebesserten Angebots oder einer höheren Abfindung in etwaigen Strukturmaßnahmen (z. B. Beherrschungsvertrag, Squeeze-out) investieren. Wertgetriebene Investoren investieren hingegen in am Kapitalmarkt unterbewertete Unternehmen. Sie versuchen anschließend durch hartnäckige – z. T. öffentliche – Kampagnen gegenüber der Unternehmensleitung strategische und operative Veränderungen (z. B. Personalwechsel) durchzusetzen und dadurch entweder den Börsenkurs zu erhöhen oder durch Ausschüttungen (z. B. Sonderdividende, Aktienrückkauf) Gewinne zu erzielen. Die dritte Kategorie stellen Short Seller dar. Sie setzen auf fallende Kurse als Folge negativer Berichte, deren Erstellung und Veröffentlichung der Short Seller typischerweise selbst zuvor veranlasst hat. Eine Short-Selling-Attacke kann ein Unternehmen unter Umständen nachhaltig beschädigen.

Erfahrungen in der DACH-Region

Im Allgemeinen wird die DACH-Region als für aktivistische Investoren attraktiv eingestuft. Zum einen ist der rechtliche Minderheitenschutz relativ stark ausgeprägt. Zum anderen nutzen aktivistische Investoren den sich vollziehenden Wandel der Geschäftsmodelle in vielen Branchen sowie die steigende Bedeutung von ESG-Themen und profilieren sich in ihren Kampagnen als Treiber dieses Wandels. Dabei können aktivistische Investoren nicht selten auf Allianzen oder zumindest stillschweigende Unterstützung von institutionellen Investoren oder passiven Aktionären zählen. Schließlich sind rechtliche Regelungen bzw. tatsächliche Durchsetzungsmöglichkeiten zum Teil beschränkt.

Die Kampagnen der vergangenen Jahre in Deutschland dürften in der überwiegenden Zahl als für die Aktivisten erfolgreich einzustufen sein, was Nachahmereffekte hervorrufen dürfte. Börsennotierte Unternehmen in der DACH-Region stellen sich auf diese Situation ein und haben ihre internen Prozesse und Kapazitäten zur Interaktion mit aktivistischen Investoren ausgebaut. Teilweise besteht aber, auch angesichts der zunehmenden Schnelligkeit, mit der Kampagnen durchgeführt werden, nach wie vor Nachholbedarf.

Corona und aktivistische Investoren

Trotz der zeitweise stark gefallenen Aktienkurse hat die Zahl der Kampagnen in 2020 zunächst nachgelassen. Dies könnte zum einen darauf zurückzuführen sein, dass der Kursverfall mit erheblichen Unsicherheiten auch für aktivistische Investoren verbunden war. Die Corona-Krise schwächte zudem zeitweise erheblich Übernahmeaktivitäten, von denen M&A-Arbitrageure hätten profitieren können. Wertgetriebene Investoren schreckten offenbar davor zurück, potenziell unterbewerteten Unternehmen durch Kampagnen das Leben noch schwerer zu machen, als es durch Corona ohnehin schon war, zumal sie sich hierfür im Zweifel keine Unterstützung durch andere Aktionäre hätten erhoffen können.

Seit der Stützung und Erholung einiger Teile der Wirtschaft dürfte sich das wirtschaftliche Umfeld inzwischen wieder im Sinne der aktivistischen Investoren entwickelt haben. Dabei wird das Bestreben nach Bereinigungen der strategischen Ausrichtung und Portfoliooptimierungen wieder vermehrt in den Fokus rücken. Gut gefüllte Kassen der PE-Fonds dürften weitere Anreize für solche Abverkäufe schaffen. Außerdem hat sich das Kapitalmarktumfeld generell für börsennotierte Unternehmen wieder aufgehellt, sodass damit die Opportunitäten für M&A-Arbitrageure und Short Seller wieder zunehmen werden. Im Einklang mit dieser Erwartung stellen Marktteil-nehmer derzeit auch wieder eine Zunahme von Interventionen durch aktivistische Aktionäre fest.

Reaktionsmöglichkeiten betroffener Unternehmen

Damit stellt sich die Frage, wie auf den Einstieg aktivistischer Investoren reagiert oder wie ein solcher Einstieg von vorn-
herein verhindert werden könnte. Ein Allheilmittel gibt es nicht. Die Empfehlung, mögliche in der unternehmerischen Strategie oder Performance bestehende Angriffsflächen zu identifizieren und abzustellen ist sehr richtig, stößt aber ggf. auf Grenzen bei ihrer (zeitnahen) Umsetzung. Es ist aber immens wichtig, eine Strategie zu entwickeln und diese proaktiv und konsistent zu kommunizieren. Für zu erwartende Angriffe sollte eine passende „Gegen-Kommunikation“ vorbereitet sein. Ebenso wichtig ist die intensive Pflege von Investor Relations, insbesondere mit Anker- und institutionellen Aktionären.

Sieht sich ein Unternehmen mit einem aktivistischen Investor konfrontiert, gilt es, schnell handlungsfähig zu sein und vor allem handwerkliche Fehler zu vermeiden. Zu den gebotenen vorbereitenden Maßnahmen gehören insbesondere eine kompetente Task Force, eine „One Voice“-Politik und die Vermeidung von Informationslecks sowie ein versierter Umgang mit den rechtlichen Rahmenbedingungen.

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